Landwirte sollen ins Boot für das 2-Prozent-Ziel
Photovoltaik über und zwischen Feldern hat Potenzial im Landkreis

Die vielen veschiedenen Möglichkeiten für Protovoltaik über Feldern und Äckern, auch die Wege zur Umsetzung solcher Anlagen, wurden am letzten Donnerstag bei einer Informationsveranstaltung für Landwirte wie kommunale Vertreter und Energieversorger in Mühlingen im »Adler« vorgestellt. Das Landwirtschaftsamt will hier Tempo in die Entwicklung bringen. | Foto: Schulze/Landwirtschaftsamt
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  • Die vielen veschiedenen Möglichkeiten für Protovoltaik über Feldern und Äckern, auch die Wege zur Umsetzung solcher Anlagen, wurden am letzten Donnerstag bei einer Informationsveranstaltung für Landwirte wie kommunale Vertreter und Energieversorger in Mühlingen im »Adler« vorgestellt. Das Landwirtschaftsamt will hier Tempo in die Entwicklung bringen.
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Kreis Konstanz/Mühlingen. Auch wenn verschiedentlich vermeldet wird, dass der Ausbau der Photovoltaik im Hegau schon weit fortgeschritten sei, sogar nahe an der von der Landesregierung gesetzten Marke von zwei Prozent der Flächen für die Gewinnung erneuerbarer Energien, so hat der Landkreis zur Erfüllung dieser Aufgabe noch einiges vor sich. Um hier das Thema zu befeuern, bringt der Leiter des Landwirtschaftsamts des Landkreises das Thema »Agri PV«, also die Installation von Photovoltaikanlagen über Feldern, Wiesen oder gar Obstplantagen mit viel Energie ins Spiel.

Denn solche Anlagen gibt es bislang nur im benachbarten Bodenseekreis bei Herdwangen über das Fraunhofer-Institut oder aber zum Beispiel bei Donaueschingen-Aasen, dort über eine Bürgergenossenschaft – zur lokalen Stromversorgung. Am letzten Donnerstag hatte das Landwirtschaftsamt zu einem Informationsabend speziell für Landwirte nach Mühlingen eingeladen. An dem Abend informierten Agnes Wilke (Fraunhofer-Institut Freiburg), Ulrich Mayr (Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee), Nicolei Zwosta (Solverde vertikale PV-Module) wie Julia Dufner vom Landwirtschaftsamt über die verschiedenen Möglichkeiten und was mit den Feldern darunter und dazwischen passiert, und auch über Förderungsmöglichkeiten und Genehmigungswege.
Mehr als 20 Landwirte und Vertreter des Bauernverbands waren gekommen, und auch Vertreter der Städte Stockach wie Radolfzell und ein Energieunternehmen. Der Leiter des Landwirtschaftsamts des Landkreises, Reinhard Schulze, der in Stockach residiert, hätte etwas mehr Echo erwartet, wie er im Nachgang der Veranstaltung sagte. »Die, die gekommen waren, sind aber sehr interessiert an einer Umsetzung«, ergänzte er. Und das sei schon mal erfreulich.

Weil doch noch eine gewisse Zurückhaltung der Landwirtschaft spürbar ist, und die Furcht, sich wertvolle Flächen zu verschatten, will Schulze deshalb auch schon bald Aufklärung direkt am Objekt anbieten, also Exkursionen zu den bereits bestehenden Anlagen in der weiteren Umgebung. Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) sei schon so weit, diese Form der Energiegewinnung zu unterstützen, freut sich Schulze.
Im Kopf gäbe es für ihn ganz viele Flächen hier im Landkreis, bei denen eine »doppelte Nutzung« möglich wäre. Allerdings sei es auch schade, dass es dafür von Gemeinde zu Gemeinde andere Regeln gäbe. Die Gastgebergemeinde Mühlingen wolle solche Anlagen zum Beispiel nur für Selbstnutzer zulassen, also keine externen Betreiber, die den dort erzeugten Sonnenstrom auf den Markt bringen wollten. Und wenn ein Landwirt eine solche Anlage erstellen würde, müsse er auch erst mal bei der Gemeinde aufschlagen, was nach Rückmeldung aber auch schon einige der Landwirte getan hätten.

Das Modell würde sich auch lohnen für die Landwirte, sagt Schulze, auch wenn man damit natürlich nicht »reich« werde. Baulich gibt esinzwischen eine Vielzahl von Varianten. Über die klassischen Stelzen über einem Feld oder Acker hinaus habe sich technisch viel getan in jüngster Zeit. Die Anlage in Aasen arbeitet zum Beispiel mit vertikalen Elementen, die die Feldfläche nur so weit unterteilen, dass dort mit landwirtschaftlichen Maschinen ohne große Einschränkungen gearbeitet werden könne. Es gebe inzwischen auch Anlagen, die ihren Neigungswinkel nach der Sonne ausrichten würden und zum Beispiel umgeklappt werden könnten, um Maschinen bei der Arbeit nicht im Wege zu sein. »Die Technik wird bald auch so weit sein, dass Photovoltaik mit dickeren Folien funktioniert, die dann anstatt Hagelnetzen im Obstbau eingesetzt werden könnten«, macht Schulze im Gespräch mit dem Wochenblatt die Entwicklungen deutlich. »Das würde den Landwirten zusätzlich einiges an Investitionskosten ersparen, weil sie die bestehende Infrastruktur einfach nur umrüsten müssen.«

Und die Frage, ob sich das rechnet, wurde natürlich auch immer wieder gestellt. Ein gewisser Minderertrag der Felder oder Wiesen von zehn bis 15 Prozent sei die eine Seite, der Ertrag durch Energie die andere Seite, mit der die Effizienz der Flächen dann doch merklich gesteigert werden könnte. Nun müsse freilich auch die Politik Entscheidungswege setzen, die solche Anlagen in vertretbarem bürokratischen Aufwand ermöglichen, fordert Schulze und setzt hier auch auf die Aktivitäten des Klimaschutzamtes im Landkreis als Lobby. Immerhin einige Landwirte im Stockacher Raum würden gerne schnell auf die »Agri PV« setzen, sodass es vielleicht bald eine erste Anlage im Landkreis geben könnte, die dann sicher bald Nachfolger bekäme.

Dass damit die Vorgaben des Landes zu den zwei Prozent der Fläche und damit mehr Energie-Autarkie erreicht werden könnte, relativiert Schulze im Gespräch mit dem Wochenblatt trotzdem. »Es gibt dafür nicht nur diese eine Energiequelle.« Gerade im ländlichen Raum spiele Biogas noch eine gewichtige Rolle und auch Windkraft werde man für eine »Grundlast« benötigen. Das Landwirtschaftsamt steht Interessenten gerne für weitere Informationen zur »Agri PV« zur Verfügung.

Die vielen veschiedenen Möglichkeiten für Protovoltaik über Feldern und Äckern, auch die Wege zur Umsetzung solcher Anlagen, wurden am letzten Donnerstag bei einer Informationsveranstaltung für Landwirte wie kommunale Vertreter und Energieversorger in Mühlingen im »Adler« vorgestellt. Das Landwirtschaftsamt will hier Tempo in die Entwicklung bringen. | Foto: Schulze/Landwirtschaftsamt
Ein Beispiel für eine Anlage über Obstbäumen, die gleichzeitig einen gewissen Schutz vor Hagel bieten könnte. Der Abstand der Module macht Maschineneinsatz ohne Einschränkungen möglich. | Foto: Schulze/Landwirtschaftsamt
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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