"Morgen ist auch noch ein Tag"
Wie man mit Nichtstun krachend scheitern muss

So hat sich Karl die Ersehnte Renter gewiss nicht vorgestellt. Der Versuch nichts zu tun, während das Leben um ihn herum weiter geht. Im Bild vorne Thomas Fritz Jung, hinten Sebastian Haase, Sabine Martin, Katrin Huke, Miguel Jachmann. | Foto: Ilja Mess/ Theater Konstanz
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  • So hat sich Karl die Ersehnte Renter gewiss nicht vorgestellt. Der Versuch nichts zu tun, während das Leben um ihn herum weiter geht. Im Bild vorne Thomas Fritz Jung, hinten Sebastian Haase, Sabine Martin, Katrin Huke, Miguel Jachmann.
  • Foto: Ilja Mess/ Theater Konstanz
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Konstanz. Karl träumte schon seit zwei Jahren von diesem Tag, doch als da war, wurde sein Leben eine Katastrophe, ein tiefer Fall ins Nichts der im förmlich allen Boden unter den Füßen raubte. Wie man über einen solchen Absturz eines Menschen, der doch sei Leben lang so hart gearbeitet hat, auch hoch herzhaft Lachen kann, obwohl einem selbst immer wieder alle Fallstricke eines Wechsels in den Ruhestand vorgeführt werden, das zeigte das von Abdullah Kanan Karaca inszenierte "Morgen ist auch noch ein Tag" im Konstanzer Theater auf. Ein absolutes Wechselbad der Gefühle zwischen Schadenfreude und eigenen Ängsten, zwischen Besserwisserei und der wirklichen Frage dieses Lebens: "Was komm jetzt?". Die Dramaturgie kommt von Meike Sasse.

Karl (gespielt von Thomas Fritz Jung) legt gleich am Anfang mächtig los. In einem bald viertelstündigen Monolog breitet er, sozusagen ohne wirklich Luft zu holen, im Eiltempo sein Leben aus. Kindheit; Jugend, die Liebe des Lebens im Museum kennen gelernt während des Studiums, Arbeit, Reihenhaus, Schulen, drei Kinder, und, und, und. Der Ruhestand sollte Freiheit bringen, nach 20, 40, 60 Jahren endlich, was immer wieder gebetet wurde, doch als er dann heimkommt zu seiner Katja (Karin Huke) fällt das Schwarz gleich schon vom Himmel. Sein Satz an Katja "Wir haben jetzt Zeit", fällt schier ins Leere. Die Frage, was er jetzt tun will, beantwortet der Mann, der eben 20, 40 60 Jahre immer woanders, immer in seiner Welt war, mit "Nichts tun, erst mal nichts tun. " Darauf ist die Welt daheim nicht ausgelegt.

Was da beginnt, wie mancher berühmter Loriot-Sketch, eskaliert bald. Katja will zu ihrem Verein für die Pazifikinseln und er soll da partout nicht mit, weil es eben ihre Welt ist. Die Söhne Paul, Peter und Patrick (alle gespielt von Miguel Jachmann) werden im Wechsel telefonisch traktiert unter dem Krisenstichwort "Er ist jetzt zuhause", der Versuch, den Tag damit zu verbringen, die Wand anzuschauen artet darin aus, dass Karl beginnt dort Phantome aus seinem Leben zu entdecken. Und dann noch die zwei anderen Rentner (Sabine Martin und Sebastian Haase) die auch nichts zu tun haben, keine Lebensaufgabe und deren "Kick" es noch ist auf andere Rentner zu schießen damit es ein paar weniger werden, oder sich vor Autos zu werfen, um die Autofahrer zu schocken. Das macht Karl dann auch, und gerade dann als einer seiner Söhne nach dem Rechten schauen muss, die die Mutter inzwischen auf ihre Pazifikinseln geflüchtet ist. Nein, Karl hat eben einfach nichts zu tun. Nicht im Garten, nicht im Haus. Das läuft alles so an ihm vorbei. Er verfolgt seine Frau auf die Insel, doch da muss das Schicksal wohl seinen Lauf nehmen. Ein Mensch, der im Leben der anderen keinen Platz hat, vielleicht nie hatte? Keine Frage, dieses Stück ist ein Volltreffer. Und trotz aller Tragik sind die Besucher sondersam erleichtert nach dem Schlussapplaus. Könnens die besser?
Das Stück wir wieder gespielt am Dienstag, 16. Mai, 19.30 Uhr, und Mittwoch, 17 Mai,  15 Uhr (Rentnervorstellung!!!) im Theater Konstanz. Mehr unter www.theaterkonstanz.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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