Historischer Schritt über 800 Jahre nach der Gründung
Spitalstiftung Konstanz steigt ein in Gemeinwohl-Ökonomie
Konstanz. Ab 2019 wird die Spitalstiftung Konstanz an dem ethischen Wirtschaftsmodell „Ge-meinwohlökonomie" - auch GWÖ genannt - teilnehmen.
Bei diesem Modell handelt es sich um einen methodischen Ansatz und eine gesellschaftliche Bewegung, der die Etablierung einer ethischen, ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Wirt-schaftsordnung zum Ziel hat. Alle Unternehmenspraktiken, die dazu beitragen, werden ganzheitlich betrachtet. Das Handeln des Unternehmens bezieht sich damit nicht nur auf ökonomische Werte, sondern auch auf das Gemeinwohl einer Gesellschaft.
Der Vorschlag, die Teilnahme an der GWÖ zu prüfen, kam von Oberbürgermeister Uli Burchardt: „Die Spitalstiftung ist eine wichtige Einrichtung in unserer Stadt. Es ist eine Stiftung, die vor rund 800 Jahren von Bürgern für Bürger gegründet wurde. Die GWÖ ist daher eine zeitgemäße Antwort auf den Gründergedanken." Andreas Voß hat diesen Vorschlag aufgegriffen und für die Spitalstiftung positiv befunden. Die Stiftung hat sich im Rahmen ihrer Weiterentwicklung mit diesem zukunftweisenden Wirtschaftsmodell auseinandergesetzt und hat darin ein Handlungsfeld ausgemacht, das sie für ihre Aufgaben verwenden will. Sowohl Stiftungsausschuss als auch Stiftungsrat, stimmten dem Vorhaben zu. Sozialbürgermeister Andreas Osner schätzt dieses Modell ebenfalls als geeignet für die Stiftung ein: „Die Aufgaben der Spitalstiftung werden komplexer. Dabei spielt die soziale Gerechtigkeit eine sehr große Rolle. Diese neue Form der Bilanzierung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Die Stiftung wird nun einen fachspezifischen Berater engagieren, der den Prozess begleiten wird.
Wertschätzung ist der Stiftung wichtig
Die Spitalstiftung legt großen Wert auf eine Mitarbeiterorientierung und eine Kultur der Wert-schätzung - sowohl gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtungen sowie ihren Kunden. Stiftungsdirektor An-dreas Voß meinte: „Ich bin sehr froh, dass wir vom Stiftungsrat bei diesem Vorhaben auf eine so große Zustimmung gestoßen sind. Damit nimmt die Stiftung ihren Auftrag ernst, sich für die Zukunft gut aufzustellen und dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen." Die Stiftung ist in der Alternsversorgung aktiv. Sie betreibt vier Pflegeheime, eine Tagespflege, einen Ambulanten Dienst und zwei Einrichtungen für Betreutes Wohnen. In Kürze wird sie zwei Wohngemein-schaften für ältere Menschen eröffnen.
Umfassend handeln
Zentrales Kerninstrument der Gemeinwohlökonomie ist die Gemeinwohl-Bilanz, die sowohl zur ethischen Organisationsentwicklung sowie als Nachhaltigkeits-Berichtsrahmen verwendet werden kann. Diese versucht, den Beitrag eines Unternehmens anhand festgelegter Kriterien für die Gesellschaft messbar darzustellen und transparent zu machen. Es geht dabei nicht um einen Ersatz für die bekannte wirtschaftliche Unternehmensbilanz, sondern um eine zusätzli-che Darstellung von Beiträgen zu verschiedenen Aspekten des Gemeinwohls. Dabei werden die Werte Solidarität und Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Vernetzung vor Ort, gerechtes Wirtschaften sowie innerbetriebliche Abläufe geprüft und be-wertet. Dies sowohl in Bezug auf die eigene Dienstleistung, auf die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch in Beziehung auf Lieferanten, Kunden, Investoren, Gesellschaft und Umwelt. Dadurch ermöglicht die Bilanz, das Unternehmen mit neuen Perspektiven in allen Bereichen auszuleuchten und die Aktivitäten ganzheitlich zu reflektieren.
Beispiele aus Stuttgart
Im Oktober 2017 stellte der Eigenbetrieb „wohnen und leben Stuttgart" der Stadt Stuttgart den Geschäftsführern der Konstanzer Beteiligungen den Prozess der Gemeinwohl-Ökonomie vor. OB Uli Burchardt hatte zu diesem Vortrag eingeladen, um auszuloten, ob seitens der städti-schen Unternehmen ein Interesse an diesem Thema besteht. In der Ratssitzung am 25. Ok-tober wurde nun eine Gemeinwohl-Bilanzierung für die Spitalstiftung beschlossen. Stuttgart gilt als eine der führenden Städte bei der Übertragung der Gemeinwohlökonomie auf den kommunalen Bereich. Gleich vier kommunale Unternehmen, darunter „Leben & Wohnen" haben sich, nachdem der Stuttgarter Stadtrat entsprechende Mittel bereitgestellt hat, auf den Weg gemacht, ihr jeweiliges Unternehmen nach den Regeln der Gemeinwohlökonomie zu bilanzieren.
Auch Vaude macht‘s
Ähnlich einer Einführung von Nachhaltigkeitsberichten nutzen zunehmend privatwirtschaftli-che Unternehmen die Gemeinwohlbilanz, um ihren Beitrag für das Gemeinwohl darzustellen, aber auch, um interne Prozesse anzustoßen und ein Bewusstsein sowohl der Kunden als auch der Mitarbeitenden für das Thema Nachhaltigkeit oder Gemeinwohl zu schaffen. Be-kannte Beispiele sind die Unternehmen VAUDE und die Spardabank München.
Informarionen zur Spitalstiftung Konstanz: www.spitalstiftung-konstanz.de
Informationen zur Gemeinwohl-Ökonomie: www.ecogood.org
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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