Klinikprojekt bei 400 Millionen Euro angekommen
Landkreis bittet für Ansparplan die Gemeinden ab 2023 schon zur Kasse

Für das Radolfzeller Krankenhaus bedeutet der nun anstehende Grundsatzbeschluss eine Schließung in einigen Jahren. Die Stadt fordert trotzdem eine Wohnortnahe Grundversorgung. Wie das Gebäude oder Grundstück später genutzt werden soll, muss nun in der Stadt entwickelt werden. | Foto: Archiv
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  • Für das Radolfzeller Krankenhaus bedeutet der nun anstehende Grundsatzbeschluss eine Schließung in einigen Jahren. Die Stadt fordert trotzdem eine Wohnortnahe Grundversorgung. Wie das Gebäude oder Grundstück später genutzt werden soll, muss nun in der Stadt entwickelt werden.
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Kreis Konstanz. Die Weichen wurden schon im März mit der Vorstellung des Klinik-Strukturgutachtens vorgestellt, nach einer Verschiebung der Kreistag-Entscheidung über eine neue Klinikstruktur im Landkreis, die nicht nur irgendwann für weniger Defizite sorgen solle, sondern vor allem die Gesundheitsversorgung im Landkreis optimieren und zukunftssicher machen soll, hat sich nun der Verwaltungs- und Finanzausschuss mit einer Gegenstimme der Linken für eine „2-Haus-Lösung“ ausgesprochen, über die der Kreistag dann am kommenden Montag entscheiden soll.

Wie Landrat Zeno Danner in der Sitzung in Konstanz deutlich machte, sei das nur ein erster Schritt, dem nun noch viele weitere folgen werden, um Punkt für Punkt eine neue Klinikstruktur zu entwickeln. Klar ist damit allerdings, dass das Radolfzeller Krankenhaus spätestens auf 2030, wenn die neue Klinikstruktur umgesetzt sein soll, geschlossen wird.
Zwar bedeutet die Empfehlung nun auch das theoretische Ende des Singener Kankenhauses, allerdings gäbe es vorerst auch nur theoretisch noch die Option, an diesem Standort eine „neue Klinik“ zu errichten, die dann der zweite Klinikstandort sein könnte. Geprüft werden soll das auf jeden Fall, fordert das Sozialministerium in Stuttgart vor irgendwelchen Zusagen für Zuschüsse, wurde in der Sitzung am Montag informiert. Das entspricht auch den Forderungen von SDP und Grünen im Kreistag, die wissen wollen, wie hier eine „Sanierung“ im Vergleich zu einem Neubau zukunftsfähig sein könnte. Die Kreistagsmitglieder blicken da in den Ortenaukreis, wo in Lahr aktuell gerade große Teile des dortigen Klinikums Zug um Zug durch Neubauten ersetzt würden.
In derselben Sitzung wurde auch ein umfangreiches Programm der BürgerInnen-Beteiligung und BürgerInnen-Information vorgestellt und angenommen. Informationsveranstaltungen wie auch Workshops mit „Zufallsbürgern“, denen gewiss spezielle Interessen unterstellt werden könnten, werden angeboten. Der Landkreis will dazu auch eine eigene Homepage als Plattform schaffen und die „Social Media“-Kanäle bedienen. Eine zusätzliche Stelle im Landratsamt wird das geben, und auch 75.000 Euro sollen dafür eingestellt werden. Externe Agenturen, die auf Bürgerbeteiligung spezialisiert sind, sollen zudem die Veranstaltungen begleiten, um damit auch die nötigen Schritte in Akzeptanz vollziehen zu können. Denn es wird auch das „Jahrhundert-Projekt“ des Landkreises werden.

Der Landkreis hat inzwischen erste Details für die Umsetzung einer neuen Klinikstruktur erarbeitet. Was mögliche Klinik-Standorte für das mögliche „zweite Haus“ für den Landkreis neben dem Klinikum-Konstanz sein könnte, gebe es bislang entgegen Medienberichten keine Angebote, sagte Landrat Zeno Danner auf Anfrage des Wochenblatts. Die werden aktuell auch gar nicht beachtet. Erst mal werde nach den Beschlüssen vom nächsten Montag, die sich durch die Empfehlungen des Ausschusses schon als klar abzeichnen, die Geschäftsführung des Gesundheitsverbunds damit beauftragt, ein Medizinkonzept zu entwickeln, was alles das „neue Klinikum“ bieten solle. Im Herbst wird dann eine Kommission zur Grundstücksauswahl gebildet, Anfang 2023 soll das Medizinkonzept im Kreistag vorgestellt werden, ein Raum- und Funktionsprogramm soll ebenfalls bis dahin erstellt werden und dann erst solle es um die „Hülle“ gehen, in der dann diese „neue Klinik“ umgesetzt werden kann. Im Herbst 2023 könnte dann eine Grundstückauswahl getroffen werden, so die derzeitigen Planungen. Erst dann geht es auch um die Form mit einem Planerwettbewerb. Bis Ende 2024 könnte auf Basis des besten Entwurfs ein Bauantrag gestellt werden, der freilich für die Genehmigung rund 2 Jahre in Anspruch nehmen könnte. Ein Baubeginn könnte 2027 möglich sein, die Fertigstellung 2031 – so die grobe Planung.

Sparplan beginnt 2023

Auch in Sachen Finanzplanung für die Rieseninvestition haben inzwischen die Vorbereitungen begonnen. Kämmerin Simone Kruthoff geht in einer den Kreisräten frisch vorgelegten Aufrechnung von mindestens 400 Millionen Euro Investitionssume für das Klinikprojekt aus bis 2021. Das kommt freilich darauf an, was der Landkreis auch noch investieren muss in dieser Zeit: da stehen aktuell 238 Millionen Euro in der Finanzplanung nach jetzigem Stand. 123 Millionen Euro alleine für das neue Berufschulzentrum Konstanz. Nach der Planung der Kämmerin sollte der Landkreis Konstanz schon ab dem nächsten Jahr jährlich 10 Millionen Euro „ansparen“, um damit Eigenkapital zu sammeln. Nach der vierjährigen Planungsphase hätte er dann 40 Millionen Euro, zum geplanten Fertigstellungstermin 80 Millionen Euro. Theoretisch gehe man davon aus, dass der Neubau, wo immer er auch gebaut wird, zu 50 Prozent vom Land bezuschusst werde, es könne aber auch mehr oder weniger sein, sagte Kruthoff. Man rechne halt erst mal mit einem Eigenanteil des Landkreises von 200 Millionen Euro.

Der Sparplan hat freilich drastische Auswirkungen für die Gemeinden. Denn diese müssen das Geld über die Kreisumlage liefern, die Erhöhung dieser kann zwischen 6 und 8 Prozentpunkten liegen, je nach Steuerkraft in den nächsten Jahren. Das heißt aber auch, dass die drei Städte dieses neue Klinikum maßgeblich mitfinanzieren müssen, durch ihren Anteil an der Landkreisbevölkerung. In der Rechnung gibt es auch zwei Varianten: favorisiert wird eine zweite Variante, bei der der Gesundheitsverbund sich an der Tilgung der Schulden nach der Fertigstellung bei entsprechendem „Geschäftserfolg“ beteiligen müsste. Denn abzahlen müssen wird der Landkreis das neue Klinikum noch viele Jahre danach. Einige Kreisräte sehen auch die 400 Millionen Euro nicht als Endmarke, wie aktuell in der Umsetzung befindliche Projekte in anderen Landkreisen zeigen.
Hans-Peter Lehmann (CDU) schreckte da auf: Das muss die Kreisverwaltung schnell an die Bürgermeister transportieren. Wir haben uns schon viel aufgeladen für die nächsten Jahre und können aber nicht aus Angst vor der Zukunft sagen, jetzt machen wir gar nichts. So ein Jahrhundertwerk können wir nur mit stabilen Mehrheiten hinkommen“, unterstrich er, dass man hier im Konsens weiter machen sollte.

Ralf Baumert (SPD) zeigte sich dazu zufrieden: schon in der letzten Sitzung habe man um eine langfristige Finanzplanung gebeten, jetzt liege sie vor. Es gebe natürlich viele Fragezeichen für die Zukunft aufgrund der aktuellen Entwicklung, auch die Notwendigkeit zur Selbstdiszipin. Denn bei vielen Vorhaben könnte die Frage bald kommen, ob das jetzt nötig ist. Es sei jetzt auch keine Zeit, wo man eine verlässliche Planung auf den Weg bringen könne.
Johannes Moser (Freie Wähler) zeigte sich auch zufrieden. Es sei gut gewesen, mit der Grundsatzentscheidung zu warten, weil man noch vieles überlegen konnte. Es bleibe freilich dabei, dass die „Zwei-Haus-Lösung die einzige Möglichkeit ist, die wir haben“.
Auch die Grünen signalisierten Zustimmung, nachdem ihnen ein umfangreicher Fragenkatalog beantwortet wurde. Nun erst ein Medizinkonzept vor einer Standortentscheidung zu entwickeln, sei gut. Für die Grundstückauswahl sei die projektierte Arbeitsgruppe der richtige Weg, meinte Christiane Kreitmeier.
Dr. Georg Geiger (FDP) meinte, dass man den Empfehlungen der Gutachter folgen wolle. „Wir müssen uns den Bedingungen anpassen, die uns von aussen diktiert werden.“ Freilich beruhe für die kommenden Jahre alles auf Annahmen. Aber man sei optimistisch, was die Rahmenbedingungen beträfe, denn bundesweit sei Krankenhausversorgung in der Diskussion. Und letztlich gehe es ums Patientenwohl.

Bei Gegenstimme geblieben

Dr. Sybille Röth (Linke) hätte gern erst den Plan und dann die Entscheidung gehabt. Wegen der, aus ihrer Sicht, gegebenen Verknappung der Standorte von drei auf zwei. Das wäre nur eine geringfügige Verzögerung von einem Jahr, dann hätten man aufschlussreichere Antworten. Weil sie nicht dafür gewählt worden sei, Krankenhäuser zu schließen, blieb sie auch bei ihrem Nein in der Abstimmung. Andere Kreisträte beteuerten dazu, dass auch sie nicht für die Schließung von Krankenhäusern gewählt worden seien, jetzt gehe es um die Zukunft der Gesundheitsversorgung für die BügerInnen des Landkreises. Christiane Kreitmeier dazu: „Wir sind dafür angetreten die kommunale Gesundheitsversorgung im Kreis zu halten."
Singens OB Bernd Häusler kommt das Sanierungskonzept noch zu kurz, denn er werde in der Stadt doch sehr intensiv mit der Frage konfrontiert, wie das mit dem Krankenhaus weitergehe, um das viel weitere Gesundheitsstruktur entstanden ist. Er wäre gespannt auf ein Sanierungs- und Neubaukonzept und man könne auch an diesem Standort etwas Neues bekommen, wie das gerade in Lahr für das dortige Klinikum passiere.
Das muss ja nun auch ausgerechnet werden im Vergleich. Was die Mängel betrifft, gebe es ja schon viele Gutachen, die in den letzten zehn Jahren freilich nicht umgesetzt worden seien, so Landrat Zeno Danner.

Für das Radolfzeller Krankenhaus bedeutet der nun anstehende Grundsatzbeschluss eine Schließung in einigen Jahren. Die Stadt fordert trotzdem eine Wohnortnahe Grundversorgung. Wie das Gebäude oder Grundstück später genutzt werden soll, muss nun in der Stadt entwickelt werden. | Foto: Archiv
Landrat Zeno Danner in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschuss am Montag. Im Vordergrund GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber. | Foto: Fiedler
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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