Urteil im Fall Jasmin M.
Landgericht verurteilt Ex-Freund zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe
Konstanz. Es ist das vorläufige Ende eines rund dreimonatigen Prozesses: Im Fall der verschwundenen Jasmin M. aus Eigeltingen ist deren Ex-Freund nun vom Landgericht Konstanz unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass Robert S. die damals 21-Jährige in deren Wohnung getötet und die Leiche anschließend fortgeschafft hat.
Es sei ein herausfordernder Prozess gewesen, schilderte der vorsitzende Richter Arno Hornstein bei der Urteilsbegründung. "Ein Verfahren, das wir nicht jeden Tag haben." Er müsse regelmäßig schwere Entscheidungen treffen, die Menschenleben beeinflussen. Aber noch nie seien diese so in den Vordergrund getreten. Hier ginge es um eine junge Frau, die "in der Blüte des Lebens" verschwunden sei und "selten hat ein Verfahren so viel Raum für Spekulationen geboten".
Viele offene Fragen
"Wir müssen Tatsachen- und Rechtsfindung betreiben", erläuterte Richter Hornstein. "Es geht nicht um bloße Möglichkeiten." Dinge, die höchstwahrscheinlich sind, seien noch nicht erwiesen.
So ist unklar geblieben, ob der Angeklagte in die Wohnung von Jasmin eingedrungen ist, oder ob sie ihn doch hereingelassen hat. Auch in welcher Beziehung die beiden standen, konnte nicht abschließend geklärt werden, zumal der Kontakt auch nach der Trennung im Oktober 2022 aufrechterhalten blieb.
"Dieser Kontakt ging nicht nur einseitig vom Angeklagten aus", führte der Richter aus. Jasmin habe "keinen eindeutigen Cut" gemacht, sei "zweigleisig gefahren" und habe "möglicherweise mit dem Angeklagten gespielt".
Belastende Beweise
Auf der anderen Seite gebe es aber auch sichere Feststellungen: Der Angeklagte baute einen GPS-Tracker in das Auto von Jasmin M. ein, machte heimlich Foto- und Videoaufnahmen von ihr, die er nach ihrem Verschwinden löschte. Auch Chatverläufe und das Bewegungsprofil des Angeklagten konnten sichergestellt beziehungsweise ermittelt werden.
Hervor hob Richter Hornstein das Verhalten des Angeklagten, der bis zum Schluss wortkarg blieb: "Sie haben überhaupt nichts dazu beigetragen, Licht ins Dunkel zu bringen", sagte er. "Wo war ihr Engagement nach dem Verschwinden von Jasmin?" Sein teilnahmsloses Verhalten - auch während der Verhandlung - sei "beeindruckend" gewesen.
Für das Gericht stand fest, dass Robert S. in der Nacht zum 19. Februar 2023 in der Wohnung von Jasmin M. war. Dort hat er demnach Nacktbilder von ihr gemacht. Ob Jasmin dabei betäubt oder sogar bereits tot war, könne nicht gesagt werden. Es sei auch nicht auszuschließen, dass die Bilder mit ihrer Zustimmung gemacht worden sind. Nach Auffassung der Kammer hat Robert S. die 21-Jährige dann vor 12.30 Uhr getötet.
Urteil: Tötung ohne Vorsatz
Was das Gericht aber nicht feststellen konnte, war ein Vorsatz oder gar Plan. Denkbar sei es, dass es einen Streit gab, in dessen Verlauf der Angeklagte das Opfer gewürgt oder heftig gestoßen hat, was den Tod der 21-Jährigen zur Folge hatte. Er habe in der Vergangenheit gezeigt, "dass er ausrasten kann". Aber: "Wir haben kein vorsätzliches Tötungsdelikt annehmen können." Die Leiche hat er dann - so ist das Gericht überzeugt - entweder bei Heudorf oder Küssaberg abgelegt.
Das Gericht blieb mit dem Urteil unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die zwölf Jahre und sechs Monate, und dem der Vertretung der Nebenklägerin - der Mutter des Opfers - die eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert hatte. Die Verteidiger des Angeklagten hatten einen Freispruch gefordert.
Neben der Freiheitsstrafe legte das Gericht dem Verurteilten die Kosten des Verfahrens und die Auslagen der Nebenklage auf. Zudem hielt es den Haftbefehl gegen ihn aufrecht, sodass Robert S. zunächst in Untersuchungshaft bleibt. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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