Verhandlung um Mord von 2019 hat begonnen
Höri-Mord: Keine Leiche und ein schweigender Angeklagter

Noch immer gibt es keine Klarheit über den Tathergang und was mit der Leiche geschah. Der Angeklagte Mike W. wollte sich nicht äußern. | Foto: Patrik Silberling
  • Noch immer gibt es keine Klarheit über den Tathergang und was mit der Leiche geschah. Der Angeklagte Mike W. wollte sich nicht äußern.
  • Foto: Patrik Silberling
  • hochgeladen von Patrik Silberling

Konstanz/Gaienhofen-Hemmenhofen. Nach jahrelangen Ermittlungen im sogenannten Höri-Mord von 2019 kommt nun vielleicht Licht ins Dunkel. Am Freitag, 11. Oktober, fand die erste Sitzung der Verhandlung am Landgericht Konstanz statt.

2019 wurde im Gaienhofener Ortsteil Hemmenhofen ein Mann umgebracht, doch nach wie vor fehlt von der Leiche jede Spur. Des Mordes angeklagt ist nun der 48-jährige Mike W. aus Kleve, der zum Zeitpunkt der Tat mit der Schwester des Opfers in einer Partnerschaft lebte und sich derzeit in Untersuchungshaft befindet.

Der Tatvorwurf des Gerichts unter dem Vorsitz von Richter Arno Hornstein: Mike W. habe das Opfer am 2. Juni 2019 in dessen Wohnung heimtückisch und aus Habgier mit mehreren heftigen Faustschlägen und beringten Fingern ins Gesicht und gegen den Rumpf geschlagen. In einem Zeitraum von bis zu zwei Tagen sei das Opfer anschließend an inneren und äußeren Verletzungen gestorben. Als Tatmotiv wird die Erlangung von Geld und Wertgegenständen vermutet. Der Angeklagte wollte sich jedoch weder zur Tat noch zu seinen persönlichen Verhältnissen äußern. Am 18. Dezember soll das Urteil verkündet werden. 32 Zeugen und drei Sachverständige werden vorgeladen.

Mögliches Motiv: Habgier

Laut der Anklageschrift von Staatsanwalt Egon Kiefer war die finanzielle Situation des Angeklagten und seiner Partnerin Sandra H. vor dem Zeitraum des Mordes sehr angespannt. Sie sollen Sozialhilfe bezogen und immense Schulden gehabt haben, die unter anderem durch den regelmäßigen Konsum von Kokain und Heroin zustande gekommen waren.

Längere Zeit vor der Tat sei es auch zu Konflikten zwischen Sandra H. und ihrem damals 51-jährigen Bruder, dem Opfer Jan H., gekommen. Jan H. lebte im Haus der gemeinsamen Mutter in Hemmenhofen. Zwei Autos und Barvermögen waren vorhanden, während die Mutter in einem Pflegeheim lebte, was bei der Schwester Neid hervorgerufen haben soll. Es hieß, sie habe das Opfer beschuldigt, das gemeinsame Erbe zu verprassen.

Nachdem der Angeklagte erfolglos versucht haben soll, jemanden mit dem Mord an Jan H. zu beauftragen, sei das Paar selbst auf die Höri gefahren. Schon während der Fahrt habe der Angeklagte sein Handy so eingestellt, dass es nicht mehr geortet werden konnte. Zunächst hätten der Angeklagte und Sandra H. die Mutter im Pflegeheim besucht. Der Versuch eine Vollmacht über das Vermögen zu erlangen misslang.

Kurz vor 23 Uhr sei das Paar dann am Haus in Hemmenhofen angekommen. Thomas K., der Mitbewohner des Opfers, habe die Tür geöffnet, woraufhin der Angeklagte wortlos an ihm vorbeigegangen und sich in den Wohnbereich des Opfers begeben haben soll. Daraufhin habe Thomas K. Geräusche gehört, als würde jemand verprügelt. Kurz danach sei der Angeklagte zurückgekommen und habe Thomas K. untersagt, von nun an den oberen Stock zu betreten. Mike W. und Sabrina H. hätten dann damit begonnen, sich auf der Höri häuslich einzurichten. Im Haus gefundener Schmuck soll für Drogen versetzt worden sein. Das Gericht vermutet außerdem, dass der Angeklagte die Leiche des Opfers mittels Chemikalien beseitigt habe.

Leiche doch vergraben?

Nach der Verlesung der Anklage wurde der Polizist Matthias S. vernommen. Einige Monate nach der Tat hätte der Mitbewohner des Opfers, Thomas K., mit ihm Kontakt aufgenommen. Etwas Seltsames habe sich im Garten des Hemmenhofer Grundstücks ereignet. Thomas K. sei auf einen toten Hasen gestoßen und habe das Tier anschließend unter einem Kirschbaum im Garten vergraben wollen. Daraufhin sei der Angeklagte wutentbrannt auf ihn zugekommen und habe ihn angewiesen, dieses Gartenstück in Ruhe zu lassen. Kurz danach habe der Angeklagte an eben jener Stelle einen Teich errichtet.

Im Zuge des Gesprächs soll Thomas K. auch erzählt haben, wie Sandra H. ihn kurz nach der Tat für fünf Tage in den Urlaub eingeladen habe. Nach dem Urlaub sei manches in der Wohnung des Opfers verändert gewesen. Unter anderem habe in seinem Schlafzimmer der Teppich gefehlt. Schließlich äußerte Thomas K. die Vermutung, dass sein früherer Mitbewohner Jan H. unter dem Teich vergraben liege und die Spuren des Mordes während des Urlaubs beseitigt worden seien.

Vieles liegt hier noch im Unklaren. Auch in Bezug auf die Anklageschrift und die Aussagen von Thomas K. bleiben viele Fragen offen. Es wird sich zeigen, ob in der Verhandlung alle Antworten gefunden werden können – und ob der Angeklagte vor der Urteilsverkündung am 18. Dezember sein Schweigen noch bricht.

Autor:

Patrik Silberling aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.