Bürgerdialog der Landtagsfraktion in Konstanz
Grüne fordern gemeinsame Interessen statt Parteiegoismus

Nach seinem Vortrag kam Bundesbildungsminister Cem Özdemir beim Bürgerdialog im Konstanzer Konzil auch mit der jüngeren Generation ins Gespräch. | Foto: Philipp Findling
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Konstanz. Mit den Bürgerinnen und Bürgern über das reden, was ihnen auf dem Herzen liegt. Das war der Kern des Bürgerdialogs der Landtagsfraktion der Grünen, der Rahmen der Klausurtage der Fraktion am 7. Januar im Konstanzer Konzil stattfand.

Nach einer kurzen Begrüßung sowie einigen warmen Worten des Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz schritt zunächst die Landesumweltministerin Thekla Walker zum Rednerpult. Unter anderem kam sie auf die wirtschaftliche Lage zu sprechen. Die Zeit der aktuellen, wirtschaftlichen Krisen haben für sie viele Ursachen, wo zu ihrer Ansicht nach auch Protektionismus sowie zu geringe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit gehören. "Eines ist jedoch nicht Schuld an dieser Krise und das sind grüne Technologien", erläuterte die Landesumweltministerin. "Wenn wir in diesem Bereich schon weiter wären, hätten wir weitaus weniger Probleme". Hierauf bezogen bezeichnete Walker den Automobilsektor als "Schlüsselindustrie" in Deutschland. "
Gerade aufgrund der Entwicklung der E-Automobilindustrie in China müssen wir anerkennen, dass unsere Autos in diesem Bereich einfach nicht mehr Spitze sind." Aber, so, Thekla Walker: "Es ist noch nicht zu spät, wenn wir den Mut haben, jetzt die richtigen Weichen zu stellen und wieder voll auf Technologieführerschaft zu setzen." Hierzu gehöre für sie, notwendige Investitionen zu ermöglichen und zu tätigen - auch in Europa. "Man muss den Weg gehen, den man als richtig erkennt, gleichgültig, wie schwer es ist", zitierte die Umweltministerin den früheren CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Klimawandel als Wohlstandszerstörer

In Sachen Bildung möchte man ihr zufolge in Zukunft den Kindern auch weiter die Möglichkeit geben, Neues zu entwickeln und die Ärmel mit hochzukrempeln, damit Baden-Württemberg vorne bleibe. "Daher ist es wichtig, dass wir im kommenden Landeshaushalt jeden fünften Euro in Bildung investieren." Darüber hinaus ging Walker auch auf die überbordende Bürokratie ein. Es gehe für sie hierbei auch darum, Genehmigungsfiktionen zu erteilen und generell Genehmigungen schneller zu machen, um auch weiterhin leistungsfähige Kommunen zu haben. Zwar habe man mit der Entlastungsallianz der Landesregierung viel gemacht, jedoch müsse hier trotzdem noch einiges an Arbeit vollzogen werden. Diesbezüglich setzen Walker und die Landesfraktion auf eine "Politik des Ermöglichens".
Zum Schluss kam Walker auf den Wohlstand, bezogen auf Klimaschutz, zu sprechen. "Klimawandel ist einer der größten Wohlstandszerstörer, den man sich vorstellen kann", so die Umweltministerin. Klimaschutz hingegen schaffe ihr zufolge auch eine stabile wirtschaftliche Grundlage. Denn der ganze Green-Tech-Bereich sei für sie einer der neuen Schlüsselindustrien in Baden-Württemberg, die in den letzten Jahren eine konstante Wachstumsrate und neue Arbeitsplätze gebracht haben. "Hier müssen wir dran bleiben, denn das ist die Zukunft."

Technologien von morgen beherrschen

Vor dem eigentlichen Dialog mit den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern, die sich hierbei an verschiedenen, nach Ressorts aufgeteilten Tischen mit den Politikern unterhalten konnten, kam nun Bundeslandwirtschaftsminister und neue Bundesbildungsminister Cem Özdemir zu Wort. Der designierte US-Präsident Trump zeige für ihn, dass die Einschläge näher kommen und man nicht so tun solle, als dass man völlig davor gefeit wäre. "Wenn wir nicht in der Lage sind, unter Demokraten einander zuzuhören und das partei-egoistische Interesse vorne anstellen, wird auch ein Kickl in Österreich Bundeskanzler", warnte Özdemir vor der vorgezogenen Bundestagswahl. "Unser Anspruch muss sein, weniger Stuttgart 21-Prinzip, sprich, spät und teuer sowie mit Engpässen - dafür mehr Konstanz-Prinzip: früh, effektiv und wirkungsvoll", betonte der Bundesbildungsminister das Credo vor der Wahl. 
"In unserer Technologie-umtriebenen Welt sind gerade Bildung, Wissenschaft, Forschung und Fortschritt die Schlüssel für zukünftige Wettbewerbsfähigkeit", erläuterte Cem Özdemir. "Wenn alle einen Schritt aufeinander zugehen und kompromissbereit sind, gemeinsam den Tisch als Sieger zu verlassen, hat man mehr davon wieder wenn nur einer gewinnt", kam Özdemir auf den kürzlich vollzogenen Digitalpakt 2.0 zu sprechen. Ein Abkommen, bei dem rund fünf Milliarden Euro gleichmäßig zwischen Bund und Ländern verteilt werden, um die digitale Infrastruktur an Schulen zu verbessern. Die Investition in die Technologien von morgen sei laut Özdemir dringend notwendig, denn: "Wer diese nicht beherrscht, wird von ihnen beherrscht werden." Es zeige, was man erreichen könne, wenn man gemeinsam parteiübergreifend zusammenarbeite. "Ich wünsche mir daher einen Geist, der nicht über die Parteizugehörigkeit urteilt, sondern über gemeinsame Interessen", verdeutlicht Cem Özdemir.

Konzentration auf Kernaufgaben

Man komme zudem in Baden-Württemberg, nicht weit, wenn man nicht das Mittelstands-Gen in seiner DNA habe, da hier der Wohlstand auch das Handwerk, der Mittelstand und unsere Gründerkultur sei. Jedoch: "Talent allein reicht nicht, wenn man langfristig erfolgreich sein möchte. Wenn man den Wohlstand verwalten möchte, kommt man nicht weit", so Özdemir. Seine Überzeugung ist es, den Wohlstand in jeder Generation neu zu erarbeiten. "Gemeinsinn und Verantwortung entsteht dann, wenn wir die Selbstbestimmung fördern." Deutschland sei für ihn gerade dann stark, wenn es sich nicht verzettele, sondern auf seine Kernaufgaben konzentriere. Hierzu zählte er vor allem eine intakte Infrastruktur, leistungsstarke Institutionen sowie ein verlässlicher Rahmen, der den Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern eigenständige Lösungen ermögliche. "Wir dürfen", so Cem Özdemir abschließend, "die Intelligenz unserer Wirtschaft und Bürger nicht unterschätzen."

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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