Wochenblatt-Serie zur Bundestagswahl: Tobias Volz (SPD)
Ein echter Sozialdemokrat mit Visionen
Kreis Konstanz (stm). Im Vorfeld der Bundestagswahl am Sonntag, 22. September, spricht das WOCHENBLATT mit den Kandidaten der einzelnen Parteien und stellt sie im Rahmen einer Serie vor. Heute: der SPD-Bundestagkandidat Tobias Volz.
Wochenblatt: Herr Volz, erzählen Sie uns kurz etwas über ihren politischen Werdegang.
Tobias Volz: Ich trat erst mit 28 Jahren 1993 aufgrund der Amigo-Affäre der SPD bei, seit neun Jahren bin ich im Allensbacher Gemeinderat, seit fünf Jahren Kreisrat. 2011 war ich bei der Landtagswahl Ersatzkandidat für Zahide Sarikas. Nach dem Anschlag auf sie wurde ich vier Wochen vor der Wahl ins kalte Wasser geworfen.
Wochenblatt: Das Mandat im Landkreis Konstanz hat seit 2005 immer Andreas Jung (CDU) gewonnen. Was ist ihr persönliches Ziel?
Tobias Volz: Ich sehe meine Kandidatur zum Deutschen Bundestag 2013 als Aufbaukandidatur für 2017. Ich kenne Andreas Jung und gebe zu, der Wähler hat wenig Gründe ihn abzuwählen. Beschämend finde ich leider, dass er beim Fracking große Reden hält. Sein avisierter Gesetzbeschluss erfordert die Zustimmung der FDP und diese hat offensichtlich eine andere Position. Ich jedenfalls plädiere dafür, eine nicht ausgereifte Technik nicht in dicht besiedeltem Gebiet auszuprobieren.
Wochenblatt: Manche in der SPD sagen Tobias Volz ist uns zu links, was entgegnen Sie denen?
Tobias Volz: Ich war über meine Nominierung und meine Wahl etwas überrascht. Denn tatsächlich sehe ich in der Sozialpolitik Schnittmengen mit »Der Linken«, kann aber deren Außenpolitik nicht gutheißen. Deutschland hat eine internationale Verantwortung, der wir gerecht werden müssen. Mein Ziel wird es aber immer sein, den Leisen eine Stimme zu geben.
Wochenblatt: Wo sehen Sie ihre Aufgaben als Sozialpolitiker?
Tobias Volz: Als Bundestagsabgeordneter würde ich gerne in den Haushaltsausschuss. Für Sozialpolitik ist eine Wertewandel in der Gesellschaft und bei Unternehmen sowie natürlich genügend Geld notwendig.
Wochenblatt: Sie sprechen die Verantwortung der Unternehmer an. Sie selbst haben einen Betrieb mit 40 Mitarbeitern. Wie sozial sind Sie selbst als Unternehmer?
Tobias Volz: Kein Mitarbeiter bei mir in der Altenbetreuung verdient unter 10 Euro netto die Stunde. Zudem wirkt sich mein Mütter-Väter-Dienst positiv auf die Arbeitsmoral im Betrieb aus. Ich wünschte mir, dass mehr Unternehmer Arbeitszeitmodelle praktizieren, damit Familie und Beruf wirklich vereinbar miteinander sind.
Wochenblatt: Seit 20 Jahren sind Sie in der Altenpflege tätig, was muss sich hier grundlegend ändern?
Tobias Volz: Es kann nicht sein, dass Deutschland jahrein jahraus bei der UNO deswegen am Pranger steht. Es muss mehr möglich sein als »Fleisch zu bearbeiten«. Stattdessen ist aufgrund des demographischen Wandels ein erhöhter Fachkräftebedarf notwendig, um eine menschenwürdige und Klienten orientierte Lebensgestaltung führen zu können. Eine solche menschenwürdige Pflege motiviert auch die Pflegekräfte. Zudem wünsche ich mir mehr Sozialarbeit in den Pflegeheimen - Kinderarbeit für Senioren muss endlich aufhören.
Wochenblatt: Pflege kostet Geld.
Tobias Volz: Doch es darf keinen Verschiebebahnhof zwischen Pflegeversicherung und Krankenversicherung geben. Die Krankenkassen stehen in bestimmten Fällen in der finanziellen Verpflichtung. Natürlich sind auch mehr Pflegekräfte nötig. Unser Kanzlerkandidat Peer Steinbrück spricht von 125.000 notwendigen Stellen. Grundlegend würde ich für zwei Berufstypen plädieren: Der Krankenpflegeassistent/in mit einer Ausbildung von zwei Jahren sollte für die Grundpflege zuständig sein. Nach dem Modell der Schweiz sollte die Gesundheitspfleger/in, die eine Ausbildung von vier Jahren absolviert, sich weiter spezialisieren.
Wochenblatt: Als Halbinder spielt Indien in ihrem Leben eine wichtige Rolle. Könnten Sie unseren Lesern zum Abschluss einen kurzen Einblick gewähren?
Tobias Volz: Ich reise mindestens jedes zweite Jahr nach Indien und habe für Don Bosco auch in einem Slum in Madras vier Wochen gearbeitet. Mein fester Wunsch ist es, für zwei Jahre nach Indien zu gehen und dort eine Altenpflegestation aufzubauen. Wenn jemand mich fragt, wo er das typische Indien findet, dann in der Heimat meiner Mutter in Patna (Bihar).
Interview: Stefan Mohr
- Stefan Mohr
Autor:Redaktion aus Singen |
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