Klare Positionen zur Zukunft beim IHK Neujahrsempfang in Konstanz
Den Abschwung nicht mit Gewalt herbeireden
Konstanz. Es sei schon ein bischen mulmig, dass nun schon im neunten Jahr oben auf der Bühne zu stehen und von so guten Zahlen zu berichten, gestand IHK-Präsident Thomas Conrady bei der Begrüßung zu diesjährigen Neujahrsempfang der Kammern von den sage und schreibe 1006 Gästen, die sich für das Event angemeldet hatten und für den Wirtschaftsminister Peter Altmaier als Festredner angekündigt war. Freilich nehme man die Meldungen von Eintrübungen zur Kenntnis und die der Handelskriege, die das Klima belasten würden. Vielleicht gerade deshalb habe man sich Altmaier gerholt, der ja gemeinhin als „Fels in der Brandung“ gelte, und der krempelte sich zu Beginn seiner Rede gleich mal die Ärmel hoch.
Conrady selbst ging in seiner Rede auf die Worte „zusammen“ und „gemeinsam“ ein, Begriffe, die nicht durch einen Protektionismus von Trump herausgefordert würden, bei denen Begriffe wie Solidarität, Konsens, Zusammenhalt, Wertegemeinschaft einem „alleine“ oder „jeder für sich“ unterwandert würden. Nicht mal mehr heimliche werde das Prinzip „America first“ entgegengesetzt, und es gebe immer mehr Nachahmer. „Da wackeln schon einmal Institutionen wie die transatlantischen Freundschaft, die Nato oder die WTO. Verträge werden gekündigt oder einfach gleich missachtet und man schaue ein wenig ratlos zu. Auch in Europa stehe man ja an der „cliff edge“ eines Ungeordneten Brexit, der auf beiden Seiten einem immensen Schaden anrichten könnte, Populisten und verirrte Komödianten die Regeln der Eurozone offen missachteten und die Gemeinschaft erpressten. Man navigiere in schwerer See, befand Conrady, der auch für die deutsche Wirtschaft kritische Worte fand, zum Beispiel für die kriminelle Energie, mit denen Spekulanten millardenschwere „cum ex“ –Geschäfte den Steuergesetzen vorbei vollziehen.
„So erfreulich die vollen Auftragsbücher für uns sind, so sind sie für die Kunden noch mit Wartezeiten verbunden“, hob Handwerkskammer Gotthard Reiner heraus. Nach Umfragen seien derzeit im „Dauerhoch“ rund 20 Prozent der Betriebe zu mehr als 100 Prozent ausgelastet und viele Überstunden seien einer folgen. Für Rainer ruft das nach einer geregelten Zuwanderung. Deutschland sei längst ein Einwanderungsland und werde noch bunter werden – so wie viele andere Länder auch, so Rainer vor den Gästen des Empfangs. Reiner hatte natürlich Wünsche fürs neue Jahr gesammelt: zum Beispiel das Comeback des Meisterbriefs, der ja im Jahr 2004 im Rahmen ganz anderer Rahmenbedingungen eingeschränkt worden war.
Peter Altmaier krempelte sich nicht ohne Grund die Ärmel seines Hemds am Rednerpult hoch. Der wichtigste Vorsatz müsse sein, für das Image dieses Landes die Erwartungen auch zu erfüllen, die man an es stelle. Die Qualität des Mobilfunknetzes zum Beispiel, die in allen Nachbarn inzwischen viel besser sei. Dazu gehört für ihn die digitale Verwaltung, die für ihn derzeit nicht konsequent umgesetzt werden. Man habe sich ein Ziel für 2022 gesetzt. Aber wenn er bis zum Sommer sehe, dass das nicht vorwärts komme, dass plädiere er dafür, IT-Spezialisten aus Lettland zu holen, „um uns auf dem Stand der Gegenwart zu bringen. Altmaier trat auch entschlossen dafür ein, dass es für eine Zukunft mit Elektromobilität nötig sei, eine Batterieproduktion in Deutschland oder Europa zu etablieren, die er für die Zukunft des Industriestandorts als unterlässlich ansieht. Und nicht nur dafür gab es deutlichen Applaus aus dem Publikum.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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