Geburtenhilfe droht trotz Zuschuss des Kreistags das Aus
»Besteller« Radolfzell im Dilemma
Konstanz (stm). Trotz eines nach einer vierstündigen kontrovers diskutierten Kreistagssitzung beschlossenen Zuschusses in Hohe von 100.000 Euro jährlich für die nächsten fünf Jahre scheint die Zukunft der Radolfzeller Geburtenhilfe unsicherer denn je. Knackpunkt ist das Bestellerprinzip, das laut des letztlich ohne Gegenstimme angenommenen Antrags des Stockacker Bürgermeisters Rainer Stolz von Radolfzell und nicht vom Landkreis getragen werden muss, d.h. höhere Defizite müssten von der Stadt selbst getragen werden.
Symptomatisch kamen die vier Enthaltungen unter anderem von der Sprecherin einer der Initiativen zum Erhalt, der Grünen Kreisrätin Nina Breimaier und Radolfzells Oberbürgermeister Martin Staab. Wie dieser nach Ende der Abstimmung gegenüber dem WOCHENBLATT bekräftigte, habe es laut dem 70-seitigem Gutachten und Prüfung aller Fakten mit zahlreichen Lösungsvarianten schlussendlich nur einen gangbaren Weg gegeben. Doch über diesen Antrag sei noch nicht einmal abgestimmt worden, so Staab enttäuscht. Sowohl juristisch als auch finanziell sei die jetzt gefunde Lösung nicht realisierbar, erklärte Staab. Radolfzell dürfe aus rechtlichen Gründen nur 166.000 Euro pro Jahr zuschießen. Die notwendigen Kosten bezifferte Staab jedoch auf 300.000 - 400.000 Euro. Auch habe er bezüglich des Bestellerprinzips eine Abfuhr des Regierungspräsidiums erhalten.
Widerspruch erhielt Staab in der Sitzung in diesem Punk von Landrat Frank Hämmerle. Radolfzell müsse, so Hämmerle, einen Gemeinderatsbeschluss herbeiführen und Verhandlungen mit Gesundheitsverbund und Belegärzten aufnehmen. Ob es zwischen den Jahren tatsächlich zu einer solchen Sondersitzung im Radolfzeller Rat kommt, war am Montagabend nicht absehbar.
Der Sprecher der Radolfzeller Belegärzte Dr. Matthias Groß zeigte sich gegenüber dem WOCHENBLATT von dem Kreistagskompriss ebenfalls enttäuscht. Trotz dieser unsichern Hängepartie wolle er sich aber dafür einsetzen, dass die Geburtenhilfe über den 24. Dezember hinaus in Radolfzell erhalten bliebe. Doch dies sei nicht allein seine Entscheidung, so Groß. Grund für das drohende Aus sind die um das dreifach gestiegenen Haftpflichtversicherungen für die Belegärzte.
Begleitet wurde die oft unstrukturiert wirkende Kreistagssitzung von einer großen Schar an Bürgern, die vor der Kreistagssitzung vor dem Landratsamt für den Erhalt der Geburtenhilfe in Radolfzell demonstriert hatten und am letzten Mittwoch über 10.000 Unterschriften für den Erhalt an Landrat Hämmerle übergeben hatten.
Sollte das Aus für die Geburtenhilfe Radolfzell tatsächlich Wirklichkeit werden, war dies nicht die Absicht des Gesundheitsverbundes, beteuerte ihr Geschäftsführer Peter Fischer. Entgegen anders lautender Gerüchte seien aber die Standorte Singen und Konstanz sehr wohl in der Lage die 500 im Jahr durchgeführten Geburten in Radolfzell zu schultern, so Fischer. Hierfür würden laut des Chefarztes in Konstanz, Dr. Andreas Zorr mehr Personal nötig sein. Trotz einer sehr guter Zusammenarbeit mit Radolfzell und Sorgenfalten, sollte die Geburtenhilfe dort schließen, zeigte sich auch sein Singener Kollege Dr. Wolfgang Lucke bestens auf diesen Fall vorbereitet. Ein vierter Kreißsaal und eine Aufstockung von Personal insbesondere Fachärzten mit Erfahrung stünden zum 1. Februar 2017 in Singen zur Verfügung, so Lucke, der vehement der harschen Kritik des Radolfzeller Belegarztes Groß widersprach.
- Stefan Mohr
Autor:Redaktion aus Singen |
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