WOCHENBLATT-Serie zur Bundestagswahl: Timo Sturn (AfD)
Befürworter der »echten« Demokratie

Foto: Timo Sturn von der AfD will in den Bundestag.
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Landkreis (lkr). Im Vorfeld der Bundestagswahl am Sonntag, 22. September, spricht das WOCHENBLATT mit den Kandidaten der einzelnen Parteien und stellt sie im Rahmen einer Serie vor. Heute: der Afd-Kandidat Timo Sturn.

WOCHENBLATT: Herr Sturn, im Juni dieses Jahres wurde der hiesige Kreisverband der Alternative für Deutschland (AfD) gegründet. Heißt das, dass auch Ihre politische Karriere noch jung ist?

Timo Sturn: Ich war vorher noch in keiner Partei. Einen großen Anteil daran, dass sich das änderte, hatten die Entwicklungen nach 2008. Durch meine kaufmännische Ausbildung und Arbeit in der Finanzwirtschaft habe ich mich rückwirkend intensiv mit der Einführung des Euros beschäftigt. Während der Diskussion über den »Europäischen Stabilitätsmechanismus« (ESM) wurde mir klar, dass man hier verbindliche europäische Verträge über den Haufen werfen will. Und Andreas Jung spielte eine Rolle bei meiner Entscheidungsfindung.

WOCHENBLATT: Wie hat Sie der Direktkandidat der CDU im Wahlkreis Konstanz beeinflusst?

Timo Sturn: Ich habe vor der Unterzeichnung des ESM im Februar 2012 in einem Brief Herrn Jung gebeten, den ESM-Vertrag abzulehnen, um unsere Souveränität zu erhalten. Überraschenderweise habe ich noch Monate VOR der eigentlichen Abstimmung im Bundestag eine Antwort erhalten mit dem Tenor: » Ich habe für den ESM gestimmt, weil, ...«. Mehrmalige Rückfragen blieben dann unbeantwortet. Ich hatte das Gefühl, dass keine Partei meine Interessen vertritt – der nächste logische Schritt war dann mein Beitritt zur AfD.

WOCHENBLATT: Auch im Bundesvergleich ist Ihre Partei noch sehr jung. Sehen Sie das als Vor- oder Nachteil? Timo Sturn: Die Gründung bereits vor einem Jahr wäre sicherlich vorteilhaft gewesen und wir hätten zum Beispiel noch intensiver mit den lokalen Interessensverbänden sprechen können. Auf der anderen Seite ist unsere Bewegung sehr dynamisch - viele Menschen die sich von den »Altparteien« nicht mehr vertreten fühlen, wollen mit der AfD einen politischen Neuanfang unterstützen, da die AfD von unten nach oben wirkt. Nach ein paar Monaten haben wir bereits über 16.000 Mitglieder bundesweit, 60 davon im Kreis Konstanz und es werden täglich mehr. Jung sind wir auch im Vergleich mit SPD und CDU. Deren Mitglieder haben ein Durchschnittsalter von um die 60 – wir liegen bei 52 Jahren.

WOCHENBLATT: Ihre Direktkandidatur war dann doch sehr kurzfristig, nicht? Timo Sturn: Wir sind als Partei glaubwürdiger, wenn wir einen Direktkandidaten aufstellen. Mit der Kandidatur wollen wir unseren festen Entschluss zum Ausdruck bringen etwas auch hier in der Region zu bewegen. Aber kurzfristig war alles, ja. Ich musste bis zum 17. Juli 200 beglaubigte Unterschriften zusammenbekommen. Am Freitag davor hatte ich erst vier. Am Montag um 17.45 Uhr bei Abgabe waren es dann über 230, wovon letztlich 200 gültig waren – die Unterstützung der Menschen im Kreis Konstanz war und ist überwältigend!

WOCHENBLATT: Braucht Deutschland noch eine weitere Partei?

Timo Sturn: Ja, wenn wir anstelle eines »weiter so« Richtung europäischer Zentralregierung, bei unserem Grundgesetz bleiben wollen. Die etablierten Parteien sagen immer, durch den Euro erhalten wir eine Stabilitätsunion. Das ist eine Trickkiste. Das Ergebnis des Euro-Experiments sind Schuldenberge, Arbeitslosigkeit und Zwietracht unter den 17 Euro-Staaten. Ein friedliches Europa muss von den Menschen mitgetragen werden. Die AfD ist Befürworter der echten Demokratie. Wir möchten die Bürger fragen, wenn es um die Abgabe von Rechten nach Brüssel geht.

WOCHENBLATT: Die Partei hat also noch mehr als bloße Euro-Kritik zu bieten? Timo Sturn: Der Euro und die EU ist ein zentrales Thema unserer Partei, weil auch alles was uns lokal beschäftigt, letztlich damit zusammenhängt. Wir stehen für Subsidiarität: Sei es die Saatgutverordnung, Glühbirnenvorschriften, oder das Verbot an die Bodenseefischer, den Nährstoffgehalt des Bodensees etwas zu erhöhen. Was lokal entschieden werden kann, muss nicht eine höhere Instanz entscheiden. Für uns sind vor allem bürgernahe Diskussionen im Bundestag wichtig. Meine Devise dabei ist Augenmaß und Vernunft. Ich maße mir nicht an, alleine zu entscheiden, was für Deutschland richtig ist. Deshalb stehen wir für basisdemokratische Entscheidungen zum Beispiel bei Grundgesetzänderungen und Volksinitiativen ein. Auch ein Kippen der Fünfprozenthürde für den Bundestag steht in der Diskussion. Die Parteien, die dann in den Bundestag kommen haben vielleicht kein Stimmrecht, aber sie können mitdiskutieren. Wir wollen eine kontrollierte Zuwanderung und Einwanderungswillige dann mit Sprach- und Integrationskursen fördern. Außerdem sind wir zum Beispiel gegen Waffenlieferungen aus Deutschland in Krisengebiete, für die stärkere Berücksichtigung von Kindern bei der Rentenberechnung, für ein bezahlbares Energiekonzept, starke Vereinfachung des Steuerrechts, für die Sicherung der dezentralen medizinischen Versorgung, Geld für Bildung und Rente statt für eine Schuldenunion... Das sind nur einige Punkte aus unserem Programm.

WOCHENBLATT: In der Öffentlichkeit hat die AfD den Ruf einer konservativen Partei – rechts von der Union. Haben Sie keine Angst, das falsche Publikum anzusprechen?

Timo Sturn: Radikale und Spinner haben bei uns nichts zu suchen. Wir brauchen keinen Extremismus – egal von welcher Seite – sondern Meinungsvielfalt. Deshalb müssen wir an unsere Themen denken und uns nicht aufhalten. Wir sind nicht rechts oder links, sondern vorne. Im Übrigen haben wir Zulauf von allen Seiten. Auch Migranten sind in der AfD. Es findet gerade eine wirkliche Bürgerbewegung statt.

WOCHENBLATT: Ihre Partei möchte Volksabstimmungen nach dem Schweizer Modell einführen. Was halten Sie von Bürgerbegehren zu Windkraft, Fluglärm oder Mobilfunkmasten hier in der Region?

Timo Sturn: Ob Sendemasten, Windräder oder Friedensinitiativen, es ist wichtig, dass die Bürger etwas tun. Prinzipiell tun sie das eher vor ihrer Haustüre. Dort, wo es sie betrifft. Deshalb ist es entscheidend, dass die Bürger mehr Mitspracherecht bekommen. Wir wollen mehr Elemente der direkten Demokratie in unserem Land. Dazu gehören Petitionsrechte sowie Volksentscheide auf Landes- und Gemeindeebene. Eigentlich müssten unsere vom Volk gewählten Vertreter das Richtige tun. Doch oft treffen die Abgeordneten Entscheidungen, die nicht zum Wohle der Bürger sind. So kam beispielsweise die Energiewende von heute auf morgen. Hier wurde die Krisensituation in Japan politisch ausgenutzt, ohne die Bevölkerung in die Diskussion miteinzubeziehen, die das Ganze letzlich bezahlen muss.

WOCHENBLATT: Sind Sie etwa ein Klimawandelkritiker?

Timo Sturn: Nein, ich bin kein Kritiker, das Klima wandelt sich seit Jahrmillionen. Aber man kann sich zurecht fragen, ob das CO2, das nur einen Anteil von 0,03% in der Luft hat wegen des Menschen das Klima verändert, oder eher über die CO2-Steuer auf Autos wieder mal den Geldbeutel der Menschen ändern soll. Wir benötigen ständig neue Forschung an neuen Energiekonzepten, aber auch an bestehenden, wie der Kernenergie. So gewann erst kürzlich ein Dual-Fluid-Reaktor, der eine Kernschmelze physikalisch unmöglich macht und keine Reststrahlung hinterlässt den GreenTec Award. Aber nur für kurze Zeit, politisch korrekt wurde der Preis unter der Schirmherrschaft von Peter Altmaier wieder aberkannt. Darüber spricht niemand. Nicht nur Energiewende oder Transferzahlungen verlangen nach unserer Solidarität. Letztere muss gewollt sein und dafür braucht es Bürgerbeteiligung.

WOCHENBLATT: Welche Projekte in der Region stehen auf Ihrer Agenda?

Timo Sturn: Die B33 nach Konstanz soll fertig gebaut werden. Dafür brauchen wir keine Lärmschutzverordnung von der EU. Das können wir selbst entscheiden. Im Fluglärmstreit mit der Schweiz muss Augenmaß vorherrschen. Die Schweiz und der Bodenseeraum sind nicht nur wirtschaftlich eng verflochten und führen eine Partnerschaft. Wir sollten daher Glaubwürdig bleiben und den Staatsvertrag endlich ratifizieren.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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