Ovationen zur Premiere des "Horrorladens"
Am Ende siegt immer der Hunger
Konstanz. Das Stück hätte gewiss das Zeug, um zum Dauerrenner zur werden, wenn man die Begeisterung des Konstanzer Theaterpublikums bei der Premiere der Inszenierung von Susi Weber als Regisseurin und Dramaturgin Carola von Gradulewski mit "Der kleine Horrorladen" vom Wochenende richtig deutet. Denn so oft muss ein Ensemble inklusive der Band sonst nie zurück auf die Bühne, um sich zu verneigen, und der Spaß des Ensembles an diesem Musical ist absolut nachvollziehbar. Denn aus dem alten Blumenladen im New York der 1960er wurde hier eine richtig mitreißende Party inszeniert, bei der es alleine schon ein Erlebnis war, wie oft sich Patrick O. Beck in diesem Stück verwandelte, vom Penner zum Blumenvoyeur und Kavalier, zum sadistischen Zahnarzt bis zum Boss einer Firma, die diese Erfolgsgeschichte gewinnbringend vermarkten will und damit zum Finale eigentlich den Grundstein für das Ende der Menschheit legt.
Das B-Movie, das einst in wenigen Tagen abgedreht und später nochmals als Music-Movie inszeniert wurde, war die Vorlage für diesen Geniestreich des Theaters. Und es fängt ein bisschen wie im Zirkus an. Die Kapelle mit Frank Denzinger, Benjamin Engel, Rudolf Hartmann, Wolfgang Kehle und Albert Ketterl sitzt auf dem Podest über dem "Horrorladen", der erst mal ein Blumenladen vor dem Untergang in der "Skid Row" ist, wie das ganze Viertel in einer Sackgasse. Dort muss Mr. Mushnik (Odo Jergisch) erkennen, dass er keinen Cent mehr in der Kasse hat und pleite ist. Doch als er schon seine Helfer Seymour (Jasper Diedrichsen) und Audrey (Kristina Lotta Kahlert) feuern will, präsentiert ihm Seymour seine Entdeckung aus einer Mondfinsternis: eine sonderbare Blume, die er aufgestöbert hatte.
Und die wirkt schon vom ersten Moment: Neue Kunden kommen, nur wegen dieser Blume. Die tauft Seymour aus besonderem Grund "Audrey 2", weil er in die Blumenverkäuferin verschossen ist, die sich in den Fängen eines sadistischen Zahnarztes befindet, der ihr nur Veilchen verpasst. Schnell wird klar, dass diese Blume auch einen besonderen Appetit hat: Blut, menschliches Blut.
Bald hat Seymour nur noch Pflaster an den Fingern und muss erkennen, dass die immer riesiger werdenden Pflanze auch immer mehr "Hunger" hat, wie sie mit der Stimme von Thomas Fritz Jung und Robert Buschbacher als Puppenspieler unmissverständlich deutlich macht. Denn schnell wird sie so groß, dass sie ganze Menschen verschlingen kann und immer mehr will. Da wird der geniale Blumenzüchter unversehens zum Mörder, sogar sein alter Chef wird in den Schlund dieses Ungetüms geworfen, als er Verdacht hegt. Das Monster aber ist damit längst nicht zufrieden.
Eine fantastisch surreale Story, die durch das Gesangstrio aus Chrystal (Lydia Roscher), Chiffon (Lilian Prent) und Ronette (Michaela Schmid), die sicher ein Dutzend Mal in neuen Kostümen den Laden, die Straße und die Bühne kapern, zur genial inszenierten Show wird. Und dabei hat man das Gefühl, dass man das Stück einfach nochmal und nochmal anschauen könnte. Echt gut gemacht und absolut kurzweilig, die ständigen Applauswellen nach verschiedenen Szenen waren Seismograph der Begeisterung im Publikum, das diesem zerstörten Traum vom Eigenheim in der Vorstadt liebend gerne folgte. Auch wenn das Ende leider absolut tragisch ist und am Schluss nur noch dieses Horrormonster von Blume auf der Bühne ist und "Hunger" schreit. Einfach selbst anschauen und erleben, kann man nur sagen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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