Projektionen über Nachfahren der Opfer
Aktion für ein neues Gedenken zum Holocaust im Konstanzer Zentrum
Konstanz. Zu einer ganz aussergewöhnlichen Gedenkveranstaltung wird auf den 28. Januar nach Konstanz mit einem Vortrag von Aleida Assmann und dem HTWG-Film-Projekt »Unsere Nachbarn – Verfolgungsgeschichten 1933 bis 1945« eingeladen, das sich über die Konstanzer Innenstadt erstreckt.
Viele Menschen kennen die »Stolpersteine«, mit denen an Opfer des Nationalsozialismus am Eingang zu deren letzter selbstgewählter Wohnstätte erinnert wird. Studierende der HTWG haben nun Filme über fünf dieser Menschen und ihre Nachkommen gedreht. Sie werden am 28. Januar auf ausgewählte Häuserfassaden in Konstanz projiziert werden.
Am Samstag, 28. Januar, um 19.30 Uhr wird im Kulturzentrum am Münster der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz im Jahre 1945 gedacht. »Doch wie kann der Shoah richtig gedacht werden? Dem begangenen Unrecht? Den erlittenen und in kommende Generationen übertragenen Traumata? Dass es getan werden muss, steht außer Frage«, sagt Prof. Andreas P. Bechtold, der Timebased Design im Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung lehrt.
Doch Erinnerungen verändern sich über die Generationen und damit ändere sich das Gedenken. Es müssten neue Formen gefunden werden, wie die Erinnerung lebendig gehalten werden kann. Auch weil es immer weniger Zeitzeugen gibt, die aus unmittelbarer Anschauung und Betroffenheit berichten können. Das ist eine der Fragen, die Prof. Dr. Dr. h.c. Aleida Assmann in ihrem Vortrag »Erinnern für die Zukunft« während der Gedenkveranstaltung im Wolkensteinsaal behandeln wird.
Diese Frage hat auch Studierende der Studiengänge Kommunikationsdesign an der HTWG beschäftigt. Charlotte English, Nomi Schaffrath und Helena Teichmann haben sich mit Professor Andreas P. Bechtold in diesem Semester die Aufgabe gestellt, neue Ausdrucksformen des Gedenkens zu gestalten. Sie stellen am Gedenkabend das Projekt und die Filme »Unsere Nachbarn – Verfolgungsgeschichten 1933 bis 1945« vor.
Die Studierenden führten Interviews in Konstanz und den USA (New York, Rochester und Chicago) und befragten Überlebende beziehungsweise deren Kinder und Enkel. Fünf exemplarische Lebensläufe von in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten Menschen werden so auf filmische Weise erfahrbar gemacht. Sie erzählen, was damals geschehen ist, wie die Opfer aus ihren Leben herausgerissen wurden, aber auch, dass Wut, Schmerz und Trauer in den kommenden Generationen noch immer präsent sind. »Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen« (William Faulkner).
Am Abend des 28. Januar werden von 19.30 bis 23 Uhr die kurzen Filme auf die Fassade der jeweiligen Gebäude projiziert, vor denen Stolpersteine an die verfolgten Vorfahren der Portraitierten erinnern. An Menschen, die fliehen mussten, weil sie Jüdinnen und Juden waren, oder die aufgrund politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen mussten. An Menschen, die ermordet wurden, weil sie unter einer psychischen Erkrankung litten.
Veranstalter sind: die Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Konstanz, der Volkshochschule Landkreis Konstanz e.V., VVN-BdA Kreisvereinigung Konstanz sowie der HTWG Konstanz.
Die Orte und porträtierte Personen im Einzelnen:
Werner Halpern in der Rosgartenstr. 12: Er konnte der Verfolgung mit einem Kindertransport entkommen und überlebte so den Holocaust. Seine Eltern starben.
Berta Amann in der Tägermoos-Str. 23, die aufgrund einer psychischen Erkrankung im Rahmen des T4-Programms ermordet wurde.
Ruth Schwarzhaupt in der Tägermoos-Str. 33 und Paula Goldlust in der Rheingutstr. 1, die beide durch Kindertransporte gerettet wurden. Sie konnten so der Verfolgung entkommen und überlebten den Holocaust. Ihre Eltern konnten sich nicht retten.
Hermann Venedey am Heinrich-Suso-Gymnasium in der Neuhauser-Straße 1, der aufgrund von politischer Verfolgung fliehen musste.
Weitere Informationen: Internetseite der Initiative: stolpersteine-konstanz.de
Das Projekt »Unsere Nachbarn – Verfolgungsgeschichten 1933 bis 1945« wurde freundlich unterstützt von der Stadt Konstanz, Arc e.V., Seitenbau GmbH, GFT Integrated Systems GmbH und der rise-up-foundation.
Autor:Presseinfo aus Singen |
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