Urteil im Mühliger Tötungsprozess nach vier Verhandlungstagen gesprochen
6,5 Jahre Haft wegen Totschlags in minderschwerem Fall

Landgericht Konstanz  | Foto: Am Landgericht Konstanz wurde das Urteil im Mühlinger Tötungsprozess gesprochen: Der 42-jährige Angeklagte aus dem Raum Stockach muss wegen Totschlags in minderschwerem Fall für 6 Jahre und sechs Monate hinter Gitter. swb-Bild: sw
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Konstanz/Stockach/Mühlingen. Das Urteil lautet auf 6,5 Jahre. Der 42-jährige Mann, der am Freitag, 24. Februar, seine 26-jährige Lebensgefährtin in seinem Haus in Mühlingen getötet hat, muss für sechs Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Nach dem Urteil das Landgerichts Konstanz unter dem Vorsitzenden Richter Arno Hornstein trägt der Täter zudem die Kosten des Verfahrens und die Kosten der Nebenkläger. Der im Februar erlassene Haftbefehl bleibt bestehen und in Vollzug. Der Verurteilte kann innerhalb einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen.

Das Gericht ging von einem Totschlag in minderschwerem Fall aus, bei dem das Strafmaß zwischen einem und zehn Jahren liegt. Bei der Höhe der Freiheitsstrafe sei die Kammer am oberen Rand des gesetzlichen Rahmens geblieben, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Er gehe von keiner geplanten Tat aus. Der Beweis dafür sei, dass der Verurteilte seinen siebenjährigen Sohn mit in das Haus genommen habe, obwohl der Tat heftige Streitereien vorangegangen waren. Auch liege kein Motiv für eine geplante Tat vor: Der Verurteilte habe die Frau geliebt, Gewalt- oder Aggressionsbereitschaft könnten nach der Mehrzahl der Zeugenaussagen ausgeschlossen werden, und eine pathologische oder übersteigerte Eifersucht liege nicht vor. Ob der 42-Jährige wegen der Prostitution des späteren Opfers eifersüchtig gewesen wäre, ließe sich nicht beweisen. Die Kammer müsse sich auf Fakten stützen. Zudem attestierte das Gericht dem Verurteilten verminderte Steuerungsfähigkeit. Allerdings ging die Kammer davon aus, dass die Einsichtsfähigkeit des Mannes nicht gelitten habe: Er habe seine Lebensgefährtin in den Schwitzkasten genommen, mit der linken oder der rechten Hand eine Druckverstärkung herbeigeführt, und ihr ein Kissen oder ein anderes weiches Material auf den Mund gedrückt. Daher habe der Verurteilte vier bis fünf Minuten starken Druck ausgeübt. Das setze den Vorsatz der Tötung voraus. Zudem hätte der Mann ja auch den Sohn nehmen und gehen können.

Eine »tragische Geschichte« nannte auch Richter Hornstein in Anlehnung an Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach die Verbindung zwischen dem Verurteilten und der 26-Jährigen: »Die Beziehung war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.« Ein naiver Mann mit wenig Lebenserfahrung trotz seines Lebensalters sei auf eine Frau mit massiven Persönlichkeitsstörungen und psychischen Problemen gestoßen. Es sei insbesondere die Frau gewesen, die durch ihr Verhalten Streitereien herbeigeführt habe. Entstanden sei ein »inkompatibles Beziehungsgeflecht«, was von beiden nicht erkannt wurde. »Er war blind vor Liebe, und er hat alles für sie getan«, so der Vorsitzende Richter. Trotz Distanz zum Freundeskreis, Bezahlen der psychologischen Behandlung, finanzieller Unterstützung, der Bereitschaft zur Übernahme der Kosten einer Brustvergrößerung und einer Paartherapie sei es dem Mann aber nicht gelungen, die Beziehung harmonisch werden zu lassen. Ein endlos langer Streit von den Abend- bis in die frühen Morgenstunden habe schließlich in das schlimme, das tödliche Ende gemündet. Auf das Nachttatverhalten wollte der Richter nach der ausführlichen Erörterung in den Plädoyers am Vortag nicht weiter eingehen.

Bereits am ersten Prozesstag hatte es sich nach Angaben von Arno Hornstein abgezeichnet, dass die Angaben des Angeklagten »Hand und Fuß gehabt« hätten. Der 42-Jährige hätte Verantwortung übernommen, ein Geständnis abgelegt und es vor Gericht wiederholt, die Polizeibeamten zu der im Wald versteckten Leiche geführt und Reue gezeigt. Zudem habe er sich zu Ende des letzten Verhandlungstages bei den Angehörigen entschuldigt. Die gesamte Beweiskette und die Zeugenaussagen hätten das von ihm Geschilderte bestätigt - auch mit Blick auf seine Persönlichkeitsstruktur. Die einzige belastendere Aussage einer Ex-Partnerin müsse kritisch betrachtet werden: Auf Nachfrage habe auch sie bestätigt, dass er sie nie geschlagen habe und nie handgreiflich geworden wäre. Auch habe die Aussage eines Ex-Freundes des Opfers, die am zweiten Verhandlungstag verlesen worden war, die Angaben des Angeklagten bestätigt: »Es war als hätte man eine Blaupause auf eine Beschreibung gelegt.« Auch der Ex-Freund hatte von Beißen, Schlagen, krankhafter Eifersucht, Handykontrolle und hysterischen Szenen berichtet. Es sei nicht allein dem Beklagten anzulasten, dass er die Beziehung nicht beendet habe - auch das Opfer hätte ja jederzeit gehen können.

Vier Tage war vor dem Landgericht Konstanz wegen des Verwurfs auf Totschlag verhandelt worden. In seinem Plädoyer hatte Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach sieben Jahre Freiheitsstrafe gefordert, der Verteidiger Peter Messmer hatte von drei Jahren Haftstrafe gesprochen. Die Verteidiger der drei Nebenkläger, von Vater, Mutter und Schwester des Opfers, hatten zwölf Jahre angesetzt.

Scharf hatte Richter Arno Hornstein zu Beginn seiner Urteilsbegründung die Berichterstattung des Privatsenders RTL angeprangert: Ein Gerichssaal sei kein Forum für Emotionen, die Kammer habe sich an Fakten und nicht an Spekulationen zu halten. Ein Gerichtsverfahren sei nicht dafür gedacht, die Einschaltquote durch reißerische, sensationsbehaftete Berichterstattung zu erhöhen. Hier würden wohl auch Beziehungen zwischen der als Nebenklägerin auftretenden Schwester des Opfers und dem TV-Sender bestehen. Das Landgericht sei zwar an Öffentlichkeitswirksamkeit und mediale Begleitung gewöhnt, doch dieses Verhalten des Senders sei »einem Gerichtssaal fremd«.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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