Machtübernahme
Mittelalterliche Läuterung des Markgrafen Florian von Hohenfels

Das Gerät, in welches die wütigen Bürger ihren Markgrafen Florian von Hohenfels gefesselt haben, nennt sich „Schandgeige“ und soll nicht nur vor dem Flüchten bewahren, sondern auch die Schande des Trägers beweisen. | Foto: Walter Tankred
  • Das Gerät, in welches die wütigen Bürger ihren Markgrafen Florian von Hohenfels gefesselt haben, nennt sich „Schandgeige“ und soll nicht nur vor dem Flüchten bewahren, sondern auch die Schande des Trägers beweisen.
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Hohenfels. Wildes Schneetreiben umtoste den beinahe weihnachtlich und weniger fasnachtlich anmutenden Dorfplatz vor dem Lustschloss des Markgrafen Florian zu Hohenfels. Hier hatte sich das höchst unzufriedene und auch feierwütige Volk versammelt. Es galt, im Beisein des mit tosenden Fanfarenklängen angekündigten Narrenelternpaars Königin Sissi und König Franz den schändlichen Herrscher wegen mannigfaltiger und schurkiger Vergehen unverzagt anzuklagen und entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen. Diese waren:

Erstens: Das teuerste Wasser der Region. Unerhört sei es, so klagte der Narrenpolizist an, in Hohenfels die allerhöchsten Wasserpreise im gesamten Hofstaat und deren Umgebung zahlen müssen. Andere Ländereien offerierten ihre Ländereien zu weitaus besseren Konditionen.

Zum Zweiten sei es ein Drama mit den ewigen Baustellen: So gebe es allerorten im Hofstaate schwierige Straßenverhältnisse, die den Alltag des Volkes einschränkten. Wie solle man denn, fragte der Polizist, erfolgreich den Hohenfelser Hofstaate erweitern, wenn man es nur mühsam über die vielen Umwege bis zur Grenze schaffte? Leider sei ein Ende noch immer nicht in Sicht.

Als dritter Punkt wurde die heimliche Hochzeit des Markgrafen Florian zu Hohenfels angeklagt: Eine Hochzeit ohne das Volk einzuladen, sei nämlich ein Affront gegenüber dem Volke. Dieses verdiene es schließlich, an solchen, wichtigen Ereignissen teilzuhaben. Man hoffe, so hieß es, dass das Volk dann wenigstens in die Feierlichkeiten zum 50-jährigen-Jubiläum des Hofstaates eingeladen sei.

Auch die Neuausstattung des Lustschlosses wurde, als vierter Anklagepunkt, moniert: Während das alte Mobiliar noch voller Tauglichkeit gewesen sei, hätte man das Schloss unnötigerweise neu ausgestattet. Dieses habe das Volk als Cent-Geber unnötig belastet.

Ferner überlasteten unzählige Überstunden des Markgrafen zu Hohenfels die Gemeinschaft, was gewiss zu Unzufriedenheit bei dessen Weibe und unter Umständen sogar zu Erschöpfungszuständen im Familienkreis führen könne.

Zu guter Letzt klagte man den gierigen Kauf des Markgrafen aller verfügbaren Hütten, Grubenhäuser und Anwesen an. Denn dies blockiere den Markt und erschwere es normalem Volke, sich im Staate Hohenfels niederzulassen.

Zusätzlich standen übrigens weitere Mitglieder des Hofstaates vor Gericht, als da waren: Britta Baier wegen peinlichster Genauigkeit im Einwohnermeldeamt, die zu endlosen Verzögerungen und Frustrationen führe und Daniela Widmann ebenfalls wegen ihrer heimlichen Hochzeit, die ohne das Wissen und die Teilnahme des Volkes stattgefunden habe. Tanja Gitschier klagte man an wegen Stückländerei sowie David Ossola wegen Erbsenzählerei. Gegen Iris Lohr lägen zwar keine spezifischen Anklagepunkte vor, doch wurde sie der Vollständigkeit halber einfach mit angeklagt.

Um seine Ehre zu retten, gab das zurecht wütende Volk und die gerechten und gnädigen Narren dem Markgrafen jedoch eine Chance: Er durfte auf stählernem Rappen (Roller) versuchen, den wilden Drachen zu besiegen, der auf der Burg oberhalb des Lustschlosses wohnte und die Dorfbewohner mit seinem Feuergespucke tyrannisierte.

Walter Tankred

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Redaktion aus Singen

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