"Passion der Freiheit" in der Hilzinger Remise
"Träumet die Freiheit nicht, sondern lebet sie"
Hilzingen. Der Hilzinger Aufstand im Jahr 1524 brachte zahlreiche Ereignisse mit sich. Eines hiervon wurde nun unter dem Titel "Passion der Freiheit" am Freitag, 13. September in der Remise des Hilzinger Museums im Schlosspark uraufgeführt.
Dreh- und Angelpunkt des von Gerd Zahner und Johannes Stürner geschriebenen und von Mark Zurmühle brilliant inszenierten Stücks ist dabei die Geschichte von Marie, einer Frau, die sich, als Mann verkleidet, während des Aufstands ebenfalls für die Freiheit der Hegauer Landwirte einsetzte. Hierfür musste sie einen hohen Preis bezahlen, und zwar den, die Sturmglocke, mit der die Bauern zum Aufstand läuteten, nach Bregenz zu bringen, im Gegensatz zu ihren Mitstreitern jedoch nicht an einer Eiche aufgehängt wurde.
Der Ruf der Freiheit
Alleine schon die Tatsache, alle Rollen, vom Glockengießer über den Reisläuferwerber bis hin zum Henker, mit Frauen zu besetzen, war der Coup dieser Inszenierung, die sich in zwölf Bildern ganz am mittelalterlichen Tableau orientierte. So bot dies die perfekte Möglichkeit, die damalige Männerwelt auf der mit Hackschnitzel inmitten der Remise bestreuten Bühne aus einer weiblichen Perspektive zu erzählen und damit den Menschen unabhängig von einer Geschlechter-Zuschreibung zu begreifen.
"Träumet die Freiheit nicht, sondern lebet sie" läutet dabei das erste der zwölf Bilder ein, als sich Marie, gespielt von Cyana, aufmacht, um beim Glockengießer (Anny de Silva) ihre Arbeit aufzunehmen. "Wenn man schlampert", macht dieser unmissverständlich klar, "kann es sein, dass die Glocke für immer stumm bleibt." Dabei erkennt er auch die Eignung und Fähigkeit von Marie ("Aus den Dummen wird was Gutes"), die selbst ihre eigene Glocke liebt. Diese Liebe ist gleichzeitig auch dem Ruf der Freiheit verbunden, einem von vielen Gefühlen, dem sich die Landwirte stark entgegensehnten und durch das Läuten der großen Sturmglocke verstärkt wurde.
Kirchweih als Revolution
"Freiheit, Gerechtigkeit, Brot" wird nach dem Hochziehen der Sturmglocke sogleich zum Ausdruck des Willens, sich dem Adel zu stellen und sich für die eigenen Rechte einzusetzen. "Es muss aufhöre mit dem müsse", entgegnet ein von Katharina-Sara Harbecke verkörperter Landwirt. "Wenn eine Glocke läutet, tun es alle", bestärkt Marie ihre Mitstreiter. Die Kirchweih, da waren sich in diesem Moment vermutlich alle in der Remise einig, soll der Revolution dienen. Unter den perfekt dazu passenden Klängen der Freiheit von AC/DCs "Hells Bells" wurde schließlich die Sturmglocke geläutet. Alleine durch das durch die Bank großartige Spiel von Cyana, Anny de Silva, Lydia Leist und Katharina-Sara Harbecke wurde dem Publikum in der ausverkauften Remise das Gefühl geschenkt, dass hier nun wirklich jede Sekunde im "heutigen" Hilzingen die Menschen zum Aufstand auflaufen. Dabei lassen sich die Bauern auch nicht vom Adel aufhalten, der diese als "Pack" bezeichnet und die Gemeinde nur noch brennen sehen will.
Ein "Geschütz ohne Munition"
Doch der "Aufstand ohne Schuld" wird für die Hauptakteure zur brutalen Realität, bei der die Welt "im Fleischwolf" endete, und die Revolution wurde zum "Geschütz ohne Munition". Waren die Bauern nun, nachdem der Adel auch den letzten Gegnern die Hände abtrennte und sie mit dem Kopf im Eimer ertränkte, mittellos, "wischte sich der Tod mit dem Hegauer Vertrag den Mund ab". Bevor jedoch die Schuldigen "wie Glocken an den Seilen hingen" und damit auch Maries zuvor durch ein Mundharmonika-Spiel geäußerte letzte Hoffnung auf Freiheit, Gerechtigkeit und Brot genommen wurde, erschraken die Henker urplötzlich beim Anblick der Protagonistin, die vor dem Galgen ihr Hemd abstreifte und damit ihr wahres Gesicht zeigte. Es beantwortete auch die Frage des Schlusslieds "What Was I Made For" von Billie Eilish, so sind und waren dies Individuen jeden Geschlechts, die sich für die Rechte der Landwirte einsetzten und laut Marie wie viele, die die Freiheit liebten, bereit dafür waren, alles zu tun.
Das Stück "Passion der Freiheit" ist noch bis zum 21. September in der Remise des Museums im Hilzinger Schlossparks zu sehen. Tickets und Infos gibt es unter www.diegems.de/theater.
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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