Unternehmen sind selbst schon lang aktiv
Gottmadinger Energiewende findet auch auf den Industriedächern statt
Gottmadingen. Auch in Gottmadingen wird eine Energiewende von vielen Seiten aus angepackt – schon vor dem neuen Druck durch die Ukraine-Krise. Zum Beispiel auf den Dächern des Industrieparks bis zum Industriegebiet und auch auf »D'Fabrik« im alten Fahr-Areal. Hier gehen die Unternehmer und Immobilienverwalter selbst zu Werke, wie kürzlich im Rahmen einer Medienkonferenz durch Bürgermeister Dr. Michael Klinger und Wirtschaftsförderer Thomas Schleicher vermittelt wurde.
Schon seit 2011 sind dort auf mehreren Dachflächen der Unternehmen immer wieder neue Anlagen für Photovoltaik entstanden, wie hier vorgestellt wurde. Die Dächer der Unternehmen Transco, der DAK-Zentrale am Kreis, verschiedene durch »Constellium« genutzte Industriehallen und auch Teile der alten Fahr-Fabrik wie auch die Dächer im alten Fahr-Bucher-Areal, inzwischen ein Büro- und Produktionshaus, werden für die Gewinnung von Sonnenstrom genutzt. Bürgermeister Dr. Michael hat zusammengerechnet: aktuell sind dort Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund drei Megawatt/Peak in Betrieb. Das würde rechnerisch für die Versorgung von 862 Haushalten mit drei Personen ausreichen. Und die Flächen sollen nun erweitert werden, möglichst bis zum kommenden Jahr, wie durch die Vertreter der Unternehmen vermittelt wurde. Und zwar noch um rund 2,3 Megawatt/Peak, was dann die Zahl der rechnerisch mit diesem Sonnenstrom versorgten Haushalte auf über 1.500 erhöhen könnte. Bei einem Kilowatt/Peak geht man davon, dass damit etwa zwischen 950 und 1.260 Kilowattstunden übers Jahr erzeugt werden können, je nach der Intensität der Sonnenstrahlung. »Mit einer Fläche von über fünf Hektar hätten wir hier schon eine kleinere Freiland-Solaranlage auf den Dächern verteilt zusammen«, zeigte sich Bürgermeister Dr. Klinger erfreut.
Diese Freude teilen die an den Projekten mitbeteiligten Unternehmen auch. Andreas Zeiser-Radtke, der das ehemalige Fahr-Bucher-Areal übernommen hatte und nun als Büro- und Produktionshaus auf dem Markt hat, nutze schon bald alle verfügbaren Flächen – falls eben Handwerkerkapazität und Liefervolumen verfügbar wären. Zusätzlich wolle man den Stromverbrauch auch durch die komplette Umstellung auf LED-Leuchtmittel reduzieren. Theoretisch könnte man dort 60 Prozent des Eigenbedarfs an Strom durch die Anlage auf dem Dach decken, nach der Umstellung sogar 80 Prozent. Weil das aber sehr kompliziert ist, und der Immobilienbesitzer zum Stromhändler werden müsste, geht der Strom auf den »freien Markt«, wie Zeiser-Radtke betonte. Auch auf den Constellium-Hallen, die zwei verschiedenen Immobilienfonds gehören, ist in Sachen Photovoltaik noch »Luft nach oben«. Matthias Bentz dessen Arbeitgeber DIC das DAK-Gebäude und einen Teil des älteren Constellium-Areals hier vor drei Jahren übernommen hat, und Patrick Dürrholdt vom Immobilienkonzern »Frasers Property« (Haupstitz Singapur), der den anderen Teil der Constellium-Hallen von den bisherigen Eignern übernommen hat, einschließlich des Parkhauses, hatten die Dachflächen von Sachverständigen unter die Lupe nehmen lassen, um hier das Erweiterungspotenzial zu erörtern. »Da haben wir schon gewichtige Flächen, zumal die neuen Hallen direkt an der B 34 noch gar nicht belegt sind«, so Dürrholdt beim Mediengespräch. Die Bereitschaft der Immobilienkonzerne sei gegeben, die Flächen zur Verfügung zu stellen und auch zu investieren. Das will man auch am Gottmadinger Standort von Transco, der die längste Tradition hier beim Sonnenstrom habe, sagt Standortleiter David Bücheler. 1,25 Megawatt/Peak kämen alleine von den dortigen Dächern mit knapp 20.000 Quadratmetern, durch ein beantragte bauliche Erweiterung des Standorts in Gottmadingen könnten es nochmals 300.000 kW/P werden, kündigten sie an. Hans-Peter Repnik, der für die »3R-Immobilien« der alten Fahr-Fabrik steht, hat vieles, was an Dachflächen möglich ist, auch schon für die Stromgewinnung vermietet. Der Strom gehe an die Thüga, so Repnik. »Auf den traditionellen Sheddächern geht da wenig«, so Repnik. Aber man wolle machen, was auch möglich sei.
56-Dächer-Programm
Nicht ganz so euphorisch ist die Gemeinde Gottmadingen mit ihren eigenen Plänen für Beiträge in Richtung Klimaneutralität. Es gibt einen Grundsatzbeschluss des Gemeinderats, dass man ein bis zwei Prozent der Gemeindefläche für regenerative Energien, in dem Fall Photovoltaik, auch über eigene Flächen umsetzen wolle. Und da gibt es auch schon eine Liste möglicher zwei bis drei Standorte, die sich aus einer Liste von zunächst 13 herauskristallisierten, die aber fast alle den gleichen Haken haben: Die drei Energieversorger, die die Gemarkung mit Leitungen durchqueren, könnten nur sehr begrenzte Aufnahmekapazitäten für den Strom bieten. Sie reichen dafür nicht aus, was die Gemeinde »liefern« will. Und selbst könnte sich die Gemeinde den Bau einer Leitung zum Transport des Stroms nicht leisten.
Zudem hatte die Gemeinde ausloten lassen, was am Sonnenstrom von den gemeindeeigenen Gebäuden kommen könnte. 56 Dächer sind das, und die Gemeinde hat dafür 800.000 Euro in den Haushaltsplan gestellt. Aber die Gemeinde benötigte einen Partner, der das Projekt umsetzt, vor allem den Strom auf den Markt bringen kann. Die Klage über die Bürokratie solcher Unternehmungen war scharf, und auch die über Lieferzeiten wie Fachkräftemangel. Sonst wäre man hier schon viel weiter, so das Fazit des Mediengesprächs.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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