Gelungener Einstand für Vicente Sierra
Eine neue Handschrift beim MV Gottmadingen

Vicente Serra mit dem Starposaunist Fredi Sonderegger aus St. Gallen bei der deutschen Uraufführung des Concertinos »TBone und Jacques« am Samstagabend in der Eichendorff-Schule zum ersten Jahreskonzert unter neuer Leitung. | Foto: Fiedler
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  • Vicente Serra mit dem Starposaunist Fredi Sonderegger aus St. Gallen bei der deutschen Uraufführung des Concertinos »TBone und Jacques« am Samstagabend in der Eichendorff-Schule zum ersten Jahreskonzert unter neuer Leitung.
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Gottmadingen. Das Konzert war von vielen mit Spannung erwartet worden, denn für den Musikverein Gottmadingen bedeutete es den ersten großen Auftritt unter dem neuen Dirigenten Vicente Sierra aus Valencia, der im Mai den Dirigentenstab übernommen hatte, nachdem Markus Augenstein diesen Klangkörper über 30 Jahre geprägt und geformt hatte.

Der Umbruch für den Verein wurde freilich auch dadurch an diesem Abend deutlich, dass doch einige Instrumente von Gastmusikern der Musikvereine Rielasingen-Arlen, Randegg und Bietingen besetzt werden mussten, um Lücken zu füllen. Doch mit dem Konzert konnte auch ein Zeichen des Neustarts gesetzt werden, mit der Möglichkeit zu neuen Pfaden.

Ganz traditionell ging es freilich mit dem "Heilsberg-Marsch" des Vor-Vorgängers Stefan H. Bretz als Verneigung vor der Geschichte des Vereins los, doch wurde - das hat Tradition bei den Konzerten in Gottmadingen - schon im zweiten Stück "Tbon and Jacques", von Ferrer Ferran aus Spanien, mit dem Starposaunisten Fredi Sonderegger aus St. Gallen die große Herausforderung gesucht.

Das Stück, das speziell für die Solo-Posaune und Orchester komponiert wurde, nimmt sich die Zeichentrickserie "Tom & Jerry" als Vorlage, in der es ja immer extrem turbulent zugeht und die Katze in der Folge mehrfach ihre Auferstehung feiern darf. Das Stück dürfte jedem Musiker Schweißperlen auf die Stirn treiben angesichts der vielen Tempo-, Rhythmus- und Registerwechsel. Fast so schnell, wie sich Katze und Maus in ihren Episoden jagen.

Aber es hat ziemlich alles geklappt - und das war, abgesehen vom musikalischen Genuss eines doch nicht gewöhnlichen Genres, ein wichtiges Signal. Fredi Sonderegger brauchte nach dem intensiven Parforceritt an seinem Instrument da noch etwas Auslauf und steuerte als ganz besonderes Bonbon noch ganz solo die "Elegy for Mippy II" bei. Schon das machte diesen Abend zum einmaligen Ereignis.

Die Musiker begaben sich nun aber erst mal in österreichische KuK-Zeiten, mit einer Reise durch das Musical "Elisabeth" in der niederländischen Fassung von Johan de Meij, hier als Instrumentalstück, bevor mit einer Reprise der 1980er Jahre noch mal richtig Gas gegeben wurde, vom "Sternenhimmel" bist zum "Skandal im Sperrbezirk" und den fröhlichen Aspekten dieses Jahrzehnts.

Nach der Pause ging es sozusagen in Sektlaune in Richtung südländisches Temperament, was man sich vom Publikum in Sachen Applaus auch noch wünschen kann, für die doch verwegenen musikalischen Inszenierungen, bei denen das Orchester gar nach spanischer Sitte um Cello und Klavier verstärkt wurde und das eine Menge wechselnder Soli bot.

Und schwups wieder nach Österreich, aber diesmal nach Südtirol, wo die Musiker nun die spannende Geschichte von "Ötzi" (aus bewährter Feder von Otto M. Schwarz) erzählten und es sogar schafften, schmelzendes Gletschereis in Töne zu fassen und den Kampf um Leben und Tod, dem der erst Ende des letzten Jahrtausends im Gletschereis entdeckte Jäger der Kupfersteinzeit heimtückisch von hinten beschossen erlag. Peter Gassner wusste an diesem Abend, als Moderator eine Menge zu erzählen über die Musik.

Und die Überraschungen waren lang noch nicht zu Ende. Auch mit "The Legend of Marcaibo" von Jose Alberto Pina wurde Neuland betreten und die Seeschlacht von Vigo vor über 300 Jahren dramatisch tonmalerisch in Szene gesetzt. Auch hier musste der Klangkörper manch heftige Wendung vollziehen, dem neuen Dirigenten mögen nach diesem Stück sicher auch einige Steine vom Herzen gefallen sein, weil's auch gut gelungen war. Obgleich man als Zuhörer hier manches Deja-Vue in Erinnerung mancher Filmmusik hatte. Fast schon entspannt schritt dieser bewegte Abend mit den "Danzón N° 2" von Arturo Marquez aus Mexico
in die Zielgerade als Umarmung zwischen Musik und Tanz.

Und auch die Fachleute zeigten sich durchaus beeindruckt von dieser Premiere, die natürlich nicht ohne Zugaben und herzliche Gratulation von der Vorsitzenden des Musikvereins, Petra Hennig, und Präsident Thomas Conrady enden durfte. Vieles an diesem Abend kam durchaus "leicht" daher, aber es forderte die Musiker immer wieder von neuem heraus.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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