Szenische Lesung über Heinz Heilbronn
"Vergangenes soll nicht vergessen sein"
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- Die darstellenden Schülerinnen und Schüler des Hegau-Gymnasiums, gemeinsam mit der Leiterin derer Theater-AG, Katja Rothfelder (hinten, 3. von rechts neben Ina Appel), Heinz Brennenstuhl (hinten, 1. von rechts) und Bürgermeister Thomas Auer.
- Foto: Philipp Findling
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Gailingen. Zu einer "dramatisch bewegten Reise in die Vergangenheit" lud der Verein Jüdischer Geschichte Gailingen gemeinsam mit der Gemeinde Gailingen und dem Jüdischen Museum Gailingen am 27. Januar in die Hochrheinhalle ein. Dabei gestaltete sich die szenische Lesung aus den Tagebüchern von Heinz Heilbronn zu einem Zwiegespräch zwischen gestern und heute.
Aufgeführt wurde das Stück von der Theater-AG des Singener Hegau-Gymnasiums unter der Leitung von Katja Rothfelder. "Das Stück zeigt", so Heinz Brennenstuhl, Vorsitzender des Vereins Jüdischer Geschichte Gailingen, "wie selbstverständlich jüdisches Leben damals in Gailingen war." Deutschland trage vor dem Hintergrund der Shoa, der Entrechtung und der Ermordung von sechs Millionen europäischer Jüdinnen und Juden, eine besondere Verantwortung im Erinnern an und im Kampf gegen Antisemitismus, betonte Bürgermeister Dr. Thomas Auer.
"Erster aufrechter Jude"
"Demokratie", so Ina Appel, wissenschaftliche Leiterin des Jüdischen Museums Gailingen, "lebt im Alltag von Menschen, die sich mit Respekt begegnen." Auch die Tagebucheinträge von Heinz Heilbronn zeigen, dass es um Leben und nicht um Tod gehe. Sie zeigen laut Appel die Gefühlswelt jüdischer Menschen während des Aufstiegs des NS-Regimes. Der Protagonist selbst wurde nach Angaben des Museums 1920 in Gailingen geboren und entstammte einer wohlhabenden Arztfamilie. Er musste unter anderem nach seiner Ausbildung von 1942 bis 1945 in ein Schweizer Arbeitslager in Bern. Heilbronn folgte seiner Familie erst nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kenia, ehe er mit Kriegsende kurz vor seiner Ausreise nach Palästina als "erster aufrechter Jude" für vier Stunden Gailinger Boden betrat. Heinz Heilbronn starb nach Quellen des Jüdischen Museums am 1. März 1972.
Tagebucheinträge als Szenenbild
In der herausragenden Inszenierung von Katja Rothfelder wurden von den neun Schülerinnen und Schülern abwechselnd szenisch Tagebucheinträge Heilbronns vorgetragen. Das wahrlich Besondere hieran war das Bühnenbild selbst, bestand es neben einer echten Hegauer Schulbank aus dieser Zeit, aus zwei Wänden, bestückt mit digitalen Kopien der im Stück vorgetragenen Einträge.
Vor allem durch den Ausdruck "Oh, armes Deutschland, wenn das die Retter Deutschlands sind" wurde der Bezug zur aktuellen Realität spürbar. Trotz des Aufstiegs des NS-Regimes wurde hier aufgezeigt, dass das jüdische Leben damals nicht nur grauen Alltag, sondern auch Freude mit sich brachte. So auch ein Besuch im jüdischen Heim in Wangen, wo man auch mit Juden aus Frankfurt und Karlsruhe einen Tag in Gemeinschaft verbrachte.
"Es ist schwer ein Jude zu sein, aber schön", schilderte Heinz Heilbronn hieraus. Perfekt gewählt war das "Finale" des Stücks, so endet dies mit der Nachricht des Aufrüstens der Großmächte im Jahr 1935. "Wie es ab da weiterging", so Katja Rothfelder, "wissen wir alle." Zum Abschluss verlas Heinz Brennenstuhl noch einige Worte der Nachfahren Heinz Heilbronns, die der Aufführung nicht beiwohnen konnten. Hierin hieß es unter anderem bemerkenswerterweise: "Vergangenes soll nicht vergessen sein, aber es liegt hinter uns."
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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