Bürgerversammlung über das Kroneareal
"Wir müssen schnelle Integration ermöglichen"

Die Bauarbeiten auf dem Kroneareal haben bereits begonnen und sollen im besten Fall Ende 2024 abgeschlossen sein.  | Foto: Philipp Findling
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  • Die Bauarbeiten auf dem Kroneareal haben bereits begonnen und sollen im besten Fall Ende 2024 abgeschlossen sein.
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Engen. Die ewige Diskussion um die Flüchtlingsunterbringung nimmt auch in Engen kein Ende. Dies bewies auch die Bürgerversammlung in Anselfingen am Donnerstagabend, bei der es hauptsächlich um das ehemalige Kroneareal ging, auf welchem nun bald schon Flüchtlinge unterkommen sollen.

"Das heute ist für mich schon etwas ganz besonderes", offenbarte Engens Noch-Bürgermeister Johannes Moser im voll besetzten Bürgerhaus. So fand die erste Bürgerversammlung unter seiner Führung im damaligen Gasthof Krone statt, womit sich für ihn ein Kreis schließe. Ausgerechnet in dem Gebäude, auf dessen Gelände nun drei Flüchtlingsunterbringungen gebaut werden. 
Laut der aktuellen Statistik vom 1. Juli 2023 sei man in Engen mit 60 Personen im Defizit, dies könne sich jedoch mit den neuen Daten vom 1. Oktober, welche man demnächst erhalten werde, schnell ändern.  "Wir haben unter anderem schon das Schlössle in Bittelbrunn angemietet. Jedoch ist auch hier unsicher, ob dieser Standort gehalten werden kann", so der Bürgermeister. "Das Thema betrifft nicht nur uns, sondern alle Kommunen in ganz Deutschland", machte Moser deutlich. Auch aufgrund anderer Themen wie der Schulentwicklung und Kindergartenplätzen stehe man "stark unter Dampf". Dabei verwies er unter anderem auch auf das Positionspapier und den Brandbrief, womit er vor ein paar Monaten als Kreisvorsitzender des Gemeindetages Baden-Württemberg auf die aktuelle Situation in den Landkreisen aufmerksam machte. "Wir möchten es nicht so weit kommen lassen, um am Ende nur noch Möglichkeiten zu haben, die wir ungern nutzen möchten", stellte Moser klar und verwies auf Sporthallen oder auch Containersiedlungen. Auch wenn gerade ein politisches Umdenken stattfinde, so müsse sofort reagiert werden. "Allerdings habe ich den Eindruck, dass der Zufluss noch größer wird, sollte weiter nichts passieren."

Auf dem jetzigen Kroneareal seien laut Stadtbaumeister Matthias Distler 27 Wohnungen auf insgesamt drei dreistöckige Gebäude verteilt geplant, welche nach den zehn Jahren als Flüchtlingsunterbringung als mietgünstigen Sozialwohnraum weitergenutzt werden könne. Das Grundstück habe man 2012 erworben und das Gebäude vor etwas mehr als zwei Jahren abgerissen. "Die Gebäude werden nach hinten ins Gelände gebaut, um eine Ausrichtung zur Straße zu vermeiden", so Distler. Aktuell sei man so weit, dass man vor Kurzem mit den Erdarbeiten beginnen konnte, um dort die geplanten Tiefgaragen und Kellerräume zu bauen. "Wir wollen noch vor dem Winter die Bodenplatten einbauen und Kellerwände hochziehen, um ungünstige Bausituationen in den kalten Monaten zu vermeiden."
Die Zuwegung erfolge fußläufig in Richtung Anselfingerstraße sowie nach oben hin in Richtung Sportplatzstraße. Jedes der drei Stockwerke werden zwei kleine Wohnungen à 32 Quadratmeter und eine große Wohnung à 65 Quadratmeter beinhalten. Die Erschließung erfolge laut Distler über die Treppenhäuser, auch eine Ruhezone vor den Wohnungen sei geplant. Balkone seien bei diesen Gebäuden nicht vorgesehen, eine Nachrüstung jedoch problemlos möglich. 
Auch das Thema Nachhaltigkeit müsse man bei den Unterkünften berücksichtigen, wie Distler verlauten ließ: "Aufgrund der aktuellen Bauvorschriften müssen wir auf allen Dächern Photovoltaikanlagen unterbringen. Hiermit können wir jedoch einen hohen Stromertrag erzeugen." Zudem sei auch eine Begrünung vor den Gebäuden geplant. Wie auch viele andere geplante Bauten im Landkreis plane man auch bei der Flüchtlingsunterbringung in Anselfingen mit einer Holzbauweise, welche eine Art Plattenstruktur aufweisen werden. "Allgemein handelt es sich bei diesen Gebäuden um identische Baukörper, was uns einen schnellen Baufortschritt garantiert", so Distler.
Das Ziel sei es, mit den Häusern, welche Gesamtkosten von bis zu 4,8 Millionen Euro mit sich bringen und mit 1,1 Millionen Euro vom Land gefördert werden, bald fertig zu sein, spätestens jedoch Ende 2024. "Dann müssen wir nämlich die Geflüchteten unterbringen", verdeutlichte Distler. Die schmale und schlanke Kubatur entspreche in etwa der des alten Rathauses und fügen sich seiner Ansicht nach ganz gut in die Gebäude.

"Mit diesen Wohnungen wollen wir auch aufgrund abgeschlossener Bereiche für eine bessere Sozialstruktur sorgen", so Johannes Moser. Insgesamt seien es 70 Personen, die man hierin unterbringen könne. Dabei möchte man darauf achten, nur Menschen dort unterzubringen, welche diese Wohnungen auch wertschätzen und einen pfleglichen Umgang damit haben. 
"Wir müssen hier örtliche Gruppen finden, welche sich um die Menschen kümmern und eine schnelle Integration damit ermöglichen", entgegnete der Bürgermeister auf die Frage eines Bürgers, wie man hier im Ort, in dem die Geflüchteten dann gut zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen würden, Integration ermöglichen wolle. "Ich bin auch schon länger für eine Arbeitspflicht. Vor allem, weil in Bereichen wie der Gastronomie die Plätze dafür da sind", so Moser.
Es gelte in diesem Fall, zusammenzustehen und diese Möglichkeit zu nutzen, damit sich diese Menschen wohlfühlen. Eine Unterkunft auf dem möglichen Grundstück des Sportplatzackers sei auf Nachfrage eines Bürgers derzeit nicht möglich, für Moser jedoch in Zukunft "auch nicht ausgeschlossen".
Die Unterkünfte im Kroneareal werden nicht die letzten sein, wenn sich allgemein in der Flüchtlingspolitik nichts ändere. "Die einzigen Länder, die hier gerade mitmachen, sind Griechenland, Italien und Deutschland. Die anderen Länder in Europa ducken sich dabei aber stets weg. Das kann und darf nicht sein", zeigte sich Moser enttäuscht.
Auf die Frage, ob den ein Lärmschutz gewährleistet sei, antwortete der Rathauschef, dass man derzeit keine Ansatzpunkte sehe, dass Kriminalität oder Lärmbelästigung vorkommen werde, "garantieren können wir dies jedoch nicht". Er hoffe dabei auch, dass man vor allem Familie oder Frauen mit Kindern unterbringen könne. "Dies ist ausdrücklich der Wunsch des Gemeinderats." Dabei gelte es dann seitens der BürgerInnen, die Menschen darauf hinzuweisen, etwas ruhiger zu später Stunde zu sein. "Ich hätte mit diesem Thema schon viel früher zu Ihnen kommen sollen", gesteht Moser ein. Aufgrund der starken Dynamik jedoch dieser Thematik und dem Zeitdruck des Landratsamts, Flüchtlinge unterbringen zu müssen, musste man so schnell wie möglich handeln. "Umso wichtiger ist es für mich nun, heute zu Ihnen gekommen zu sein, um für meinen Fehler grade zu stehen." 
Es gelte nun, endlich mal das Ortsteildenken ad acta zu legen und gemeinschaftlicher zu denken, stellte Moser klar. "Auch wenn sich die Zeiten rapide ändern, ist es umso wichtiger, die örtlichen Strukturen zu erhalten, denn nur darin kann eine Integration dieser Menschen möglich sein." Dabei sprach er sich auch klar dafür aus, die Geflüchteten früh in das Ehrenamt zu integrieren. Auf die Frage, wohin sich die Geflüchteten bei Sozialanliegen wenden könnten, entgegnete Hauptamtsleiter Jochen Hock, dass man sowohl im Bahnhöfle in Welschingen als auch in der Sonne in Engen eine Integrationsmanagerin habe, die sich um die Anliegen der Menschen kümmern. "Zudem ist es auch eine Option, kleine Wohnungen im Kroneareal als Büro für die Integrationsmanagerin zu nutzen", ergänzte Hock. 

Auch wenn der Engener Bürgermeister bald nicht mehr sein Amt, auch als Kreisvorsitzender im Gemeindetag, nicht mehr ausführe, so konnte er den Anselfingern am Ende dieser doch lebhaften Diskussion eines garantieren: "Die Mühlen arbeiten weiterhin viel zu langsam. Wir jedoch werden den Finger nicht aus der Wunde legen, sondern weiter dafür kämpfen, dass sich diese Situation so schnell wie möglich ändert."

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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