Interessanter Auftakt von »Buntes Engen« am Sonntag
Mal rein, mal raus
Engen. Die Welt ist sozusagen in Engen zuhause, und das schon länger. Das wurde auch bei der Auftaktveranstaltung von »Buntes Engen« nochmals unterstrichen. Denn in Engen gebe es akutell BürgerInnen aus 71 Nationen, wobei durch die Flüchtlingskrise der letzten beiden Jahre nur 13 Nationen hinzugekommen sind, wie Bürgermeister Johannes Moser zur Eröffnung der Veranstaltungsreihe im Foyer der Stadthalle informierte. Der Anteil von 13 Prozent Mitbürgern mit ausländlischen Wurzeln erscheint da eher gering.
Kreisarchivar Wolfgang Kramer, der an diesem Nachmittag den Reigen der Vorträge mit seinem Blick auf »1.000 Jahre Zuwanderung im Hegau« würzte, hat herausgefunden, dass die Zahl der »Ausländer« im Jahr 1961 sogar mal bei 22, Prozent lag. Wie sehr sich sich Flüchtlingsgeschichten wiederholen, machte sein Vortrag sehr spannend deutlich. Zuerst kamen Juden aus Frankreich vor 800 Jahren, als die Pest die Menschheit dezimierte, gab es eine willkommene Gelegenheit auch Juden - und damit die Gläubiger- wieder loszuwerden. Österreichischer oder Spanischer Erbfolgekrieg, Missernten und Naturkatastrophen waren auch Fluchtgründe für die Hegauer. In den »Banat« wollten damals so viele Menschen auswandern, so dass dort eine Obergrenze dafür sorgte, dass die Aussiedler nach Ulm zurück geschifft wurden. Auch im Hegau gab es damals Agenten, denen die Bauern ihr Hab und Gut für ein Ticket übers Meer nach Übersee überlassen mussten. Und in die Schweiz zog es noch viel mehr, wie mit Zahlen belegt wurde. Selbst Christoph Blocher, der Hardliner der Schweizer SVP, habe seine Wurzeln im schwäbischen Rottweil.
Gäste aus Italien habe Engen schon Mitte des 19. Jahrhunderts bekommen, durch das Unternehmen Schiesser. Die Jungen Damen wurden in Wohnheimen untergebracht, über die der Pfarrer streng wachte, mit dem Bau der Eisenbahn durch den Schwarzwald kamen dann die Italienischen Männer nach. Eine zweite Welle kam zum Wirtschaftswunder an, als gerade die Flüchtlinge zum Ende des zweiten Weltkriegs hier Fuß gefasst hatten.
Auch der Engener Jugendgemeinderat, der durch die aktuelle Vorsitzende Karen Bieler vertreten war, ist ein Produkt von Einwanderungen und daraus entstandenen Spannungen. Damals gab es Zoff mit den Rußlandeutschen, die um die Jahrtausendwende kamen. Das Jugendgremium schuf damals einen Friedenstag, um zu einander zu finden. Wie das in der Gegenwart gelingen könnte, machte der Hohenhewenchor vor, der zur Begleitung afrikanischer Trommeln sang.
In einer Kreativwerkstatt wurden zum Ausklang Ideen gesammelt. In ihrem Grußwort unterstrich Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, dass der Landesregierung die Integration am Herzen liegt, was sie mit Förderprogrammen unterlegt hat. Ein Mitbürger aus Ghana, der in einem Engener Unternehmen tätig ist, schlug Bürgermeister Moser gar vor, ob man nicht eine Partnerschaft zum Beispiel mit einer Stadt in seiner Heimat eingehen könnte.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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