Ludwig Meidners Werk in der Sonderausstellung „Hölle & Paradies. Der deutsche Expressionismus um 1918“ in Engen
»Die Verzückung des Apostel Pauli«

Verzückung Pauli, Ausstellung Engen | Foto:  Ludwig Meidner, »Die Verzückung des Apostel Pauli«, Winfried Flammann, Karlsruhe
swb-Bild: Archiv Winfried Flammann
  • Verzückung Pauli, Ausstellung Engen
  • Foto: Ludwig Meidner, »Die Verzückung des Apostel Pauli«, Winfried Flammann, Karlsruhe
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Engen. Ein Highlight der Sonderausstellung „Hölle & Paradies“ ist sicherlich Ludwig Meidners großformatige Gouache von 1919, die den Apostel Paulus als vom Heiligen Geist Ergriffenen, als „Verzückten“ zeigt. Neben Conrad Felixmüller und Otto Dix gehört der 1884 in Schlesien geborene Meidner zu den wichtigsten Protagonisten der Zweiten Generation des Expressionismus.

Nicht zufällig werden seine Kriegsblätter neben denen von Otto Dix im ersten Raum der Ausstellung gezeigt – als Zeugnisse der Visionen und Ängste, die Meidner zeit seines Lebens heimsuchten. Berühmt wurde der Künstler für seine „Apokalyptischen Landschaften“, die er bereits Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs schuf, und in denen er biblische Weltuntergangsszenarien imaginierte.

In diesen Bildern gerät alles in Bewegung, vom Himmel regnet es Feuer, die Menschen treiben wie Strandgut durch unwirtliche Städte. So wird in der Sonderausstellung auch die Tuschzeichnung „Betrunkene Straße“ gezeigt, in der die Häuser ins Wanken geraten sind, als würde ein Orkan durch die Straßen fegen. Man muss sich Meidner als einen fast zeitlebens in bitterer Armut lebenden, hochsensiblen Künstler vorstellen, der von Existenzängsten und religiösen Visionen heimgesucht wurde. Dazu zählt auch der verzückt tanzende und wie auf eine himmlische Eingebung horchende Paulus. Seine Figur ist monumental gezeichnet, sie nimmt fast den ganzen Raum des Blattes ein.

Paulus, der durch ein mystisches Erlebnis zum christlichen Glauben fand, ist vom göttlichen Geist erfüllt, er ist ganz Hingabe und auf den Moment konzentriert, in dem er die göttliche Inspiration erfährt, und gerät dadurch im wahrsten Sinne aus dem Gleichgewicht. Es ist bezeichnend, dass die von Meidner entworfenen Propheten und Gottessucher oft eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit mit dem Künstler haben, der in der Religion einen Halt inmitten eines dynamischen, zerstörerischen, revolutionären und jedenfalls nicht abzusehenden Weltgeschehens fand. Ein Vergleich zur Gegenwart zeigt, wie aktuell herausragende Kunstwerke, 100 Jahre nach ihrer Entstehung, wieder sein können.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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