Nicht wenige Menschen denken, die Arbeit an den Museen hätte während der Pandemie geruht. Das Kunstmuseum Singen hat die für alle Museen schwierige Zeit genutzt, um die eigenen Bestände zu mehren und die eigene Sammlung konservatorisch zu sichern und zu bearbeiten. Das Ergebnis präsentiert das Kunstmuseum Singen in seiner groß angelegten Sommerausstellung mit dem auffordernden Titel: »LIKE IT!«. Der Untertitel: »Von den Höri-Künstlern zur Gegenwartskunst.« zeigt an, dass nicht nur ein weiter Bogen über neun Jahrzehnte Kunstgeschichte – von der klassischen Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst – gespannt wird, sondern bewusst die beiden Hauptschwerpunkte der Sammlung im Vordergrund stehen.
120 Werke aller Gattungen und Richtungen werden auf 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und zwei Stockwerken vorgestellt. Dabei zeigt die Ausstellung nicht nur zentrale Werke, sondern erstmals zahlreiche Neuerwerbungen und Schenkungen, die zuletzt ins Haus eingegangen sind.
Werke der klassischen Höri-Künstler im Erdgeschoss
In den 1930er-Jahren zogen sich viele Künstlerinnen und Künstler auf die entlegene Bodenseehalbinsel Höri in die »innere Emigration« zurück. Die Höri war aber keine Künstlerkolonie, sondern eine Schicksalsgemeinschaft – vorwiegend von Malern, die sich der nationalsozialistischen Kunstpolitik entzogen, in Deutschland ausharrten, aber die Nähe zur Schweiz suchten und seit den 1940er-Jahren vor den Luftangriffen aus den deutschen Städten flohen. Nicht wenige blieben nach dem Krieg und stellten ab 1947 in den weit ausstrahlenden »Singener Kunstausstellungen« aus. Singen wurde einer der zentralen Orte für die Rückkehr der Moderne.
Es ist die Besonderheit der Singener Kunstsammlung, dass sich Werke aller »Höri-Künstler« und vieler Malerfreunde, die sich auf Zeit am Bodensee aufhielten, im eigenen Bestand finden. Der kunsthistorische Schwerpunkt umfasst neusachliche und spätexpressionistische, aber auch von der französischen Moderne inspirierte und abstrakte Werke von Otto Dix, Erich Heckel, Max Ackermann, Curth Georg Becker, Helmuth Macke, Walter Herzger, Hans Kindermann, Jean Paul Schmitz und Ferdinand Macketanz, aber auch von Julius Bissier, Heinrich Nauen, Franz Lenk, William Straube, Werner Gothein und andere mehr. Seltene Arbeiten aus den schmalen Oeuvres der wenigen, lange Zeit verkannten Höri-Künstlerinnen, zum Beispiel von Gertraud Herzger-von Harlessem oder von Ilse Schmitz, kommen hinzu.
Gegenwartskunst im Obergeschoss
Heute ist die Vierländerregion des Bodensees (A, CH, D, FL) ein nationale Grenzen überwindender Ort des Kunst- und Kulturaustausches zwischen Süddeutschland, der Deutschschweiz und Vorarlberg. Wie lebendig, offen und vielfältig diese Euregio ist, zeigt das Kunstmuseum Singen im Obergeschoss – mit 40 thematisch wie stilistisch höchst unterschiedlichen Arbeiten aus dem Zeitraum von 1980 bis heute.
Die Bandbreite reicht von den kritischen Werken des in Singen geborenen Felix Droese bis zu den aktuellen, schillernden Reizüberflutungen eines Dave Bopp, von konzeptuellen, minimalistischen Arbeiten eines Gerold Miller bis zu gestischen wie figurativen Gemälden und Plastiken eines Friedemann Hahn oder von Robert Schad. Viele Künstlerinnen und Künstler hat das Kunstmuseum Singen seit seiner Gründung 1990 mit ihren Gemälden und Graphiken, Plastiken und Skulpturen, Objekten und Installationen, aber auch mit Photographien oder Werken der Lichtkunst in Einzel- und Gruppenausstellungen vorgestellt.
Wenn Sie sich also fragen: »Gibt es am Bodensee zeitgenössische Kunst«? lautet die Antwort: »Das zeigen wir Ihnen!«
Öffnungszeiten: Di. – Fr. 14 – 18 Uhr; Sa. und So. 11 – 17 Uhr
Eintritt: 5,2 €, ermäßigt 3, – €, Eintritt frei für Kinder bis 7 Jahre, Eintritt frei donnerstags für alle Besucher.
Weitere Informationen unter www.kunstmuseum-singen.de
Autor:WasWannWo aus Singen |
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