Neujahrsempfang mit viel Stimmung und Wissen in Volkertshausen
Jung schießt die Böcke für das Volkertshauser Narrenfest
Volkertshausen (of). Als ein ganz besonderes Jahr betitelte Volkertshausens Bürgermeister Alfred Mutter dieses gerade angebrochene Jahr 2019. Dies allerdings weniger, weil er hier nun als nicht mehr so ganz jugendlicher Mann das letzte Mal im Amt des Bürgermeisters diesen Neujahrsempfang eröffne, sondern vielmehr, weil der örtliche Narrenverein mit dem 111. Jahrestag einen ganz närrischen Geburtstag mit einem großen Narrentreffen feiern könne, das vom 15. bis 17. Februar noch vom 60. Geburtstag der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee gekrönt werde. Der werde wieder am Geburtsort in Volkertshausen gefeiert. Nachdem die Narrenvereinigung vor einigen Jahren spürbar geschwächelt habe und ihren 40. wie 50. Jahrestag in Gottmadingen gefeiert habe, kehre man nun unter der Leitung von Präsident Rainer Hespeler wieder an den Geburtsort zurück, wie sich das auch gehöre. Nachdem die Sternsinger einen Auftritt bekamen, wurden sie freilich schon mit dem Narrenmarsch der „Rehböcke“ verabschiedet. Alfred Mutter freute sich, dass für dieses Jubiläum wieder die ganze Vereinsfamilie wieder vorbildlich zusammenhalte.
Jendo Mirtes als Präsident der Rehböcke zeigte sich stolz, dass man in diesem Jahr wirklich eine Fastnachtshochburg darstelle. Nur mit der kräftigen Mithilfe aus dem Dorf sei es möglich, ein so großes Narrentreffen durchzuführen, dankte er schon im Vorfeld und leitete direkt an den Schirmherrn des Treffens, MdB Andreas Jung über: Und der meinte, dass es sich als Volksvertreter eigentlich schicke, die erste Rede des Jahres auch in Volkertshausen zu halten. In der Tat habe seine Karriere nach seiner Zusage der Schirmherrschaft für das Narrentreffen einen ungeahnten Schub durch die Wahl zum stellvertrendenden Fraktionssprecher erhalten, bekannte er, nach einer Anspielung des Volkertshauser Bürgermeisters, dass seine Karriere vor der Zusage eher dahingedümpelt habe. Durch seine Verbindungen habe sogar die Deutsche Stiftung Wildtier gewiss nicht aus Zufall das „Reh“ als Tier des Jahres erklärt. Man habe auch in Berlin seit seiner Zusage schon jede Menge Böcke geschossen, zeigte sich Jung närrisch stolz. Und zudem habe Berlin zu Ehren der Volkertshauser Narren eine „Reh-form“- Agenda gestartet und setze ja verstärkt auf „reh-generative“ Energien, witzelte Jung in seinem Grußwort. Freilich sei der Festredner des Nachmittags Werner Metzger, und das bedeute doch Gefahr, weil auch schon Metzger Bächle seine Messer wetze. Doch als Oberbock für dieses Jahr „stehen die Rehböcke unter meinem persönlichen Schutz, es wird niemand was passieren“, so Andreas Jung, bevor er von Jendo Mirtes selbst mit dem Rehbock-Häs ausgestattet wurde.
Der Präsident der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee, Rainer Hespeler, zeigte sich närrisch froh, dass man hier mit den Rehböcken den Geburtstag feire, weil dann alles schon gerichtet sei. Die Narrenvereinigung hätte es ja eigentlich nie geben sollen. Sie sei dadurch entstanden, dass zum Beispiel den Volkertshausern die Mitgliedschaft in der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte verwehrt wurde. 24 Zünfte ergriffen deshalb die eigene Initiative, heute sei man mit 120 Mitgliedszünften die größte närrische Vereinigung hier im Südwesten.
Festredner Werner Metzger, bekannte, wie schwer sein an diesem Tag eine Rede zu halten, für die es so viele Gründe geben. Er wollte mit einem Lob beginnen, wie viel Geschichte hier in Volkertshausen geschrieben worden sei, so fern wie möglich weg von Singen. So wie es ohne das Hostienwunder in der Partnerstadt Bolsena das Fronleichnamfest bei uns nicht gebe, so gebe es die Hegau-Bodensee-Fastnacht ohne Volkertshausen nicht, verglich Metzger. Und er ging am Beispiel seiner Heimat Rottweil noch weiter. Denn bei den dortigen Fronleichnamsumzügen gab es auch Teufelsfiguren, die an der Fastnacht wieder aus dem Schrank geholt werden durften, weshalb es durchaus eine Verbindung zwischen diesen beiden Festen gebe.
Die Hegau und besonders die Volkertshauser Fastnacht könne zwar auf kein Jahrhunderte altes Brauchtum zurückgreifen, aber sie sei doch eigentlich älter als die sogenannten „Edelzünfte“ wie Villingen oder Hüfingen, die erst an der Wende zum 20-Jahrhundert ihre „Traditionen“ wiederbelebt hätten. Schon 1862 habe es in Volkertshausen Aufführungen wie „Die sieben Helden des Schwabenlandes“ zur Fastnacht gegeben, was tausende Zuschauer anzog. Die Gründung der Narrenvereinigung Hegau Bodensee befand der Fastnachtsforscher als gut, denn dort habe sich die ländliche Fastnacht ein eigenes Selbstbewusstsein geschaffen. Die VSAN habe damals große strukturelle Probleme gehabt in ihrem Selbstverständnis und sei in Machtkämpfen verstrick gewesen.
Metzger freute sich in seinem Blick auf Dorf und auf die Rolle des Gasthaus Mohren, das dessen Name nicht in Gefahr sei. Noch ein keiner sie hier auf die Idee gekommen, die Wirtschaft als zum „stark pigmentieren Individuum“ um zu benennen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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