Beeindruckender Festakt zu 60 Jahren Narrenvereinigung Hegau-Bodensee
120 Narrenbräuche auf einer Bühne
Volkertshausen. Mit einem grandiosen Bild wurden zum Festakt anlässlich 60 Jahren Narrenvereinigung Hegau Bodensee am Samstagabend im Festzelt in Volkershausen Zeichen für die Brauchtumsfastnacht im Hegau, am Bodensee, in Heuberg und Linzgau, gesetzt. „Eigentlich sollte unsere Vereinigung gar nicht gegründet werden,“ hob der aktuelle Präsident der Narrenvereinigung Hegau Bodensee. Rainer Hespeler hervor. Denn es war der 50. Geburtstag der Volkertshauser Rehbockzunft im Jahr 1958, bei dem die Frage aufkam, ob diese Fastnacht nicht auch ein Teil der Schwäbisch Alemannischen Fastnacht sein könnte. Sie sollte es nicht werden, entschieden damals die Verantwortlichen in der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Fastnacht. Und das wollten sich die „Dorfvereine“ nicht gefallen lassen.
Mit dem späteren Volkertshauser Bürgermeister und damaligen Vorsitzenden der Rehbockzunft, Karl Witz, habe der Finanzbeamte Heinrich Rehm aus Nenzingen damals die Initiative ergriffen, denn auch anderen Vereinen war es so gegangen, dass sie vor der Türe bleiben mussten. Am 19. April 1959 fanden sich 24 Gründungsmitglieder zusammen, die diese Vereinigung im Volkertshauser Mohren aus der Taufe hoben.
Rainer Hespeler konnte nicht nur diese Gründungsmitglieder mit ihrem Häs auf die Bühne bitten, sondern auch alle weiteren Mitglieder die danach noch dazu kamen. In 1966 gab es eine erste große Erweiterungswelle, wie Hespeler berichtete, auch 1969, als die Vereinigung gar das erste Narrenmuseum im ganzen Land im Schloss Langenstein einrichten konnte, sei der Zustrom der Vereine so groß geworden, dass man die Einteilungen in Landschaften mit eigenen Landvögten vornehmen habe müssen um den Gründungspräsidenten Heinrich Rehm zu entlasten, der einfach nicht mehr alle Närrinnen mit einem Küsschen würdigen konnte, wie Hespeler süffisant auf die Hauptaufgabe des Narrenpräsidenten anspielte. Angesicht eines noch stärkeren Zustroms, auch weil die Idee der Vereinigung in mancher Gemeinde die Gründung von Brauchtumsvereinen für die ländliche Fastnacht förderte sei auch der Machtwechsel von Heinrich Rehm auf den Lehrer Hans-Peter Jehle von einem weiteren Umbruch im Vorstand geprägt gewesen, denn nun kamen der Kanzelar wie der Ordensmeister noch hinzu, um das große Aufgabenfeld auf noch mehr Schultern zu verteilen. Zeitweise musste Jehle, der wie sein Vorgänger 25 Jahre im Amt war, einen Aufnahmestopp verhängen, inzwischen werde die Anwartschaft als Ventil genutzt, um die Vereinigung in einer bewältigbaren Größe zu halten, führte Hespeler an, der im Laufe seiner Rede insgesamt 120 Vertreter der angeschlossenen Narrenzünfte auf die Bühne bitten konnte, die dann zu den Klängen des Volkertshauser Narrenmarsches für große Bild für die Geschichtsbücher postierten. Ein wahrhaft denkwürdiger Augenblick für das Brauchtum der Heimat.
Und das würdigte denn auch im Anschluss Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, die als Ehrengast eine schöne Laudatio auf die verschiedenen Bräuche in dieser Raumschaft hielt, und die auch den vielen Ehrenamtlichen Dankte, die für diesen Identitätsfaktor sorgen würden. Hespeler würdigte die Position mit Augenzwinkern, schließlich habe Bärbel Schäfer ihre ersten 20 Lebensjahre in Geislingen an der Steige in einen zwar nicht Narren- aber zumindest fachstnachtsfreien Raum verbracht, bevor sie in närrische Südbaden kam. Weiter Grußworte kamen an diesem Abend noch von Norbert Heizmann, dem Fernsehfastnachter aus Konstanz, der manches Lied zur Narretei zum Besten gab, aber auch in einige Fettnäppchen tapte mit derben Zoten. Beeindruckend waren die Schilderungen von Kurt Szober von der ARGE Südwestscheutscher Narrenverbände, der aus Westfahlen vor vielen Jahren ins Alemannische kam, und vom Virus der alten Bräuche rund um den Abschied vom Winter angesteckt wurde, wenn sich ihm auch die Sprache des Südens in 40 Jahren noch nicht erschlossen hat.
Wirklich beeindruckend war der anschließende Nachtumzug, bei dem die 24 Gründerzünfte in alphabetischer Reihenfolge durch den Ort zogen, zum Teil sogar in historischen Uniformen, die freilich oft noch viel Karnevalistischer gewesen sind.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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