Unterschiedliche Geschmacksnoten beim »Uffwirmkaffee«
Wer war eigentlich Frau Kuony?

Foto: Stellte die Frage nach Frau Kuony: Jeanette Schindler versüßte den »Uffwirmkaffee« mit ihrem Beitrag.swb-Bild: sw
  • Foto: Stellte die Frage nach Frau Kuony: Jeanette Schindler versüßte den »Uffwirmkaffee« mit ihrem Beitrag.swb-Bild: sw
  • hochgeladen von Redaktion

Stockach (sw). Von geschmacklos über dünn bis hin zu sehr stark reichten die Geschmacksnoten beim »Uffwirmkaffee« des Stockacher Narrengerichts und seiner Gliederungen am Rosenmontag. Dabei ging es einmal mehr um die Glaubensfrage: »Gab es Hans Kuony eigentlich wirklich?«. Ein Beispiel für einen witzigen Beitrag mit Niveau lieferte dabei Kulturamtsleiter und Neu-Gerichtsnarr Stefan Keil, der ohne die Schilderung von Rauschzuständen und sexistischen Anspielungen auskam und daher fasnächtlich angemessen in die Bütt stieg. Er bezeichnete Thomas Warndorf, Kläger, Archivar und Kuony-Zweifler, als den »Edward Snowden von Stockach«, der aber wohl nicht einmal in der Schweiz Asyl finden würde.

Hans Kuony muss es gegeben haben, so Stefan Keils durchaus nachvollziehbare Argumentation, sonst würde der gleichnamige Sekt ja Rotkäppchen-Brause heißen und am bekannten Brunnen in der Stockacher Oberstadt wäre ein Hirsch statt des Konterfeis des Stockacher Urnarren abgebildet. Und wenn es Kuony nicht gegeben hätte, würde jeder fragen: »Wer ist eigentlich Roland Drews?«.

Stark war auch der Auftritt von Jeanette Schindler, die die Frage nach Frau Kuony stellte und die Rolle des »Mariele« im historischen Kriegsrat hervorhob. Eine Mutter Kuony hätte sicher Sprüche wie »Trink nicht soviel mit dem Leopold« hervorgebracht. Sehr gut, weil neu, war auch ihr Bezug von Hans Kuonys mutigem Auftreten vor seinem Arbeitgeber im Vergleich zu den Tücken, Fallen und anonymen Beschimpfungsmöglichkeiten des Internets. Hans Kuony hatte sich der Überlieferung zu Folge nicht hinter modernen sozialen Medien versteckt und so einen Beitrag zur Meinungsfreiheit geleistet.

Somit hätte er auch einen Orden verdient gehabt - die aber bleiben seinen Nachfahren vorbehalten: Professor Dr. Bernhard Schink von der Uni Konstanz und Frank Böhler von der Firma Dandler erhielten das Hans-Kuony-Kreuz, Pfarrer Michael Lienhard die Hans-Kuony-Medaille. Das seltene Jubiläum der 60. Wiederkehr des Laufnarrenschlags durfte Ernst Hertle feiern.

Umrahmt wurde die Veranstaltung musikalisch sehr gut von den ausgezeichneten Bänkelsängern der Laufnarren mit Thomas Bruggner, Claus Birmele, Peter Sommerfeld, Dr. Ulf Wieczorek und Clemens Hüttinger, Narrenrichter a. D. Karl Bosch sowie Helmut Hengst, Jens Apitz und Bernhard Schink als Vertreter der Uni Konstanz.

Wie problematisch ein kritisch-wissenschaftliches Hinterfragen des närrischen Brauchtums ist - darüber sinnierte Archivar Thomas Warndorf. Und: »Eine Fernsehfasnacht ist keine Fasnacht, sondern eine Kochsendung, in der alles verbraten wird, was geschmacklos ist.« Pfarrer Wolfgang Kunicki hatte sich ebenfalls historisch akribisch mit dem närrischen Brauchtum befasst, und Manfred Wittig definierte das Thema 2016: nicht Flüchtlingskrise, VW-Skandal oder Sturmwarnungen, sondern die Frage, warum die Fasnet so früh sei.

Bürgermeister Rainer Stolz schließlich rügte, dass das Narrengericht den Beklagten Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nicht auf die Verkehrsberuhigung in Stockach angesprochen hätte. Stattdessen hätten sich die Gerichtsnarren lieber selbst zum Oktoberfest eingeladen. Von süß bis bitter kann Kaffee viele Geschmacksnoten haben.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.