WOCHENBLATT-Interview mit Schulleiterin Claudia Heitzer
Viele Zukunftspläne für das BSZ
Raum Stockach. Das WOCHENBLATT sprach mit Claudia Heitzer, der neuen Leiterin des Stockacher Berufsschulzentrums (BSZ).
WOCHENBLATT: Frau Heitzer, Sie leben in Sipplingen – wie Ihre Vorgänger Susanne Fallier und Karl Beirer. Ist das ein Einstellungskriterium für eine Leitungsfunktion am BSZ?
Claudia Heitzer: Vielleicht ein heimliches! Sipplingen ist eben ein progressiver Ort. Nein, im Ernst, dies ist wohl eher Zufall. Für mich ist es mit Blick auf die Anfahrt optimal. Ich kann nun wieder mit dem Rad zur Arbeit radeln und das ist viel Wert.
WOCHENBLATT: Zuvor hatten Sie einen weiteren Anfahrtsweg. Sie waren am Landesinstitut für Schulentwicklung in Stuttgart tätig. Sind Sie froh, wieder an der Basis und direkt bei den Schülern zu sein?
Claudia Heitzer: Auf jeden Fall. Es ist natürlich ein ganz anderes Arbeiten. Zuvor war ich viel im Land unterwegs und habe die Schulen vor Ort besucht. Jetzt bin ich an einer einzigen Schule mit einem sehr hohen Niveau, wo es nun gilt, die Qualität zu fördern und wo noch möglich auszubauen.
WOCHENBLATT: Hat dieses Niveau durch die Vakanz in der Schulleitung gelitten? Nach der Verabschiedung des langjährigen Leiters Karl Beirer in den Ruhestand hatte dessen Nachfolgerin Susanne Fallier die Stelle ja aus gesundheitlichen Gründen zur Mitte des letzten Schuljahres aufgegeben.
Claudia Heitzer: Nein, das hat der Schule nicht geschadet. Der kommissarische Leiter Michael Butsch und das gesamte Team haben eine hervorragende Arbeit geleistet und die Schule bestens geführt.
WOCHENBLATT: Was wollen Sie für Erhalt und Ausbau dieses hohen Niveaus tun?
Claudia Heitzer: Die Schule ist sehr gut aufgestellt, und es weht hier ein ganz bestimmter Geist, immer vorne mit dabei zu sein und zu den Besten zu gehören. Daher werde ich mir die Prozesse anschauen und, nur wo es angebracht ist, an Optimierungen arbeiten. Ich möchte beobachten und hinschauen, wo Ideen sind und was weiter verbessert werden könnte. Aber was gut läuft, werden wir beibehalten.
WOCHENBLATT: Zum BSZ gehört auch der »Karrieretag« am Freitag, 23. Februar 2018?
Claudia Heitzer: Der bleibt auch. Denn ich kann mir das BSZ nicht ohne den »Karrieretag« vorstellen. Dafür ist die Schule bekannt, das ist ein wichtiges Erkennungsmerkmal und Marketinginstrument. 2018 planen wir lediglich ein paar Neuerungen. So wollen wir das Arbeiten mit Tablets im Unterricht vorstellen, unsere Bildungsziele präsentieren, und die Schüler und Schülerinnen stärker in die Organisation wie Gestaltung miteinbinden. Für die grundsätzliche Organisation bildet sich eine Task Force aus Kolleginnen und Kollegen.
WOCHENBLATT: Ein Vorzeigebildungsgang am BSZ ist das Wirtschaftsgymnasium (WG). Wie sind die Anmeldezahlen?
Claudia Heitzer: Die Anmeldezahlen sind sehr gut. Wir werden wieder zweizügig mit 22 Schülern pro Klasse ins neue Schuljahr starten. Schade finde ich nur, dass Französisch nicht mehr so beliebt ist, Spanisch ist da mehr gefragt. Dabei befinden wir uns in der Nähe zur französischsprachigen Schweiz, das BSZ hat eine Schulpartnerschaft mit einer Schule im Elsass, und es gibt zahlreiche wirtschaftliche Verflechtungen mit dem Nachbarland.
WOCHENBLATT: Das Berufsschulzentrum Radolfzell wurde für viel Geld umgebaut, das Berufsschulzentrum in Konstanz soll auch aufgewertet werden. Muss um den BSZ-Standort Stockach gefürchtet werden?
Claudia Heitzer: Das denke ich nicht, und falls je Gespräche aufkommen sollten in diese Richtung, werde ich bis zu meinem letzten Blutstropfen dafür kämpfen, dass das nicht passiert. Das BSZ hat eine Bedeutung in der Region und kann mit ausgezeichneter Pädagogik, hoher Qualität und besonderen Profilen im internationalen Bereich auftrumpfen. Das gilt es zu bewahren. Die Grundstufe Metall mussten wir an die Berufsschule in Radolfzell leider abgeben. Daher wollen wir mittel- bis langfristig darauf hinarbeiten, dass wir die klassische Berufsschule, sprich die duale Ausbildung, anderweitig stärken. Auch können wir uns ein neues berufliches Gymnasium neben dem WG/WGI vorstellen, doch das ist momentan Zukunftsmusik.
WOCHENBLATT: Kann das BSZ auch pädagogisch etwas für den Erhalt des Standortes Stockach tun?
Claudia Heitzer: Ich denke, das BSZ Stockach ist schon ein Kompetenzzentrum in der besonderen Förderung seiner Schülerschaft, nicht nur hinsichtlich der Leistungssteigerung. Eine Herzensangelegenheit ist allen Beteiligten, den Schülerinnen und Schülern nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch ihre Persönlichkeit zu stärken. Die Betriebe als spätere Arbeitgeber erwarten Belastbarkeit, Flexibilität und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen. Das Hüpfen von einer abgebrochenen Ausbildung zur nächsten stärkt weder das Selbstbewusstsein, noch die Einstellungschancen der Jugendlichen. Daher müssen wir ihnen beibringen, sich auch einmal durchzubeißen und nicht beim kleinsten Widerstand aufzugeben. Kritik vom Chef wird oft gleich als pauschale Verurteilung der Person empfunden. Dahinter steckt vielleicht auch Unsicherheit. Daher ist es unser Anliegen, die jungen Menschen so aufzubauen, dass sie ihre Potenziale und Grenzen erkennen und das Selbstbewusstsein entwickeln, ihre Stärken realistisch wahrzunehmen und ihre Schwächen als Anlass zum Lernen zu nehmen und nicht als Gesamtkritik ihrer Person zu verstehen. Für das Vermitteln dieser Fähigkeiten sind wir mit unserer Beratungslehrerin und dem Team aus Jugendberufshelfern und Schulsozialarbeiterinnen um Frank Spellenberg gut aufgestellt. Grundlegende Basis hierfür ist auch diese persönliche Haltung der Lehrkräfte am BSZ. Wünschenswert wäre eine Schulpsychologin, die zumindest an zwei bis drei Tagen in die Schule eingebunden ist. Denn die Jugendlichen heute sind anders als vor 50 Jahren.
WOCHENBLATT: Das Spektrum am BSZ reicht ja von Klassen mit Flüchtlingen ohne Deutschkenntnisse über Berufskollegien bis hin zum Wirtschaftsgymnasium. Ist diese Bandbreite noch zeitgemäß?
Claudia Heitzer: Das ist sehr zeitgemäß. In Zeiten, in denen über die Konzentrierung und Zusammenlegung von Schulen an wenigen Orten diskutiert wird, und gleichzeitig über die Einführung einer Oberstufe an Gemeinschaftsschulen, und damit die Konkurrenz im System fragwürdigerweise erhöht wird, obwohl angeblich die Schülerzahlen zurückgehen, vermitteln die beruflichen Schulen vor Ort wichtige Kompetenzen und haben sehr gut aufgestellte gymnasiale Oberstufen. Dazu bedienen die beruflichen Schulen mit ihrer Vielfalt die notwendige Fachkräfte-Ausbildung. Gerade die Bandbreite garantiert Durchlässigkeit, eine besondere Förderung, berufliche Perspektiven, praxisbezogene Ausbildung sowie klassen- und schulartübergreifende Projekte.
WOCHENBLATT: Eines dieser Projekte ist »SchulArt«, die Zusammenarbeit der Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen, auch bildenden Künstlern. Läuft diese Aktion weiter?
Claudia Heitzer: Natürlich. Dafür planen wir im kommenden Schuljahr eine Zusammenarbeit mit dem »Nellenburg-Gymnasium«. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums malen und zeichnen, und unsere verfassen Texte dazu. Die Ergebnisse sollen im Rahmen einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung im Frühjahr gewürdigt werden. Vielleicht können wir auch einen externen Autor oder Autorin für die Aktion gewinnen.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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