Tierisches, Menschliches, Spannendes: Strauße in Stockach-Airach
Tome ist ein lieber Softie

Foto: Bei aller Zutraulichkeit sind Strauße doch Wildtiere: Darum ist Ingrid Benzinger-Frick immer auf der Hut. swb-Bild: sw
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Stockach (sw). Elegante Renner mit Geschwindigkeiten von bis zu 60 Stundenkilometern. Das kommt erst später. Diese Mini-Strauße, ein bis zwei Tage alt, sind noch tapsig, ungeschickt, verspielt. In der offenen Kiste versuchen sie mühsam, sich auf den unsicheren Beinchen zu halten. »Der Bauch ist einfach zu schwer, sie müssen sich erst zurechtfinden«, erklärt Ingrid Benzinger-Frick und hält dabei ein quietschendes Stofftier in die Höhe. Das ist das absolute Lieblingsspielzeug der kleinen Nachwuchs-Strauße. Denn: »Diese Tiere sind ungeheuer neugierig.« Diesen Satz wird die 42-Jährige während des Besuchs ihrer Straußenfarm Hegau-Bodensee in Stockach-Airach mehrfach wiederholen. Neugierig sind sie vor allem, ihre 95 erwachsenen Strauße, mit deren Aufzucht sie 2012 als Newcomerin begonnen hat.

Ihr Ehemann hatte ihr ja eine Christbaumzucht vorgeschlagen. Doch darauf hatte die Chemie-Ingenieurin keine Lust. Sie verlor bei Umstrukturierungsmaßnahmen ihres Arbeitgebers ihren Job und suchte nach einer neuen, sie ausfüllenden Betätigung. Der elterliche Hof ihres Ehemannes stand zur Verfügung, sie wollte etwas mit Tieren machen, etwas Außergewöhnliches. Strauße? Warum nicht? Ingrid Benzinger-Frick besuchte ein Fachseminar und absolvierte ein Praktikum auf einer Farm in Rülzheim im pfälzischen Landau. Und legte dann los - mit einem Hahn, zwei Hennen, 15 Kücken.

Die sind in den ersten 40 Tagen besonders empfindlich. Dürfen nicht nass werden. Sollten aber trotzdem ins Freie. Da muss sie immer auf ihren »Schlupf«, wie sie es nennt, achten. Denn die Tiere sind ihre Existenz: Sie verkauft das Fleisch, manchmal auch Zuchttiere, gibt die Eier, 26 mal so groß wie Hühnereier, an Privatleute ab, bietet Führungen durch ihre Farm an und hat einen Hofladen eingerichtet. Da gibt es Geldbeutel aus Straußenleder - mit schickem, stylischem Lochmuster. Dort, wo die Federn steckten. Aber auch Eierlikör und Eierlikörbonbons bietet Ingrid Benzinger-Frick an. 15 Zuchttiere hat sie behalten.

Und sie kennt den Charakter jedes einzelnen. Tomé ist ein einfühlsamer Softie. Sie kaufte ihn vom Züchter ohne seine Henne - er trauerte ein Jahr lang, bis er die flotten Weibchen auf dem Hof auch nur anschaute. Xerxes war ein Berserker, der seine Damen schlecht behandelte und piesackte. Eine haute ab. Mähte einen Pfosten im Zaun nieder, stand bei Tomé vor der Tür und lebt nun mit ihm. Sehr menschlich, diese Tiere. Bis zu 70 Jahre können sie alt werden, nach einem Jahr wiegen sie satte 100 Kilogramm, und teilweise wachsen sie zehn Zentimeter in der Woche.

Nero, der Hahn mit dem schwarzen Hals, ist ausgewachsen. Wenn sein Bürzel nach oben zeigt, passt Ingrid Benzinger-Frick auf - dann ist er aggressiv. Die Schnäbel sind scharf, die Hähne kampflustig, die Männchen verteidigen ihr Revier. Da ist sie lieber auf der Hut. Bei den Kücken ist das noch nicht nötig. Die sind viel zu sehr damit beschäftigt, Körper und Beinchen auszubalancieren.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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