Direktes Live-Duell der Kandidaten im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Stockach
Stolz gegen Gäng

BMWahl  | Foto: Groß war das Interesse an der öffentlichen Kandidatenvorstellung im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Stockach.swb-Bild: sw
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Stockach. Spannender als das TV-Kanzlerduell war es allemal. Denn in der Stockacher Jahnhalle traten nicht, wie bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Kandidat Martin Schulz, zwei Bewerber im ermüdenden Gleichklang an - zwischen Amtsinhaber Rainer Stolz und Herausforderer Peter Adrian Gäng gibt es deutliche Unterschiede in Präsentation, Zielen und Visionen. 20 Minuten hatten die beiden Bewerber für die Bürgermeisterwahl am Sonntag, 24. September, in Stockach Zeit, um sich bei der öffentlichen Kandidatenvorstellung zu präsentieren. Anschließend blieben nochmals 20 Minuten für Fragen aus dem Publikum. Das Interesse an der Veranstaltung war riesengroß - die Jahnhalle war gut gefüllt.

Rainer Stolz hielt sich nicht mit der Vorstellung seiner Person auf. Nach 24 Jahren im Amt, so sein Credo, kennen die Stockacher ihn und seine Arbeitsweise. Aber er zählte die Errungenschaften für »meine Stadt« während seiner Dienstzeit auf: Dazu zählt der Stadtchef die Sicherung des Stockacher Standorts des Berufsschulzentrums (BSZ) im Landkreis, die Einführung von »G9«, dem neunjährigen Weg zum Abitur, am »Nellenburg-Gymnasium« und die Erstellung eines soliden Haushalts. Durch ihn sei Stockach zum Mittelzentrum aufgewertet, das Industriegebiet »Hardt« weiterentwickelt, das Gewerbegebiet »Blumhof« ins Leben gerufen worden. Bereits zu Anfang seiner Amtszeit habe er ein Energiemanagement gestartet, 39 Kindergartengruppen in verschiedenen Altersgruppen seien entstanden, der Schulstandort Stockach stehe gut da.

Auch zur Verkehrsproblematik äußerte sich der Amtsinhaber: Die Umfahrung Stockach sei in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden, und die Umfahrung Espasingen habe gute Chancen, 2018 in ein Planfeststellungsverfahren zu kommen. Das Krankenhaus, »mein persönliches Anliegen«, sei für die Stadt unentbehrlich geworden - auch durch den Bau des zweiten OPs. Auch die Ansiedlung des Schweizer Unternehmens »Baumer« im Gewerbegebiet »Blumhof« schreibt sich Rainer Stolz auf die Fahnen. Eine Ansiedlung, die zusätzlich 500 Beschäftigte nach Stockach bringe.

Was hat er noch vor? Er wolle die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Stadt weiterbringen, und Rainer Stolz versprach Investitionen in Kindergärten, Schulen, Wohngebiete, das Krankenhaus, eine moderne Infrastruktur mit Breitbandausbau, Hochwasserschutz und Abwassersystemen. Auch ein Feuerwehrgerätehaus in der Stadt werde in den kommenden Jahren in Angriff genommen. Zu einer Frage aus dem Publikum nach der Aufwertung der Oberstadt meinte der Stadtchef, mit Flächenangeboten von etwa 75 Quadratmetern in den Läden der Oberstadt sei es schwierig, Nutzer zu finden. Die meisten Mieter wollten mehr Flächen. Doch es werde etwas getan: So habe die Stadt zusammen mit Handel, Handwerk und Gewerbe (HHG) eine Mitarbeiterin angestellt, die sich um die Belange des Handels kümmere. Zudem habe die Stadt ein Gebäude in der Hauptstraße gekauft, in das bereits ein Ladengeschäft eingezogen ist. Doch er sei auch auf die Zusammenarbeit mit den Händlern angewiesen - die Geschäftsleute müssten schon mitmachen. Über einen möglichen Blitzer an der Winterspürer Straße, wie von einer Fragerin angesprochen, könne nachgedacht werden.

Mit Blick auf seinen Gegenkandidaten Peter Adrian Gäng meinte Rainer Stolz, ohne konkrete Namensnennung, es sei kein Platz für »Luftschlösser jeglicher Art«. Er stehe für das »rechtlich Mögliche, finanziell Tragbare und in der Praxis Sinnvolle«.

Gegenkandidat Peter Adrian Gäng nutzte das gebotene Forum, um sich als Person vorzustellen: 46 Jahre alt, in Singen geboren, gelernter Einzelhandelskaufmann, vier Semester BWL-Studium und Versicherungsfachmann mit den Hobbys Geschichte, Wandern, Badminton und Lesen. Seine Ziele für die Stadt Stockach seien im Falle einer Wahl ein solider Haushalt, Abbau der Schulden und eine gezielte Wirtschaftsförderung. Der Stockacher Haushalt sei »auf Kante genäht« und bei ihm wäre die Wirtschaftsförderung »Chefsache«. Er kritisierte, die im Stockacher Finanzgebaren vorgesehenen Zuschüsse aus dem Ausgleichsstock des Landes Baden-Württemberg. Bürgermeister a. D. Franz Ziwey glaubte hier Wissenslücken bemerkt zu haben und erklärte in der Publikumsfragerunde ausführlich das Wesen des Ausgleichsstocks als jährlich neu aufgelegtem finanziellem Zuschussprogramm des Landes.

Peter Adrian Gang legte seinen weiteren Pläne für Stockach dar: Er wolle eine Begegnungsplattform für Politik und Wirtschaft bieten, Bürgerfreundlichkeit praktizieren, eine Bürgersprechstunde einrichten. Die Weiterbildung der Mitarbeiter im Rathaus sei ihm ein Anliegen. Er wolle das Verhältnis von Stockach und den Stadtteilen prüfen und sich Gedanken über eine interkommunale Zusammenarbeit etwa auf der Ebene des Bauhofs machen. Dem demografischen Wandel möchte Peter Adrian Gäng bei der Erschließung von Wohngebieten beachten. Etwa durch altersgerechtes Generationenwohnen. Mehr Angebote für die Jugend und die Schaffung eines Seniorenrats stehen ebenfalls auf seiner Agenda. Für die Vereine wolle er ein Sportstättenkonzept entwickeln und sie sowohl finanziell als auch bei der Suche nach Räumlichkeiten unterstützen. Die Verkehrspolitik solle zügig vorangebracht werden. Durch eine Weiterführung der Bahnlinie nach Hindelwangen könne eine verkehrliche Entlastung erreicht werden, und eine Ortsumfahrung über den Nellenburger Hang werde es mit ihm nicht geben. Auch sei er gegen die Parkraumbewirtschaftung, die in der Oberstadt zu keiner Besserung der Situation geführt habe. Den Stadtteilen reichte er die Hand: Hier habe bisher wenig Austausch mit dem Bürgermeister stattgefunden, daher wolle er sich mit ihnen an einen runden Tisch setzen.

Die Möglichkeit zu Fragen aus dem Publikum wurde genutzt. Vor allem auch für Statements. Andreas Bernhardt, Ortsvorsteher von Espasingen, verwehrte sich gegen den Vorwurf, der Stockacher Haushalt sei auf Kante genäht. Vielmehr werde in der Stadt solide und vorausschauend gewirtschaftet. Die Beantragung von Zuschüssen aus dem Ausgleichsstock könne nicht beanstandet werden. Auch Stadtrat Wolfgang Reuther hatte ein flammendes Plädoyer für Rainer Stolz abgegeben und ihm verbal mehrfach auf die Schulter geklopft. Als Gerichtsnarr erklärte er aber, dass das Narrengericht nicht, wie von Stolz angesprochen, seine Schätze an das Stadtmuseum übergeben werde: Der größte Schatz sei Narrenrichter Jürgen Koterzyna, und der werde nicht hergegeben.

Hauptamtsleiter Hubert Walk rief als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses die Mitbürger auf, am Sonntag, 24. September, zur Wahl zu gehen. Ab 18 Uhr werde am Wahltag im Bürgerhaus »Adler Post« eine Wahlparty veranstaltet, bei der die Ergebnisse von Bürgermeisterwahl und Bundestagswahl veröffentlich würden. Zuerst wird die Bundestagswahl ausgezählt, da die überörtliche Wahl laut Gesetz den Vorrang haben muss. Gegen 19.30 Uhr könnten erste Ergebnisse der Bürgermeisterwahl aus den kleineren Wahlkreisen erwartet werden.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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