Diplom-Museologin Sybille Trefflich archiviert Aufnahmen des Hotz'schen Bestandes
Stockachs Spuren liegen in ihren Händen
Stockach. Das starre Auge blickt kontrollierend und unnachgiebig auf sie herab. Somit hat das Bild an der Wand ihres Büros im Untergeschoss des Stockacher Rathauses Symbolkraft. Denn Sybille Trefflich muss genau und akkurat arbeiten und darf sich keine Zahlendreher erlauben. Zu den Aufgaben der Diplom-Museologin gehört die Archivierung der Aufnahmen aus dem Fundus der Fotografenfamilie Hotz. Allerdings, so korrigiert die 1979 in Thüringen Geborene gleich, stellt das Bild an der Wand kein Auge, sondern eine Schnecke mit skurrilen Formen dar. Das weiß sie ganz genau, denn sie hat das Gemälde selbst entworfen.
Bei ihrem großen Hobby, der Malerei, kann sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen, bei ihrem Job im Team des Stockacher Stadtmuseums zählen Fakten und nüchterne Daten. Die Nitratfilme aus dem Bestand der Familie Hotz aus der Zeit vor 1953, so erklärt Sybille Trefflich, bedürfen einer besonderen Behandlung und werden daher von einer Stuttgarter Spezialfirma digitalisiert, bei den anderen Filmen, die weniger aufwändig in der Bearbeitung sind, übernimmt das ein Spezialist in Mannheim. Sie ist nun in Absprache mit dem Kulturamt für die Auswahl der zu digitalisierenden Fotos zuständig. Kriterien sind dabei die Dringlichkeiten – Aufnahmen, an denen der Zahl der Zeit nagt, werden bevorzugt. Zweiter Auswahlpunkt ist das Interesse. Fotos von Beerdigungen oder anderen Motiven, die für die Nachwelt weniger wichtig sind, werden aussortiert, Aufnahmen von Straßenzügen oder landschaftlichen Szenen, von Festen oder der Fasnet werden weiterbearbeitet. Nach der Digitalisierung bekommt Sybille Trefflich die Aufnahmen zurück, um sie zu dokumentieren, zu verschlagworten und zu archivieren. Danach werden sie in eine Datenbank eingespeist, die nach Klärung von Bild- und Persönlichkeitsrechten weltweit zugänglich gemacht werden soll.
Eine Arbeit, die vor allem der Dokumentation dient. Dabei hatte Sybille Trefflich eine breiter angelegte Ausbildung. Nach einer Lehre zur Raumausstatterin sattelte sie ein Studium der Museologie in Leipzig drauf, zu dem die Fachrichtungen Dokumentation, Ausstellungswesen, Museumspädagogik und Prävention, also Schutzmaßnahmen für Exponate, gehören. Eine Praktikumsstelle im Bauernhaus-Museum im oberschwäbischen Wolfegg brachte sie nach Baden-Württemberg, und nachdem sie drei Jahre für das Schulmuseum in Friedrichshafen gearbeitet hatte, ist sie seit Jahresanfang für die Stadt Stockach tätig. Zunächst auf 450-Euro-Basis, nun mit einer 50-Prozent-Stelle. Der Mutter von drei Kindern im Alter von fünf, acht und elf Jahren macht der Job Spaß. Sie habe auch museumspädagogische Projekte, erklärt sie. So hat sie eine Kunst-Rallye für Jugendliche durch die Ausstellung »Joan Miró bis Otto Dix« erstellt, die gerade im Stadtmuseum zu sehen ist. Aber sie macht auch Entdeckungen bei ihrer Archivarbeit: So hat sie ein Einschulungsfoto von Kulturamtsleiter Stefan Keil ausfindig gemacht.
Und sie taucht tief ein in Stockachs Vergangenheit. Das war nicht ihre Absicht gewesen, als sie unverbindlich bei der damaligen Museumsleiterin Dr. Yvonne Istas im Kulturzentrum »Altes Forstamt« vorbeischaute, um sich vorzustellen. Aus dem ersten Kontakt ergab sich zunächst eine ehrenamtliche Zusammenarbeit, in deren Rahmen sie drei Kinderkunstkurse organisierte. Als es dann die Stelle auch für die Archivarbeit zu besetzen galt, wurde Sybille Trefflich gefragt – und sie nahm gerne an. In ihrem Computer hat sie unschätzbare Erinnerungen gespeichert: Eine Aufnahme etwa zeigt Gerichtsnarr Rainer Vollmer bei einer Schulaufführung auf der Bühne, die ihn schon als jungen Spund liebte. Nicht immer ist Sybille Trefflichs Arbeit also auf nüchterne Fakten beschränkt.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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