Rainer Stockburger wird neuer evangelischer Pfarrer in Stockach
Stockach statt Borneo
Stockach (sw). Missionar auf Borneo wäre er gerne mit 17 Jahren geworden. Ein anderer Kulturkreis. Ein anderes Leben. Doch dann hat sich Rainer Stockburger für die solidere Variante entschieden und Theologie studiert. Aus Borneo wurde nichts, aber herumgekommen ist er dennoch in verschiedenen Gemeinden und verschiedenen Lebensstationen. Nun steht der 17. Umzug des Seelsorgers an – am Montag, 1. Mai, tritt er seinen Dienst als evangelischer Pfarrer in Stockach und damit als Nachfolger von Philipp Jägle an. Und seine Ehefrau Martina, ebenfalls Pfarrerin, übernimmt die Gemeinde Steißlingen-Langenstein: »Stockach hat sich ergeben, weil zeitgleich meine Ehefrau die Stelle in Steißlingen-Langenstein als Nachfolgerin von Christiane Müller-Fahlbusch antreten kann.« Beide Theologen würden beruflich eng miteinander kooperieren, sich abstimmen und über den jeweiligen Zuständigkeitsbereich hinaus gelegentlich auch in der jeweils anderen Gemeinde tätig sein.
Stockach erhält somit einen Pfarrer, der mitten im Leben steht: »Ich habe keinen kirchenverengenden Blickwinkel«, erklärt Rainer Stockburger im telefonischen Interview. »Kirche muss zu allen Menschen in einer Stadt und zur Gesellschaft hin offen sein und sich einbringen.« An seiner jetzigen Wirkungsstätte in Tiengen hat er auch als Fußballtrainer für die E- und D-Jugend gearbeitet. Er und seine Frau fahren gerne Rad oder Ski, beide steigen auch mal auf die Inliner, haben ein Herz für die Fasnet und sind überzeugte Badener. Ideale Voraussetzungen für Stockach also, wo beide wohnen werden, und auch für Steißlingen.
Der 1957 Geborene ist auch Pfarrer mit Leib und Seele: Er schätze die Freiräume und die Gestaltungsspielräume, arbeite gerne mit Menschen, und ihm gefalle die Bandbreite der Tätigkeit. Das ganze Leben, diese Welt als Gottes Welt zu sehen, sei für ihn nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein Geschenk, das er mit vielen anderen in einer Kirchengemeinde teile.
Die Gemeinden Stockach, Steißlingen-Langenstein und Ludwigshafen-Bodman sollen durch eine neu einzurichtende Dienstgruppe enger zusammengeführt werden. Angebote wie zum Beispiel Glaubenskurse, Teenie-Kurse für geplagte Eltern pubertierender Kinder, Ehe-Kurse oder Bereiche der Konfirmandenarbeit könnten zum Teil gemeindeübergreifend organisiert werden, und auch Gottesdienste vielleicht mehr aufeinander abgestimmt werden: »Gabenorientiertes Arbeiten nach Neigungen und eigenen Stärken könnten zu Schwerpunktsetzungen in der Arbeit führen, die über die Kirchengemeindegrenzen hinausführen.« Das alles ist jedoch noch Zukunftsmusik, die sich an den Gegebenheiten und den Besonderheiten der drei Gemeinden orientieren müsse. Rainer Stockburger ist zudem eine intensive Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen und deren Begleitung in der Kirchengemeinde wichtig.
Alleine ist Rainer Stockburger wohl ohnehin selten. Er outet sich als geselligen Menschen, der das soziale Leben liebt und einiges zu erzählen hat. In St. Georgen geboren und in Überlingen am See aufgewachsen hat er in Bethel, Tübingen, Basel und Berlin studiert, machte sein Vikariat in Göbrichen bei Pforzheim, war dann in verschiedenen Gemeinden wie Furtwangen, Triberg, Freiburg tätig und hat mit seiner Frau zwölf Jahre in Stellenteilung als Pfarrer in Denzlingen bei Freiburg gearbeitet. Jetzt sind beide über zehn Jahre am Hochrhein tätig - er in Tiengen und sie in Lauchringen.
Rainer Stockburger sieht über den eigenen Kirchturm hinaus: Hat während des Studiums in Berlin als Taxifahrer gejobbt, arbeitete auch mal im Vertrieb einer Werbeagentur oder betreute im Auftrag der badischen Landeskirche zu Anfang der 90er Jahre Spätaussiedler aus der damaligen Sowjetunion in Freiburg. Dabei lernte er seine spätere Frau kennen, die dort ihr Vikariat absolvierte. Zwei erwachsene Söhne hat das Ehepaar Stockburger, die Elektrotechnik und Biowissenschaft studieren.
Nun wartet das erst drei Jahre alte Pfarrhaus bei der Melanchthonkirche auf die neuen Bewohner. Martina und Rainer Stockburger freuen sich darauf. Und da es keinen Keller in dem Haus gebe, könne es in der Gemeinde wohl auch nicht so unterirdisch zugehen, meinen sie humorvoll. Und mit Blick auf Stockach sind sie optimistisch: Viermal »Sto«, meinen sie, mit Blick auf den Ortsnamen Stockach, Bürgermeister Rainer Stolz und ihrer beider Nachnamen – da kann doch gar nichts schiefgehen. Und wenn es auch nichts wurde mit Borneo - Stockach kann ebenfalls ein spannendes Abenteuer sein.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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