Er war ein »riesengroßes Stück Stockach«: Heinrich Wagner verstorben
Sein Platz wird leer bleiben
Stockach. Eine Veranstaltung, bei der er nicht in der ersten Reihe sitzt und sich bei Bedarf einbringt - unvorstellbar. Doch sein Platz wird künftig leer bleiben und somit eine Lücke bilden, die nicht mehr geschlossen werden kann: Heinrich Wagner, eine von Stockachs markantesten Persönlichkeiten, ist am Dreikönigstag, Sonntag, 6. Januar, nach längerem Leiden im Alter von 87 Jahren verstorben. Der Ehrenbürger und Ehrenringträger, der ehemalige Inhaber einer örtlichen Baufirma und Mäzen, der Kommunalpolitiker und ehrenamtlich Engagierte hat die Stadt zielgerichtet und zielstrebig in fast allen sie prägenden Facetten mitbestimmt. Viele Säulen, auf denen sie ruht, wurden von ihm initiiert, gefördert und gefordert - Wirtschaft, Politik, närrisches Brauchtum, »Schweizer Feiertag«, Vereine, Kulturleben, Bürgerstiftung.
Heinrich Wagner war ein Mann mit festen Grundsätzen, klaren Regeln und eindeutigen Positionen, für die er einstand und die er nachdrücklich vertrat. Ein Mann der Tat, ein Realist, ein Pragmatiker, der von sich selbst und anderen viel verlangte und erwartete. Ein Mann, der sich aus gesellschaftlicher Verantwortung heraus sozial einbrachte, der Gemeinschaft diente, seine Heimatstadt mit allen Kräften vorwärts brachte. So hatte der am 11. September 1931 geborene Vater von vier Kindern 2016 seine umfangreiche Kunstsammlung der Stadt als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, die damit etwa die am Samstag, 1. Juni, beginnende Chagall-Ausstellung bestückt. Er war ein »riesengroßes Stück Stockach« gewesen, saß von 1965 bis 1989 im Gemeinderat, war von 1975 bis 1989 Bürgermeisterstellvertreter, von 1969 bis zu seinem Ausscheiden CDU-Fraktionssprecher. Von 1962 bis 1967 fungierte er als erster Vorsitzender des VfR Stockach, er war ein Mitbegründer der Bürgerstiftung, Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse Stockach.
Pflichtbewusstsein zeichnete Heinrich Wagner aus. Gerne hätte er nach seinem Studium für eine internationale Baufirma gearbeitet, hatte er einmal erzählt. Doch als sein Vater sich zur Ruhe setzen wollte, stieg er in den väterlichen Betrieb ein. Dafür war er gut gerüstet: Nach seinem Abitur am Humboldt-Gymnasium in Konstanz legte er 1953 seine Gesellenprüfung als Maurer ab und studierte ab 1955 an der Technischen Hochschule in Stuttgart.
Viel Freizeit hatte der Bau-Ingenieur nie. Aber er saß bis ins hohe Alter am Steuer seines Porsche, sammelte Kunstwerke und liebte die Fasnet. Denn das närrische Brauchtum Stockachs war eines der vielen ideellen Kinder des Ehrengerichtsnarren. Heinrich Wagner trat 1953 in die Zimmerergilde ein, wechselte 1962 in das Narrengericht, für das er 35 Jahre lang als Fürsprech aktiv war. Es war ihm ein Bedürfnis, seine närrischen Erinnerungen festzuhalten. Unter Mitarbeit des WOCHENBLATTs brachte er 2016 das Buch »Politik-Prominenz und sonstige Demokratie-Adlige vor dem Stockacher Narrengericht« heraus. Das Belegexemplar brachte er selbst in der Redaktion vorbei - mit persönlicher Widmung.
Stil, Großmut und kerniger Charme vereinten sich in seinem beeindruckenden Charakter mit Prinzipientreue, respekteinflößender Präsenz, Selbstbewusstsein und dem eisernen Willen, sich selbst treu zu bleiben. Heinrich Wagner hat sich nie verbiegen lassen. Er habe sein Leben lang viel gearbeitet, aber im Rückblick würde er alles noch einmal ganz genauso machen, erklärte er im WOCHENBLATT-Interview. Eine ideale Bilanz nach einem erfüllten, für sich und andere reichen Leben. Seinen Platz in Stockach aber wird niemand anders einnehmen können.
Die Trauerfeier findet am Freitag, 11. Januar, um 11 Uhr in St. Oswald statt. Anschließend ist die Beisetzung für Familie und Freunde auf Loreto.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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