Nellenburg-Gymnasium im dritten Anlauf auf der Bühne angekommen
Richtig großes Musical mit "My Fair Lady"
Stockach. Das war richtige die große weite Welt, die man am Freitagabend zur Premiere von »May Fair Lady« in der Aula des Stockacher Nellenburg-Gymnasiums schnuppern konnte. Mit »May Fair Lady« wurde dort einer der größten Musical-Klassiker auf die Bühne gebracht und die Erleichterung der Akteure war trotz der Angst vor den »zwei Streifen« trotz eines stringenten Testkonzepts deutlich anzumerken. Schließlich hätte das Stück schon vor zwei Jahren aufgeführt werden sollen, viele der damaligen Darsteller sind längst aus der Schule. Und dann kam nun auch noch der Krieg gegen die Ukraine. Das Nellenburg-Gymnasium hat seit vielen Jahren eine Partnerschule in Lemberg und man steht auch in diesen schweren Tagen in intensivem Kontakt, sagte Schulleiter Holger Seitz. Das Musical abzusagen wurde freilich diskutiert, aber dann lieber der Weg des Gedenkens gegangen. Auf der Bühne tauchten immer wieder die ukrainischen Landesfarben sozusagen als »Product-Placement« auf, das Programm war in diesen Farben gehalten und alle SchauspielerInnen und SängerInnen hatten ihre Fingernägel dezent in Blau-Gelb lackiert, um damit das Grauen gegenwärtig zu machen, das da in Europa durch Putin ausgelöst wurde, nur eine Woche zuvor.
Mit über 60 SchauspielerInnen und und Sängerinnen wurde das Musical, das 1956 auf dem Broadway seine Uraufführung feierte, aber seine Wurzeln in einen Stück von George Bernhard Shaw von 1913 hat, bombastisch inszeniert, gerade in den großen Chorszenen, die hier richtig gefeiert werden konnten und auch sehr professionell choreografiert und auch musikalisch durchaus broadwayreif waren, mit dem Leitungsteam unter Stefan Gräsle, Martina Hartmann, Claudia Seeber und Sebastian Zander.
Die Geschichte vom armen Blumenmädchen Eliza Doolittle (bei der Premiere gespielt von Elise Fellhauer), das sozugagen von zwei wirklich harten Junggesellen entdeckt wird mit dem Plan, aus dem Kind mit seinem Arbeiterdialekt (verwendet wurde die Berliner Fassung mit »Schnautze«) einen Star zu machen, hält unserer Zeit stand. Das berlinernde Blumenmächen, das eben von Prof. Henry Higgins (Mathis Schuller) und Oberst Pickering (Cedric Mußmann) sprachlich und mit ihren Manieren so geformt werden soll, dass sie sogar als »Königin von Saba« auftreten könnte, mindestens aber wie eine britische Herzogin, kann ja trotz dieser »Transformation« mit endlosem Unterricht bis tief in die Nacht eben sie selbst bleiben. Damit erobert sie aber die Herzen der Londoner Gesellschaft, sogar von Higgins Mutter (Mara Ruh), und sogar ihr Vater (Marcel Bold) kommt zu unerwartetem Rum. Das Musical ist ja durchsetzt mit all den Ohrwürmern, die gerade die 1960er Jahre intensiv prägten, wie »Ich hab geträumt heut Nacht ...« oder »Mit ’nem kleenen Stückchen Glück« oder »Wäre det nich wundascheen?« bis zum finalen »Ohne dich« vor dem Happy End, bei dem kommen muss, was am Anfang nicht zu glauben war, nämlich dass Eliza und Prof. Higgins eben doch ein Paar der Ungleichen werden und der herzlich verliebte Freddy (Christopher Brooks), den Eliza beim Pferderennen mit dem Liebesvirus infiziert hatte, leider das Nachsehen haben muss – obwohl er die Wahl als Schwiegersohn sicher mit Abstand gewonnen hätte, wenn das zählen würde.
Das Warten auf diese Inszenierung hat sich gelohnt. Die Akteure sind dabei gereift und haben ihre Rollen toll gelebt auf der Bühne. »My Fair Lady« gibt es, dann in abgewandelten Besetzungen, noch am Freitag, 11. März, 19 Uhr, und Samstag, 12. März, 15 Uhr.
Mehr Bilder von der Premiere gibt es in unserer Galerie.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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