Rektor Michael Vollmer vom »Nellenburg-Gymnasium« geht in Ruhestand
Querdenker mit eigenem Kopf
Stockach. Wann die Sommerferien vorbei sind, weiß er ganz genau. Am Montag, 10. September, startet das neue Schuljahr 2018/’19. Doch Michael Vollmer, seit zwölf Jahren Rektor des Stockacher »Nellenburg-Gymnasiums«, hat sich das Datum nicht aus beruflichen Gründen eingeprägt, sondern weil er an diesem Tag einen Trip nach Ägypten mit Nilkreuzfahrt unternimmt. In seiner Urlaubsplanung ist er nun nicht mehr auf die Schulferien angewiesen: Denn am Samstag, 21. Juli, um 10 Uhr wird Michael Vollmer in der Aula »seiner« Schule in den Ruhestand verabschiedet, sein letzter Arbeitstag ist Dienstag, 31. Juli.
Diesen Satz wird sicher nicht jeder Schüler uneingeschränkt wiederholen: »Ich bin jeden Tag gerne in die Schule gegangen«, erklärt Michael Vollmer, und trotz dieser Leidenschaft für seinen Beruf hat er sich »mental voll auf Pensionierung eingestellt«. Seinem Nachfolger, davon ist er überzeugt, hinterlässt er ein wohlbestelltes Haus: Am »Nellenburg-Gymnasium« mit seinen 870 Schülern und 70 Lehrern werde ein funktionierender Schulbetrieb mit einem guten Miteinander gepflegt. Und zu diesem »Funktionieren« zählt Michael Vollmer auch den gut ausgebauten AG-Bereich, die Schulpartnerschaften mit Schweden, der Ukraine und Australien sowie das »G9«, den neunjährigen Weg zum Abitur, dessen engagierter Verfechter er ist. Der bilinguale Unterricht in Englisch wurde unter seiner Ägide eingeführt, bei dem Schüler einer der fünften Klassen in sechs Wochenschulstunden in der Fremdsprache unterrichtet werden. Ab Klasse sieben steht für sie der Fachunterricht in Geografie, ab Klasse neun in Geschichte auf Englisch im Stundenplan. Ein weiteres prägendes Element des »Nellenburg-Gymnasiums« ist das Musikprofil: Ab der neunten Klasse können Schüler an allen Gymnasien als Profilfach für drei Schuljahre mit je vier Wochenstunden eine dritte Fremdsprache oder Naturwissenschaft/Technik belegen. In Stockach kann als weitere Möglichkeit Musik gewählt werden.
Angepasst ist er nie gewesen. Michael Vollmer war stets ein Querdenker mit eigenem Kopf. Eine Besonderheit hat er auch im Lebenslauf: Der in Karlsruhe Geborene studierte nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums zunächst zwei Semester Elektrotechnik, um »etwas Praktisches zu machen«. Doch dann wechselte er hin zu Geschichte und Deutsch, zog das Studium in acht Semestern durch und war nach seinem Referendariat in Freiburg, Offenburg und Titisee-Neustadt 25 Jahre lang Lehrer am »Hegau-Gymnasium« in Singen. 2006 kam der Vater zweier erwachsener Töchter und zweifache Großvater als Rektor nach Stockach – eine Tätigkeit, die er auch wegen ihrer Vielseitigkeit liebt: Man sei Personalmanager, Finanz- und Außenminister, Bundespräsident wegen der Repräsentationspflichten und Organisator in einem.
Fast eine Regierung also – doch dieses Regieren wird Michael Vollmer nach eigenen Angaben nicht vermissen: Es sei der rechte Zeitpunkt zum Aufhören, denn Bestimmungen wie die EU-Richtlinien zum Datenschutz seien Sand im Getriebe und eine deutliche »Überverrechtlichung«. So ist Michael Vollmer nun ganz auf seine nachschulische Zeit eingestellt – und trotz SPD-Parteibuch schließt er eine kommunalpolitische Tätigkeit an seinem Wohnort Radolfzell aus: Er sei von 1989 bis ’99 zehn Jahre Mitglied des Gemeinderats gewesen, und das sei genug. Nun möchte er seine Hobbys Lesen, Reisen und Kochen pflegen. Und das, was er als das Wichtigste an seinem Schulleiter-Job ansieht, wird auch weiterhin wichtig sein: »Kommunikation«.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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