Jumelage-Jubiläum nachgefeiert
"Partnerschaft machte uns zu besseren Menschen"
La Roche sur Foron/Stockach. Im letzten Frühjahr musste das goldene Partnerschaftsjubiläum von Stockach und La Roche sur Foron kurzfristig abgesagt werden, nun konnte es im 51. Jahr der Städtefreundschaft am Samstag in Savoyen nachgefeiert werden. In diesem Fall zusammen mit dem 60. Jahrestag der Élysée-Verträge, die ja den Grundstein für die Städtepartnerschaften zwischen Frankreich und Deutschland legten, als gelebtes Europa und Akt der Versöhnung zwischen einstigen Erzfeinden. Eine rund 100-köpfige Delegation aus Stockach war am Samstag und Sonntag zu Gast in der Partnerstadt und zelebrierte und erneuerte die Freundschaft.
Der im Herbst neu gewählte Bürgermeister Pierrick Ducimetiere ist freilich bereits der sechste in der 30-jährigen Amtszeit von Rainer Stolz, wie dieser in seiner Ansprache bemerkte. Die ganzen 50 Jahre Partnerschaft wurden von Stockacher Seite mit nur zwei Bürgermeistern begleitet, was am Abend in einer imposanten Ausstellung im Messezentrum der Stadt vorgestellt wurde, wo der weitere Teil des Festakts stattfand. Die Freundschaft habe für Kontinuität gesorgt, besonders der Schüleraustausch als eine Basis dafür, dass aus den einstigen "Erzfeinden" nun Freunde über die Generationen hinweg wurden. Dabei wurde Rainer Stolz in seiner Rede, die per Videoübertragung über einen Großbildschirm gleich schon mit der Übersetzung als Text auf den Platz vor dem Rathaus übertragen wurde. Mutige Männer seien damals daran gegangen, die sprichwörtliche Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland zu überwinden, im Freundschaftsvertrag von Élysée, der dann auch die Basis gebildet habe, dass zehn Jahre nach diesem Vertrag Stockach und La Roche sur Foron ihre Partnerschaft besiegelten. Das klinge nach Zauberei, sei aber in Wirklichkeit harte Arbeit gewesen. Und es sei der Kern der Beziehung geworden. Über das gemeinsame Jugendwerk hätten inzwischen über 10 Millionen Jugendliche in 400.000 Austauschprogrammen ihr Partnerland und die Partnerstädte kennenlernen können. Drei Generationen später hake es noch immer zu vielen Fragen der großen Politik.
Jugendaustausch als Motor
Ohne die starke Entwicklung der Jugendaustausche und die Verbindung zwischen Städten stünde es sicher schlechter um dieses Projekt der europäischen Einigung. Die Sorgen der Kommunen beidseits der Grenze seien in den aktuellen Zeiten ähnlich, und auch die Handlungsfreiheit der Gemeinden würde immer mehr durch Bürokratie eingeengt. Beide Kommunen hätten sich über die ganzen 50 Jahre einander begleitet. Und man habe von den Realisierungen lernen können. Das könne man noch mehr tun, meinte Stolz in seiner Rede. Vor allem die Jugend solle dabei erreicht werden. "Es lebe Europa", schloss Stolz seine Rede.
Bürgermeister Pierrick Ducimetiere, der erst im letzten Herbst neu gewählt wurde, erinnerte auchan die Zeiten, aus denen heraus man von Feinden zu Freunden wurde. Er ging in seiner Ansprache auch auf den bevorstehenden Rücktritt von Rainer Stolz nach 30 Jahren als Bürgermeister ein und versprach, dass er von seiner Seite aus diese Partnerschaft weiter unterstützen und pflegen wolle und natürlich hoffe, dass auch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin diese Linie zwischen den beiden Städten fortsetze.
David Ratsimba vom Rat des Departements "Haute Savoye", der aus La Roche stammt, erinnerte sich daran, dass er schon 1972 beim damaligen Partnerschaftsjubiläum mit dabei gewesen sei, im Kinderwagen, weil sein Vater hier als Musiker des örtlichen Musikvereins mitgespielt hatte. Und er sei selbst in den 1980er Jahren in Stockach gewesen. Damals für ein Fußballspiel, an das er sich nachhaltig erinnere. Auch er beschwor den Geist der Freundschaft, der eine neue Zeit eröffnet habe: "Dadurch sind wir zu besseren Menschen geworden", unterstrich er.
Aus der Erinnerung gelernt
Mit einem über ein Video verlesenen Brief eines Soldaten aus dem Krieg damals nach Hause, währen in den Bildern die Habseligkeiten betrachtet wurden, die nach seinem Tod übrig blieben, zeigte eindrücklich, aus welchem Leid diese neue Zeit geboren wurde. Das Trio Sarah Charlier, Frederic Parode und Marie Bodien zelebrierte eine faszinierende Performance mit sinnbildichen Geschenken auf dem Platz.
Am Abend gaben die Stadtkapelle Stockach und die Harmonie municipale de La Roche sur Foron, die in 2020 ihren 200. Geburtstag gefeiert hatte, in auch anspruchsvollen Zeiten ein gemeinsames Konzert im neuen Messezentrum der Stadt als neuem Aushängeschild der Zukunft dieser kleinen Stadt, das die Klasse beider Orchester widerspiegelte. Dort wurde auch das symbolische Geschenk zum Jubiläum, eine Stockacher Himmelsliege feierlich übergeben mit einem Probeliegen beider Bürgermeister. Im Rahmen des Festabends wurde auch die Partnerschaft mit neuen Urkunden nochmals bekräftigt.
Der Sonntag war dann noch geprägt von einem deutsch-französischen Gottesdienst, für den Stadtpfarrer Thomas Huber in der Delegation mit angereist war, wie mit Führungen durch die Altstadt und durch das örtliche Museum.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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