Landesjustizminister Guido Wolf löst Weinstrafe des Narrengerichts ein
Nun stimmte der Dresscode
Stockach. Dieses Mal hatte er das korrekte Outfit gewählt: Guido Wolf erschien im schicken, blauen Hose-Jackett-Ensemble mit weißem Hemd - ohne Hut oder eine andere Kopfbedeckung. Denn der baden-württembergische Justizminister hatte aus der Vergangenheit seine Lehren gezogen: Weil er zur Gerichtsverhandlung des Stockacher Narrengerichts am »Schmotzigen Dunschdig« in der Jahnhalle mit einer Art Melone mit Wolfsschweif erschienen war, hatten ihn Narrenrichter Jürgen Koterzyna und seine Gerichtsnarren zur Zahlung eines halben Eimers Wein österreichischen Maßes, also 30 Litern, verurteilt. Denn als geschlagener Stockacher Laufnarr hätte der CDU-Mann die Stockacher Laufnarrenmütze tragen müssen. Diese Strafe löste der Ex-CDU-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl und jetzige Landesjustizminister nun ein. Am Mittwochabend, 31. Mai, übergab der Jurist 45 Liter Wein an das Narrengericht - 15 Liter mehr als verlangt. Er wollte damit einem gängigen Klischee, Schwaben seien geizig, gegensteuern. Doch Narrenrichter Koterzyna hatte eine logische Erklärung gefunden: Beim Kauf von 60 Flaschen gab es drei Prozent Rabatt, daher war der Großeinkauf trotz schwäbischer Genügsamkeit erfolgt, so seine Erklärung für den unerwarteten Weinsegen.
Als Jurist drückte Guido Wolf sein Erstaunen über die Stockacher Gebräuche und Gepflogenheiten aus: Es sei einmalig in der Justizgeschichte des Landes Baden-Württemberg, dass ein Zeuge verurteilt werde. Denn der Christdemokrat war als Zeuge der Anklage vor das Narrengericht geladen worden, um gegen die Beklagte Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, auszusagen. Sie, so war am Rande der ersten Strafweinübergabe zu vernehmen, wird ihre Strafe ebenfalls einlösen. Die Sozialdemokratin hat das Narrengericht Ende Oktober auf ein Weingut eingeladen, um das Urteil zu vollstrecken.
Guido Wolf hat das bereits getan. Als Justizminister brachte er einen Wein von der Staatsdomäne Hohrainhof mit, auf der Strafgefangene im Rahmen ihrer Strafverbüßung zur Herstellung des Weins eingesetzt werden. Das sei eine Maßnahmen zur Resozialisierung und solle den straffällig Gewordenen nach Verbüßung ihrer Strafe die Rückkehr in ein straffreies Leben ermöglichen. Narrenrichter Jürgen Koterzyna wäre nicht Jürgen Koterzyna, wenn er nicht ausgiebig recherchiert hätte. So gibt es nur noch in Italien ein Weingut, auf dem Strafgefangene als Mitarbeitende eingesetzt werden. Dort würde die Flasche aber 62 Euro kosten. Auch die hätte Guido Wolf mitbringen können. Bemerkung aus dem Plenum: »Vielleicht sind das ja Lira.«
Humorvoll ging es jedenfalls bei der Strafweinübergabe von Guido Wolf zu. Der Oberschwabe wusste auch mit einem Gedicht zu unterhalten, in dem er die Unterschiede zwischen Schwaben und Badenern ohne Rücksicht auf die eigene Herkunft schonungslos offenlegte. Jürgen Koterzyna seinerseits nutzte die Veröffentlichung der Stockacher Kriminalitätsstatistik im WOCHENBLATT, um auf die Bilanz des Narrengerichts hinzuweisen: Denn das Narrengericht habe eine Aufklärungsquote von 100 Prozent. Und: »Das ist einmalig in Deutschland.«
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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