Stolz schreibt Brief an Minister Lucha
Nähe zur Klinik spielt doch eine Rolle

Mit dem kleinen Krankenhaus sieht sich Stockach durch die jüngsten Reformpläne der Gesundheitsminister als bedroht an. | Foto: swb-Bild: Fiedler/Archiv
  • Mit dem kleinen Krankenhaus sieht sich Stockach durch die jüngsten Reformpläne der Gesundheitsminister als bedroht an.
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Stockach/Stuttgart. Seit Anfang Februar ist der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Bundesländer. Und als solcher sorgte er mit der Ankündigung einer großen Krankenhausreform bereits für Aufsehen. Die Entfernung zum nächsten Krankenhaus sei nach seinen Worten nicht entscheidend für eine gute Behandlung, was Stockach besonders aufhorchen ließ. Bürgermeister Stolz sieht diese Äußerung als bedrohlich für das Stockacher Krankenhaus als »kleine Einrichtung« vor Ort an.

Entscheidend für die Krankenhausbehandlung seien die Qualität und die personellen Ressourcen, um diese Qualität umzusetzen, wird Lucha in den Presseberichten zitiert. Es gehe um das richtige Angebot am richtigen Ort. »Die romantische Vorstellung, ein kleines schnuckeliges Krankenhaus sichert quantitativ und qualitativ flächendeckend eine Grundversorgung, ist eine romantische Mär«, so Lucha weiter.

Das hat den Stockacher Bürgermeister Rainer Stolz, der auch Aufsichtsratsvorsitzender beim Stockacher Krankenhaus ist und für das die Stadt in den letzten Jahren viele Millionen Euro für die Erweiterung des Bettenhauses zur Verfügung stellte, hat dem Minister nun postwendend einen Brief geschrieben:

»Passend zur Fasnetszeit haben Sie wieder einen Leitspruch zum Besten gegeben, der sich nahtlos an die zahlreichen, ähnlich pauschalen Gemeinplätze, die im Zusammenhang mit der vom Bundesgesundheitsminister angekündigten ›Revolution im Gesundheitswesen‹ geäußert wurden, anschließt«, so Stolz an Lucha. »So meinten Sie, dass die Vorstellung, dass ein kleines, schnuckeliges (?) Krankenhaus die flächendeckende Grundversorgung sichere, eine romantische Mär sei. In der gleichen pauschalisierenden Weise darf erwidert werden: die Vorstellung, dass ein großes, alle medizinischen Disziplinen abdeckendes Zentralkrankenhaus die menschengerechte, medizinische Versorgung sichere, ist eine naive Illusion«, kontert Stolz hier weiter.

Recht hätten alle, die Wert darauf legten, von der Medizin zu fordern, dass in den Krankenhäusern die Qualität von Behandlung, Versorgung und Betreuung stimmen müsse. Leider habe die Politik, und zwar jedweder Couleur, es bislang seit Jahrzehnten versäumt, die finanziellen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es den Krankenhäusern, die heute für eben diese Aufgaben tagtäglich bereitstehen, möglich werde, diese Qualität in dem von den Häusern selbst gewünschten Umfang zu leisten, meint Stolz in seinem Schreiben an den Minister.
Das treffe freilich für Krankenhäuser jeglicher Größe zu. Wenn von den Verantwortlichen die Behandlung auf das ausschließlich Medizinische reduziert werde, der Mensch dabei unberücksichtigt bleibe, dann würden bei immer größeren Krankenhausfabriken der Patient und dessen Angehörige die großen Verlierer sein, während die Großkliniken und die Krankenkassen die Gewinner würden. »Das kann man wollen, dann aber bitte nicht von einer menschengerechten oder gar nachhaltigen Medizin sprechen, denn dann ist auch dieses eine Mär«, bezieht Stolz hier Stellung.

Und: »Schade, dass der Kläger des Stockacher Narrengerichtes seine Wahl für dieses Jahr schon getroffen hat. Mit der von Ihnen geäußerten Ansammlung von Halbwahrheiten und dem Weglassen der anderen Hälfte wären Sie ein, mit Verlaub, gefundenes Fressen für das Narrengericht.«

Die Menschen in unserem Land wollten nicht nur medizinisch, sondern auch menschlich und einfühlsam versorgt und betreut werden, und genau dies wollten die Pflegekräfte in Stockach und überall auch leisten. Wenn man sie denn lasse. »Es ist ja nett, wenn Sie bei Ortsterminen den nahbaren und menschlichen Minister herausstreichen, Ihre täglichen Entscheidungen in dieser Sache werden diesem Narrativ aber nicht gerecht«, schließt Stolz seinen Brief.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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