FREIRAUM
Nachbarschaftshilfen als Organisation

Sandra Siggenthaler und Beate Klatt als Vorstandsteam der neuen Nachbarschaftshilfe „Hand in Hand“ in Wahlwies im Büro des Verein am Computer als „Einsatzzentrale“. Das Netz solcher Organisationen wird in der Region immer dichter, weil immer mehr Hilfe benötigt wird die früher aus der Nachbarschaft noch kam.  | Foto: Oliver Fiedler
  • Sandra Siggenthaler und Beate Klatt als Vorstandsteam der neuen Nachbarschaftshilfe „Hand in Hand“ in Wahlwies im Büro des Verein am Computer als „Einsatzzentrale“. Das Netz solcher Organisationen wird in der Region immer dichter, weil immer mehr Hilfe benötigt wird die früher aus der Nachbarschaft noch kam.
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Das ist ein Trend, der sich seit Jahren immer mehr verstärkt, denn Nachbarschaftshilfe, die funktioniert immer weniger unter Nachbarn, einfach weil sich der Lebensalltag immer mehr verändert hat. Während man früher mal eben zum Nachbarn gehen konnte, wenn man der Zucker, Mehl oder Eier ausgegangen waren, so hat sich das selbst in den Dörfern stark verändert, weil die Menschen auf Arbeit weg sind, zum Beispiel, oder anderweitig eingespannt. Wer hätte denn heute noch Zeit für andere einzukaufen, sie mal zum Arzt zu bringen oder einfach mal etwas zu bügeln?

Deshalb gibt es inzwischen immer mehr Bürgervereine oder eben Nachbarschaftshilfen gerade im ländlicheren Raum, auf der Höri etwas, in Möggingen seit kurzen, in Orsingen-Nenzingen, Mühlingen oder den nördlichen Singener Stadtteilen, um nur einige Beispiele zu nennen. Und seit diesem Jahr ist die Nachbarschaftshilfe „Hand in Hand“ in Wahlwies dazu gekommen, die sich im Mai gründete und die nun im Herbst ihre Arbeit aufgenommen hat unter dem Vorsitz von Beate Klatt und mit Sandra Siggenthaler als zweiter Vorsitzender und Einsatzleiterin. Das „Potenzial“ für Wahlwies hatte Ortsvorsteher Udo Pelkner zur Eröffnung deutlich gemacht: Rund 300 Personen im Alter zwischen 60 und 90 Jahren leben hier im Ort, und könnten früher oder später etwas Unterstützung gebrauchen, gerade weil man eben von manchen Nöten gehört hatte, war die Idee aufgekommen, aufgrund der Veränderungen in der Gesellschaft hier vor Ort das Hilfsangebot zu starten, was freilich gar nicht so einfach und mit der Überwindung mancher bürokratischen Hürde vor dem Start verbunden war.

Denn so einfach ist helfen nicht, stellten Beate Klatt und Sandra Siggenthaler fest, die selbst aus dem Pflegebereich kommt. Aber es ist hinzubekommen. Mit 11 KlientInnen konnte die Nachbarschaftshilfe nun starten. „Wir werden wachsen, aber wir wollen das in gesunden Schritten tun“, machte Beate Klatt deutlich. Denn für jede Hilfe werden ja auch meist ehrenamtliche Kräfte benötigt, die auch meist erst mal eine Ausbildung benötigen. Derzeit läuft hier gerade ein Kurs, der personell durch die AOK geboten wird und der – das ist das gute Zeichen – stark nachgefragt ist, auch von Personen auch benachbarten Orten, mit denen man sich als Netzwerk auch gerne ergänzt und austauscht. Gerade das Thema Arztbesuch oder der Einkauf sei sehr stark nachgefragt, denn dazu muss man in den allermeisten Fällen eben in die Städte der Umgebung, weil das Angebot im eigenen Ort minimal ist. Es ist ein Zeichen für die Veränderungen ganzer Gesellschaftsstrukturen, und sehr wichtig seien da auch die Helferabende, bei denen man sich über gemachte Erfahrungen austauschen könne, meint Sandra Siggenthaler. „Wir sind da schon überrascht, wie viele alleinstehende SeniorInnen wir hier in der Gemeinde haben, die nun sehr froh sind, von uns eine kleine Unterstützung zu bekommen, und wenn es nur mal ein gemeinsamer Spaziergang ist, bei dem man Einsamkeit in den eigenen vier Wänden entgehen kann.
Und Flexibilität ist eine Herausforderung. Eigentlich hat die Nachbarschaftshilfe „Hand in Hand“ ihren klaren Abmeldetag. Aber wie es das, wenn man schon am nächsten Tag zum Hausarzt müsste, weil man erkrankt ist. Da wird die Nachbarschaftshilfe schon mal zum „Notfallmanager“ und ist froh, hier auf ein gutes und einsatzbereites Team setzen zu können.

Und: die Rufe aus den Nachbardörfern sind auch schon da. Zum Beispiel aus Espasingen. „Aber wir müssen nun erst hier bei uns die Strukturen festigen und sollten dort auf Helfer vor Ort setzen können, weil gerade die Fahrerei auch viel Zeit nimmt. Bei der Vorstellung des jungen Vereins im Stockacher Gemeinderat konnte sich Bürgermeister Stolz vorstellen, dass man gar alle Ortsteile abdecken könnte mit diesem niedrigschwelligen Angebot, denn der Bedarf besteht ja auch überall durch die Veränderungen in der Gesellschaft. „Das könnten wir nie schaffen und es sollten sich hier nach unserem Vorbild solche Vereine wie hier für den Süden auch für den Westen und den Osten Stockachs bilden, ist ihre Antwort. Und eine Prognose.
Dass die Nachbarschaftshilfe viel Arbeit macht, gerade in der Organisation, diese Erfahrung hat Beate Klatt von Anfang an gemacht. Deshalb ist der Verein froh, nun schon bald eine feste Kraft auf Minijob-Basis für die viele Verwaltung zu haben, die da hinter der Hilfe steckt. So einfach es klingt, anderen ein bisschen zu helfen, so muss auch dieser Bereich zunehmend professionalisiert werden. Die „Nachbarschaft von Früher“ wird zur neuen Dienstleistung, so die Entwicklung.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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