... solange es dem Ziel dient.«/ Das WOCHENBLATT-Interview mit Narrenrichter Jürgen Koterzyna
»Jeder darf machen, was er will, …
Stockach. Und es geht los. Die Stockacher Fasnet beginnt am Samstag, 6. Januar, mit der »Dreikönigssitzung« im Bürgerhaus »Adler Post«. Dann wird auch ein bisher sorgfältig gehütetes Geheimnis preisgegeben. Der Name des Beklagten 2018 wird verraten, der sich am Schmotzigen Dunschdig, 8. Februar, vor dem Stockacher Narrengericht verantworten muss. Wer in diesem Jahr geladen wird, steht gegen 21.15 Uhr auf den Internetseiten des WOCHENLBATTs. Doch zum Ablauf der Stockacher Fasnet äußerte sich Narrenrichter Jürgen Koterzyna bereits im Vorfeld im Interview.
WOCHENBLATT: Die Stockacher Fasnet beginnt am Samstag, 6. Januar 2018, pünktlich um 20 Uhr mit der »Dreikönigssitzung«. Doch 2017 hatte das Narrengericht mit der Pünktlichkeit so seine Probleme?
Jürgen Koterzyna: Das stimmt. Doch es war nicht unsere Schuld, dass wir zur Strafweinübergabe von Malu Dreyer, der Beklagten 2017, anderthalb Stunden zu spät kamen. Wir sind pünktlich um 12 Uhr in Stockach losgefahren, standen dann aber stundenlang im Stau. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz musste auf uns warten, hat es aber mit Humor genommen. Sie selbst hat sich ja auch verspätet: Der Strafwein sollte bis Lätare, dem vierten Fastensonntag, vor Ostern, geliefert werden, doch die Übergabe der zweieinhalb Eimer Wein, also der etwa 150 Liter, erfolgte erst im Oktober.
WOCHENBLATT: 2017 war für das Narrengericht ein besonderes Jahr: Es wurde vom »Bund Freiheit statt Baden-Württemberg« zum Badner des Jahres gekürt. Ist daraufhin mit mehr Gelb im Häs und einem Ersatz des Narrenmarsches durch das Badner Lied zu rechnen?
Jürgen Koterzyna: Nein, am Häs und am Narrenmarsch ändert sich nichts. Aber wir sehen die Auszeichnung als eine Wertschätzung an, über die wir uns sehr gefreut haben. Die Würdigung zeigt auch, dass wir über die Stadtgrenzen von Stockach hinaus wahrgenommen werden.
WOCHENBLATT: Rainer Stolz wurde bei der Bürgermeisterwahl am 24. September 2017 für weitere acht Jahre im Amt bestätigt. Ist er nach diesem Wählervotum nun sicher vor närrischen Attacken und verbalen Seitenhieben in der Fasnet?
Jürgen Koterzyna: Es ist Recht und Pflicht der Narren, den »Mächtigen« den Spiegel vorzuhalten. Dieses Recht hat mit Wahlen nichts zu tun und wird deswegen weiterhin von uns ausgeübt. Es ist auch nicht auf den Bürgermeister beschränkt – das kann jeden treffen.
WOCHENBLATT: Das Narrengericht wurde seinerseits von städtischer Gewalt getroffen. Sind die Strafzettel wegen falschen Parkens, die an den »Bunten Abenden« ausgestellt wurden, inzwischen bezahlt?
Jürgen Koterzyna: Ja, wir haben alle Strafzettel beglichen und die Sache in gegenseitigem Einvernehmen zwischen uns und der Stadt gelöst.
WOCHENBLATT: Doch nun zu 2018. Stehen Jubiläen an?
Jürgen Koterzyna: Jede Menge: 25 Jahre Hans-Kuony-Post, 55 Jahre Gliederung der Aktiven Laufnarren, 275 Jahre allererste Abschrift des Privilegs, 45 Jahre Narrenbrunnen und 90 Jahre Laufnarrenkappe. Aber keine Sorge, es ist kein Narrentreffen deswegen geplant.
WOCHENBLATT: Sehr viele Jubiläen für eine so kurze Fasnet. Freuen Sie sich auf die kurze Saison oder bedauern Sie, so wenig Zeit für die Narretei zu haben?
Jürgen Koterznya: Sowohl als auch. Einerseits ist es schön, dass alles so kompakt abläuft und es zwischendrin keinen Leerlauf gibt. Andererseits muss die kurze Zeit aber auch gut geplant und organisiert und optimal genutzt werden. In diesem Jahr wird es übrigens keinen »Bunten Abend« geben. Das liegt aber nicht nur an der Kürze der Zeit, sondern am sowieso gültigen Zwei-Jahres-Rhythmus. Und 2017 hatten wir ja sehr gelungene »Bunte Abende« unter dem Motto »Oscarnacht«.
WOCHENBLATT: Wird es zur »Dreikönigssitzung« wieder die laut Bürgermeister Rainer Stolz »frivole Dekoration« im Bürgerhaus geben?
Jürgen Koterzyna: Frivol? Nein. Die Dekoration ist festlich und einladend. Wir haben sie sogar noch erweitert und verfeinert. So wird unter anderem auch das Rednerpult im gleichen auberginefarbenen Stoff ausgelegt werden. Gastredner werden übrigens Ernst Stocker aus der Schweiz, Regierungsrat des Kantons Zürich, und Holger Schank von der Meßkircher Katzenzunft sein.
WOCHENBLATT: Gibt es personelle Wechsel im Narrengericht?
Jürgen Koterzyna: Für die aktuelle Saison hat keiner der Kollegen seinen Austritt erklärt, so dass wir niemand auf der »Dreikönigssitzung« verabschieden müssen. Nur in der Ämterverteilung ergeben sich die bereits bekannten Änderungen, die zur neuen Saison in Kraft treten: Neuer Laufnarrenvater wurde Michael Zehnle, Pritschenmeister Helmut Lempp. Überhaupt wird nun jedes unserer 19 Mitglieder eine besondere Aufgabe erhalten. So ist beispielsweise Harry Hahn als Majordomus für unsere Immobilien mit dem Hans-Kuony-Haus und dem Narrenstüble zuständig, Jochen Sigg kümmert sich um Musik und Programm und Frank Eichwald ist unser Sponsoring-Beauftragter.
WOCHENBLATT: Welche Narrentreffen besuchen Kollegium und Gliederungen 2018?
Jürgen Koterzyna: Am 5. Januar, dem Tag vor der »Dreikönigssitzung«, sind wir zu Gast in Oberägeri, und wir gehen mit 176 Hästrägern inklusive Musik zwei Tage nach Gengenbach und später noch nach Siebnen in der Schweiz.
WOCHENBLATT: Wieder kein Besuch der närrischen Veranstaltungen im Raum Stockach?
Jürgen Koterzyna: Wir freuen uns immer über Einladungen aus der Nachbarschaft. Das ist uns auch wichtig. Und wenn das zeitlich passt, besuchen wir gerne Fasnachtsumzüge in der Verwaltungsgemeinschaft. So sind wir auf jeden Fall 2019 beim Jubiläum in Seelfingen mit dabei.
WOCHENBLATT: Zurück zu den eigenen Veranstaltungen des Narrengerichts.
Der Hänseleball ist wieder zu einem festen Bestandteil im närrischen Programm geworden?
Jürgen Koterzyna: Ja, der Hänseleball hat im letzten Jahr sehr gut funktioniert und wird wieder im Bürgerhaus stattfinden. Ebenso der Hemedglonkerball und der Laufnarrenmarkt.
WOCHENBLATT: Der Damenkaffee der Alt-Stockacherinnen wird vom Narrenrichter in seinem Resümee alljährlich gelobt. Wie kann hier eine Beurteilung vorgenommen werden – Männer sind doch gar nicht zugelassen?
Jürgen Koterzyna: Ab 19 Uhr sind auch die Männer eingeladen, und dann werden einige Programmpunkte wiederholt. Und die sind stets hochkarätig.
WOCHENBLATT: Wer gibt 2018 in der Hans-Kuony-Kapelle den Ton an?
Jürgen Koterzyna: Simone Renz steht uns noch für eine weitere Saison zur Verfügung. Aber wir würden sie gerne längerfristig an der Spitze der HKK sehen.
WOCHENBLATT: Immerhin eine Frau an der Spitze der Hans-Kuony-Kapelle. Aber einen Orden gibt es dafür nicht. Die sind weiterhin den Männern vorbehalten?
Jürgen Koterzyna: Aber nein. Unsere engagierten Damen werden weiterhin Orden von der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) erhalten. Dafür schlagen wir sie gerne vor und setzen uns für die Ordensvergabe ein. Aber in der Stockacher Fasnet sind Ehrenzeichen weiterhin den Männern vorbehalten. Unsere Damen müssen sich auch gar nicht mit Ordenszeichen schmücken, da sie ja bereits von Natur aus sehr attraktiv sind.
WOCHENBLATT: Anderthalb Jahre Narrenrichter Jürgen Koterzyna. Wie ist Ihr Fazit?
Jürgen Koterzyna: Es macht großen Spaß, und auch die Zusammenarbeit mit den Gliederungen läuft bestens. Wir haben aus meiner Sicht ein sehr gutes Miteinander.
WOCHENBLATT: Sie legen Wert auf eine funktionierende Organisation und Einsatzbereitschaft aller Beteiligten. Ziehen Ihre närrischen Mannen mit?
Jürgen Koterzyna: Der Anspruch der Stockacher Fasnet hängt nicht vom jeweiligen Narrenrichter ab, sondern ist seit Bestehen des närrischen Brauchtums unverändert immer der gleiche geblieben. Wir wollen eine würdige, niveauvolle Fasnet machen, und dazu kann jeder beitragen. Jeder darf sich engagieren und jeder darf machen, was er will, solange es dem Ziel dient.
WOCHENBLATT: Bei den Querelen der Regierungsbildung in Berlin – hat das Narrengericht einen Beklagten gefunden?
Jürgen Koterzyna: Aber natürlich. Der Name wird allerdings, wie immer, erst auf der »Dreikönigssitzung« bekannt gegeben.
- Matthias Güntert
Autor:Redaktion aus Singen |
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