Dreikönigssitzung des Stockacher Narrengerichts
"Hans Kuony, Königsklasse, schön und schwer"
Stockach. Einen wahrlich denkwürdigen Auftakt in die Stockacher Fasnet erlebten die Gäste am Montag, 6. Januar, im vollen Saal des Bürgerhauses Adler Post. So wurde an diesem Abend mit der traditionellen Dreikönigssitzung diese bedeutende Zeit eingeläutet.
Nach einem raschen Rückblick auf die vergangene Fasnet sowie der Bekanntgabe des diesjährigen Narrenwirtshauses gab es seitens der Gerichtsnarren einiges an personellen Veränderungen zu verkünden. Hierbei wurden zu Beginn der ehemalige Kläger Wolfgang Reuther sowie der frühere Pritschenmeister Helmut Lempp in den Stand der Altgerichtsnarren versetzt, die offizielle Verabschiedung erfolgt beim Fasneteröffne am 11. Januar. Für beide gab es von den beiden Vizepräsidenten der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), Peter Schmidt und Otto Gäng, das Ehrenzeichen in Silber. Gleichzeitig konnte das Narrengericht jedoch mit Jochen Fecht, aktiver Laufnarr seit 25 Jahren, ein neues Mitglied in ihrem Gremium begrüßen.
Emotional wurde es bei den bevorstehenden Kündigungen, so hatten Reisemarschall Hubert Reiser, Nachwuchskoordinator Stefan Keil sowie Hans Kuony-Darsteller Roland Drews ihren Rückzug aus dem Narrengericht angekündigt, der dann 2026 vollzogen wird. Vor allem die Kündigung von Drews nach dann 39 Jahren als Hans Kuony überraschte. "Eine Ära geht zu Ende", so Narrenrichter Jürgen Koterzyna. Er dankte Roland Drews auch dafür, den Arbeitskreis Narresome in Stockach ins Leben gerufen zu haben.
"Echte Dame und Fachfrau" als Beklagte
Nachdem unter anderem der neue Fürsprech, Christoph Stetter und der neue Kläger, Michael Nadig, offiziell ihre Ernennungsurkunde vom Narrenrichter erhielten, kam das Hohe Grobgünstige Narrengericht zum ersten Höhepunkt des Abends: der Bekanntgabe des Beklagten. Präsentiert von Fürsprech und Kläger, konnte Julia Klöckner, die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Schatzmeisterin der CDU Deutschlands sowie ehemalige deutsche Weinkönigin als diesjährige Beklagte verkündet werden. "Endlich wieder eine echte Dame und Fachfrau, die zudem noch dieselben Ideale wie das Narrengericht verkörpert", so Koterzyna. Vor allem ihre "Nähe zum Wein" sowie ihre positive Einstellung zum närrischen Brauchtum erfreue die Gerichtsnarren sehr. "Wein aus der Pfalz", so der Narrenrichter, "ist nicht der schlechteste", sollte die CDU-Politikerin verurteilt werden. Einen knackevollen Terminkalender rund um die Wahl bescheinigte Jürgen Koterzyna der Beklagten ebenfalls, "daher hoffen wir, dass wir sie gleich in der Jahnhalle noch zur neuen Bundesministerin für Ernährung ernennen können".
Zahlreiche Ehrungen
Nach diesem Akt folgten weitere Ehrungen seitens des Narrengerichts. Von den drei für 50 Jahre Stockacher Laufnarr zu Ehrenden Fritz Kleninger, Joachim Busse und Hartmut Rathke hatte nur Busse, der aber extra aus Köln, den Weg nach Stockach angetreten. VSAN-Vizepräsident Peter Schmidt wurde vom Narrengericht mit dem Hans Kuony Kreuz ausgezeichnet.
Weiter ging es mit dem Laufnarrenschlag, der dieses Jahr dem künftigen VSAN-Präsidenten Roland Haag, Tobias Emberger (Direktor des Amtsgerichts Stockach), Sascha Reichel, Michael Herz, Tobias Gräser sowie Michael Stelzer (Sparkasse Hegau-Bodensee) zuteilwurde. Nach der Pause erfolgten weitere Ehrungen für 25 Jahre als Stockacher Laufnarr für Hirschen-Wirt Karl Amann, den Präsident der Engener Narrenzunft, Sigmar Hägele sowie den Engener Ehrenzunftmeister Rudolf Waldschütz, den Engener Altbürgermeister Johannes Moser, Gerd Stiefel, Wochenblatt-Verlagsleiter Anatol Hennig sowie Ewald Wetekamp.
Des Weiteren konnte die VSAN dem Fuhrmann Pius Wolf den VSAN-Orden in Bronze und Laufnarrenvater Michael Zehnle dieselbe Auszeichnung in Silber verleihen.
Ein "Akt der Schadensbegrenzung"
Ein weiteres Highlight an diesem Abend war zweifellos der rhetorisch wie inhaltlich brillante Beitrag der ARD-Programmdirektorin Christine Strobl. Schon direkt zu Beginn kündigte sie an, dass ihr Auftritt nicht der langjährigen Freundschaft mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung geschuldet sei, sondern ein "reiner Akt der Schadensbegrenzung". Denn: "Lieber kommt die ARD nach Stockach, als dieses Narrengericht ins Erste Deutsche Fernsehen", worauf nicht nur von Fürsprech Christoph Stetter lautstark "In den Brunnen" gefordert wurde. Die Gerichtsnarren können ihr zufolge froh sein, dass nicht die ZDF-Programmdirektorin geladen wurde: Hier wäre das Narrengericht doch gleich bei "Bares für Rares" gelandet, das Strobl clever als "Ramsch oder Rares" bezeichnete: "Wenn ich mich so umschaue, würden Sie da ganz gut hineinpassen". Mit einem Blick auf die bisherigen Beklagten stünde das Narrengericht laut Strobl der ARD jedoch in nichts nahe. Einen Unterschied gibt es für die ARD-Programmdirektorin zwischen ARD und Narrengericht, so sei der Fernsehsender kein Gericht. "Wir verurteilen nicht, sondern urteilen", so Strobl.
Ein rappender Bundestagsabgeordneter
Es folgte Strobls Laudatio für Andreas Jung, der an diesem Abend auch für sein Wirken um die jährliche Beklagtensuche für das Narrengericht mit dem Hans-Kuony-Orden erster Klasse geehrt wurde. Jung sei für Christine Strobl ein lebendiges Beispiel dafür, dass Politik und Humor sich nicht ausschließen müssen. "Du kannst jederzeit bei deinen Entscheidungen den weisen Rat des Narren in dir selbst zu Rate ziehen", so Strobl an Jung gerichtet. Zum Ende ihres Beitrags sowie der Laudatio fand Strobl doch noch eine Gemeinsamkeit mit dem Narrengericht und der ARD. "Den Finger mit einem Lächeln in die Wunde legen und trotzdem den Menschen zugewandt sein - auch dann, wenn er gesündigt hat." Das brauche es in diesen Zeiten für sie mehr denn je.
Jung konnte schon jetzt sagen, dass Julia Klöckner auf Freispruch setzen würde. "Sie ist wahrlich die Unschuld auf dem Lande". Folgend überraschte Andreas Jung, gemeinsam mit Markus Vollmer und Artdirektor Rainer Vollmer alle im Saal: Er verzichtete auf eine Rede und wagte es tatsächlich zu singen. Frei nach dem Hit "Die da" von den Fantastischen Vier legte er ein Loblied auf seine Auszeichnung ab. Dabei fragte er "Ist es der da, der an der Jacke hängt, oder der da, der Richtung Boden sinkt, oder der da mit dem silbernen Ornat", wobei es für ihn der Orden sei, den sonst keiner hat. "Es ist der da, Hans Kuony Königsklasse, schön und schwer". Es sei für Jung zudem, ganz konkret, "ein Orden, der mir ans Herz ran geht".
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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