Diskussion um die Unechte Teilortswahl bei Kommunalwahl 2019
Fluch oder Segen
Stockach. Die Unechte Teilortswahl wird auf den Prüfstand gestellt. Im Hauptausschuss des Stockacher Gemeinderats legte Wahlleiter Thorsten Keller kürzlich Argumente vor, die für eine Abschaffung dieses Wahlmodus bei der Kommunalwahl 2019 sprechen würden. Bürgermeister Rainer Stolz betonte, dass die Verwaltung keinen Antrag auf den Wegfall stellen würde, das sei Sache des Gemeinderats. Die Ortschaftsräte sollen sich nun bis zur Sommerpause Gedanken über das Wahlsystem machen. Gegen die Unechte Teilortswahl sprechen aus Sicht von Thorsten Keller vor allem die hohe Anzahl an Fehlstimmen, der Nachteil für kleinere Wohnbezirke und der noch komplizierter werdende Wahlmodus. Zudem sei dieser Wahlmodus auf dem Rückzug: 1989 wurde sie noch in 61 Prozent der Gemeinden im Land durchgeführt, 2014 waren es in Baden-Württemberg nur noch 40 Prozent der Kommunen.
Bei der Unechten Teilortswahl wird die Anzahl der zu wählenden Kandidaten in den einzelnen Wohnbezirken festgelegt, »maximal so viele Kandidaten können auch für die Wahlbezirke im Wahlvorschlag benannt werden«, und der Wähler darf nur so vielen Kandidaten seine Stimme geben, wie Sitze zu vergeben sind. In Mahlspüren und Seelfingen wäre das nur ein Bewerber. Dieser Modus birgt aus Sicht von Thorsten Keller eine hohe Fehlerquote: »Wird die Anzahl der vom Wähler mit Stimmen bedachten Kandidaten im Wohnbezirk überschritten, werden sämtliche Stimmen für diesen Wohnbezirk gestrichen.« Insbesondere die Bezirke mit wenig Sitzen würden eine hohe Anzahl an Fehlstimmen aufweisen. Wohl weil mehrere Personen aus dem Teilort mit Stimmen bedacht werden. Thorsten Keller: »Da die maximale Zahl der zu wählenden Personen dadurch sehr oft überschritten wird, erreicht der Wähler aber gerade das Gegenteil. Seine Stimmen im eigenen Wohnbezirk werden ungültig, Stimmen in den anderen Wohnbezirken bleiben erhalten.«
Die Unechte Teilortswahl macht die Zusammensetzung des Gemeinderats nach Ansicht von Thorsten Keller kompliziert. Die Sitze werden zuerst den Wohnbezirken zugeteilt. Da aber normalerweise das Verhältnis zum Gesamtergebnis nicht stimmt, werden Ausgleichssitze nach der Stimmenzahl in den Wahlvorschlägen, unabhängig vom Wohnbezirk, vergeben. So kommen eher Bewerber aus größeren Bezirken zum Zuge. 2014 erhielt Stockach/Hindelwangen vier Ausgleichssitze, Zizenhausen nur einen.
Die Unechte Teilortswahl, so Thorsten Keller, schränke die Wahlmöglichkeit von Kandidaten in den Wohnbezirken ein und führe zu Stimmverlusten. Bei einer Abschaffung würden die Stimmzettel übersichtlicher, es käme zu gut 14.000 Fehlstimmen weniger, Ausgleichssitze würden wegfallen, und eine Rückführung des Gemeinderats auf die Zahl von 22 Abgeordneten wäre möglich. Und: »Bei der Aufstellung der Kandidaten ist der Wohnbezirk nicht relevant, auch in einem kleineren Wohnbezirk könnten mehrere Kandidaten in einer Liste aufgenommen werden«.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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