Die »Stumpenmacher« und ihr 60. Geburtstag
Es muss nicht immer Rio sein
Zizenhausen (sw). Die Dame aus Hamburg ist begeistert: »Ich war schon beim Karneval in Brasilien. Aber das da gefällt mir viel besser.« Das da – das ist der Nachtumzug mit etwa 1.000 Hästrägern und 27 Gruppen in Zizenhausen. Dort schlängelte sich zu Ehren der »Stumpenmacher«, die ihren 60. Geburtstag feierten, befreundete Zünfte mit Vorständen, Maskenträgern, Zimmerern und extrem wilden Hexen als närrischer Lindwurm durch den Ortskern. Ein Defilee regionalen Brauchtums und ein Zeichen gelebter Tradition, die danach gesellig in den Besenwirtschaften, Partyzelten und der Heidenfelshalle fortgesetzt wurden.
Denn die »Stumpenmacher« sind etwas ganz Besonderes. Keine gewöhnlichen Holzer oder Zimmerer, wie Wolfgang Albiez, der Präsident der Narrenvereinigung Zizenhausen, beim Zunftmeisterempfang verriet. Einst sei Zizenhausen ein armes Dorf gewesen, darum habe die Bevölkerung beim Brennholzmachen die Bäume mit den »Stumpen«, den Wurzeln, herausziehen dürfen.
Diese alte Tradition greifen die Geburtstagskinder auf, die den Narrenbaum mitsamt dem »Stumpen« stellen. Daher der Name. Traditionsreich ist aber auch die Vereinigung selbst. Ihre einzelnen Gruppen entwickelten sich in den 50 Jahren – die Tonfiguren in Anlehnung an die Zizenhauser Terrakotten, die Lesholzweiber in Erinnerung an das Auflesen des Holzes, die Einzelfiguren mit Polizist, Büttel und Narreneltern sowie die »Stumpenmacher« als mitgliederstärkste Gliederung. Und nun kommt noch jemand dazu, der sich in Zizenhausen »sauwohl« fühlt – die »Wildsau« als neue Maskengruppe.
Sie erinnert an das Wappentier des Stockacher Ortsteils sowie die Verbundenheit der »Stumpenmacher« zum Wald und soll als Sockel für eine neue, auch für junge Leute attraktive Gruppierung dienen. Wobei Schirmherr Wolfgang Reuther die hübsche junge Dame unter der Maske dem »Wildsauen-Gesicht« vorzog, wie er selbst bekannte. In schwungvollen Reimen würdigte er die Jubilare, bevor Bürgermeister Rainer Stolz zum Geburtstag gratulierte. Da er wusste, dass es nach Zizenhausen gehe, habe er das Geldgeschenk nicht mitgebracht, witzelte er mit Blick auf böse Vorurteile, die den Einwohnern des Ortsteils lange Finger zuschreiben.
Die sind aber eher couragiert, denn wiederholt wiesen sie den Stadtchef auf die maroden Straßen im Ort hin. Für die möchte sich auch Ortsvorsteher Michael Junginger einsetzen, der Opfer manch bösen Scherzes war. »Michael Jüngerle« wurde er genannt. Nur närrische Witze. Denn Zizenhausen – das ist fasnachtstechnisch noch besser als Brasilien.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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