Hamid Akhgar wird in Stuttgart ausgezeichnet

Ein Talent im Land

Stuttgart/Wahlwies. Ein großer Tag wird der kommende Freitag, 8. November, für den 18-Jährigen Hamid Akhgar aus Afghanistan. Er wird einer der 50 jungen Menschen sein, die in diesem Jahr das Förderstipendium des Programms „Talente im Land“ erhalten werden. Dr. Gisela Spledt, Staatssekretärin im Landes-Finanzministerium wird die Jugendlichen aus ganz Baden-Württemberg ehren, die sich diesen Preis freilich auch hat verdienen mussten. Das Förderprogramm, das einmal für jugendliche Flüchtlinge aufgelegt wurde, steht übrigens inzwischen auch deutschen Jugendlichen offen.

Hamid Akhgar kam vor vier Jahren nach Deutschland, zusammen mit seinem ein Jahr älteren Bruder wurden die in Afghanistan auf die Reise durch ihre Eltern geschickt, von denen sie danach leider keine Lebenszeichen mehr bekamen. Per Bus, Bahn, mit dem Boot nach Griechenland und auch viele Strecken zu Fuß ging diese Flucht, sie für Hamid Akhgar schließlich im Pestalozzi-Kinderdorf Wahlwies, damals einer der Hotspots für die Aufnahme und Betreuung von sogenannten „Unbegleiteten Minderjährigen“, die zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise zu hunderten auch hier im Landkreis anlandeten. Das Kinderdorf wie auch seine Förderin Helga Welsch, die Hamit Akhgar schließlich bis jetzt begleitete und förderte, erkannten freilich bald das Potenzial des stillen Jungen, der aber die Gabe hat, sich Wissen und Fertigkeiten ohne größere Umwege anzueignen.

Doch die letzten vier Jahre waren auch ein Weg, der langen Atem erforderte. Mit dem Erlernen grundlegender Deutschkenntnis, was ja mit einer Alphabetisierung auf unsere Schrift beginnen musste, war erst mal ein Hauptschulabschluss an der Teggingerschule in Radolfzell verbunden. Und der war mit einer Eins vor dem Komma so gut gelungen, dass Hamit Akhgar gleich über die Werkrealschule einen Realschulabschluss anhängen konnte. Inzwischen hat er das erste Jahr des Wirtschaftsgymnasiums am Berufsschulzentrum in Stockach hinter sich, konnte auch aus der Wohngruppe erstmals in eine eigene Wohnung umziehen und blickt ganz zuversichtlich in die Zukunft. Schließlich hat er auch die drei Bewerbungsschritte seit Januar für diese Auszeichnung „Talente im Land“, die mit einer persönlichen Prüfung der letzten 100 Aspiranten verbunden, war erfolgreich geschafft. 300 Bewerber wurden am Anfang des Prozesses zugelassen. „Er hat eine scharfe analytische Begabung und kann sich schnell einen Überblick verschaffen, Strukturen erkennen, aber auch sehr gut im Team arbeiten“, beschreibt seine Förderin und Nachhilfelehrkraft von LernPlan Welsch aus Singen. Hamid lacht, als ihm diese Attribute verliehen werden, sonst ist er eher ernsthafter zugange. Mathe, Physik, Chemie sieht er als seine Stärken, hier gibt er sogar schon Nachhilfeunterricht. Das liegt im auch viel mehr als Deutsch. Dazu kommt freilich noch ein handwerkliches Geschick, und die Lust auch mal auf den Fußballplatz zu gehen. In der Richtung Naturwissenschaften, zum Beispiel auch Luft- und Raumfahrtechnik sieht er seine Aufgabe für die Zukunft mit einem Studium, auch mit dem Klimawandel im Blick. Erste Kontakte in Richtung Hochschulen sind geknüpft. Doch erst mal steht das Abitur für 2021 auf der „To-Do-Liste“. „Derzeit steht nach einem Jahr wieder eine Eins vor dem Komma“, erzählt Helga Welsch stolz.