Symbolträchtige Pfarrer-Einführung in Stockach

"Dürfen wir uns neben Euch hocken?"

Stockach. 15 Monate nach der Verabschiedung von Pfarrer Rainer Stockburger in der evangelischen Melanchton-Kirche, konnte mit dem Einführungsgottesdienst von Ulf Weber uns seiner Frau Heike Heckmann als Gemeindepädagogin die Vakanz beendet werden, in einer Zeit in der nicht nur die evangelische Kirche freilich vor vielen Herausforderungen und Veränderungen steht. 

Das Paar, das aus Braunschweig kommend erst vor wenigen Jahren hier an das Tor zum Bodensee umgezogen ist, hatte mit dem Erntedankgottesdienst einen sehr passenden Rahmen für den Start am neuen Standort, für den der Vertrag "bis zur Rente" geschlossen wurde, wie Dekanin Regine Klusmann im Zeremoniell der Ernennung scherzte.

Ernte fängt mit Samen an

Nach einer festlichen Einführung durch den Gospelchor der Gemeinde ging es schon gleich um Thema Ernte. Dekanin Klusmann erinnerte sich an die ersten Treffen Anfang Mai in Überlingen, damals als die Äpfel nach der Blüte erst winzige Fruchtansätze trugen. Man habe viel über Ideen geredet und sei sich schnell einig gewesen, wenngleich nun auch noch Einigungen zwischen Braunschweig, Kassel und Karlsruhe bei den Oberkirchenräten für die Versetzung erreicht werden mussten.

Jetzt sei der Apfel gewachsen und zur Ernte bereit, freute sie sich. Ulf Weber habe schnell angesteckt mit seiner Fröhlichkeit, mit seiner Strukturiertheit und seiner Bereitschaft für Veränderungen, die hier in der Kirche in den nächsten Jahren sehr gefordert seien.

Bei Heike Heckmann habe man ihre Bezeichnung "Gemeindepädagogin" letztlich belassen, da es in der badischen Landeskirche eine Entsprechung für ihre multiprofessionelle Tätigkeit von der Trauerbegleitung bis zur Krankenschwester und Referentin gibt. Klusmann informierte, dass beide hier einen Arbeitsvertrag mit 75 Prozent unterschrieben hätten, zusammen bedeute das 150 Prozent für die Gemeinde. Weitere Zeit sind sie in der Fortbildung tätig, aber von Mittwoch bis Sonntag für die Gemeinde da.

Zukunft zusammen bauen

Nach der offiziellen Einführung und Segnung durch die Dekanin, Pfarrerin Martina Stockburger (Steißlingen) und Pfarrer Matthias Sehmsdorf (Ludwigshafen) sowie den Kirchenältesten der Gemeinde, die mit den Nachbarn schon gemeinsam das Pfarrbüro betreiben, machten Heike Heckmann und Ulf Weber einen Ausflug in den Laden des Lebens. Mehr Vertrauen, mehr Gemeinschaft, weniger Krieg und Terror wurde hier gewünscht.

"Wir verkaufen hier keine reifen Flüchte, nur die Samen, aus denen solche Früchte wachsen können, wenn man für sie Verantwortung übernimmt und sie auch pflegt", wurde dem Kunden deutlich gemacht. Denn es komme immer auf den eigenen Einsatz an, um ernten zu können: Wenn man bessere Bedingungen für alle Menschen wolle, müsste man selbst auch abgeben können. Bei Gott gebe es immer nur die Samen, aus denen Früchte reifen könnten, verrieten die beiden. Aber gerade in der Zeit vor der Ernte liege die Erfüllung im Leben. 

Sie beide seien auch nicht mit einem Plan oder Rezepten für die weitere Entwicklung der neuen Gemeinde hierhergekommen, das wolle man nun mit der Gemeinde zusammen entwickeln, um in der Verantwortung zusammenzuwachsen. Die Bitte klang schon richtig wie "von hier": "Dürfen wir uns neben euch hocken?" war als Wunsch zur Gemeinschaft in vielfältigster Form ausgesprochen.
Damit sind schon die Samen für die nächste Ernte in die Erde geworfen worden.