Wichtig trotz Sozialstaat: Die Bürgerstiftung Stockach feiert Geburtstag
Die Säulen des Staates
Raum Stockach. Der Staat sorgt für seine Bürger - sicher. Aber sie müssen auch etwas tun, selbst aktiv werden und Lücken schließen. Das war der Tenor, der sich wie ein roter Faden quer durch alle Redebeiträge der Geburtstagsfeier zum zehnjährigen Bestehen der Bürgerstiftung Stockach zog. Sie wurde 2008 gegründet – und im Rahmen des Festakts im Bürgerhaus »Adler Post« philosophierten die Verantwortlichen und der Gastredner, der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, tiefgründig über Themen wie Eigenverantwortung, Einsatz für den Nächsten und Grenzen des Sozialstaates.
Ehrenbürger und Ehrenvorsitzender Heinrich Wagner kritisierte in seiner zupackenden Art den Kommentar in der letzten WOCHENBLATT-Ausgabe, der mehr finanzielle Versorgung durch den Staat gefordert hatte, wodurch Organisationen wie die Bürgerstiftung nicht mehr nötig wären. Wäre der Staat an Stelle der Ehrenamtlichen der Bürgerstiftung für deren Belange zuständig, dann wären die Verwaltungskosten und die Ausgaben für die hauptamtlichen Mitarbeiter viel zu hoch, so das Argument von Heinrich Wagner. Das fixe Stiftungsvermögen werde nicht angetastet, und aus den Einkünften des gut angelegten Geldes würden soziale Projekte unterstützt – damit sei die Arbeit der Bürgerstiftung auch zum Vorteil kommender Generationen. Aber, so der elegante Schlenker, der Staat würde auch etwas für die Stiftung tun – er würde nämlich das steuerliche Absetzen von Spenden ermöglichen. Und so hatte Heinrich Wagner den passenden Übergang, um zum Einsatz für die Bürgerstiftung aufzurufen: Er sei überrascht über die vielen Unterstützer der Einrichtung, aber auch enttäuscht darüber, dass sich manche Firmen und Persönlichkeiten nicht beteiligen würden. Das Stiftungsvermögen von nun etwa 1,6 Millionen Euro auf zwei Millionen Euro anzuheben, sei sein erklärtes Ziel.
Die Bürgerstiftung – ein unverzichtbares Erfolgsmodell, erklärte auch Manfred Peter vom Vorstand in seinem Redebeitrag: Ihr Alleinstellungsmerkmal sei es, dass sie sich als einzige Organisation um alle gemeinnützigen Belange in Stockach und den Ortsteilen kümmere. 26 verschiedene Projekte wurden 2017 gefördert. Und das sei wichtig und richtig: Denn vor Ort würde es Fälle geben, in denen Staat und Staat nicht zur Unterstützung verpflichtet seien, und »Gesetze und Bestimmungen« könnten nicht so verändert werden, »dass sie bei über 80 Millionen Einwohnern in Deutschland jedem Einzelfall gerecht werden können«. Es werde immer Fälle geben, in denen die Bestimmungen nicht greifen würden – und hier seien die Bürger vor Ort gefragt: »Es nützt uns nichts zu rufen: ,Der Staat sollte, mann müsste‘. Nein, es ist Zeit zum Handeln. Nicht Worte sind gefragt, sondern das Handeln. Und zwar hier und jetzt.«
Gastredner Andreas Jung setzte sich in seinem wertkonservativen, in manchen Teilen fast theologisch anmutenden, anregenden Grußwort auch mit dem durch die deutsche Geschichte arg strapazierten Begriff »Heimat« auseinander. Institutionen wie die Bürgerstiftung würden durch ihren Einsatz diesen durch die NS-Zeit missbrauchten Terminus positiv belegen, indem sie sich im Stiftungszweck ausdrücklich auch für Brauchtum und Heimatpflege einsetzen würden. Solche Institutionen seien identitätsstiftend, denn Freundschaften könnten nicht über Internet oder Facebook geschlossen werden.
Dem schloss sich Bürgermeister Rainer Stolz an: Nötig sei der Einsatz der Bürgerstiftung auch, weil hier Personen tätig wären, die die Belange und die Menschen in Stockach kennen. Hervorragend musikalisch untermalt von Matthias Dreßen und Markus Schwab-Renz an Xylophon und Marimbaphon sowie Antonia Miller am Klavier hat Bürgerstiftung Stockach durch ihre Geburtstagsfeier Rückendeckung und Schützenhilfe für die kommenden Jahre bekommen.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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