Gefeiertes Konzert setzt Meilenstein
Die Friedensmesse als klare Ansage an unsere Welt
Stockach. Schon die Dimensionen waren gewaltig: rund 200 SängerInnen und Musiker spielten auf der eigens dafür vergrößerten Bühne der Stockacher Jahnhalle auf. Gewaltig war die Musik mit dem großen Oratorium "The Armed Man - A Mass for Peace" von Karl Jenkins, die hier von Helmut Hubov für das Orchester des Musikverein Stockach und Stefan Gräsle für die vielen SängerInnen der Nellenburg-Kantorei und des Stadtchors Stockach hier für diesen einen Abend einstudiert wurde, bis alles perfekt gesetzt werden konnte. Gewaltig war auch das Interesse an diesem Konzert, denn in der Jahnhalle war sozusagen kein einziger Platz mehr frei. Und den Gästen konnte hier ein wohl auch in der Stockacher Kulturgeschichte bislang einmaliges Konzert geboten werden.
Manfred Wittig, als Vorsitzender des Musikvereins Stockach, konnte die Besucher auf einen großen Abend einstimmen. Die Stadtmusik Stockach hatte sich das Thema Frieden schon bei seinem Frühlingskonzert in beeindruckender Eindringlichkeit vorgenommen, nun wurde mit der "Mass für Peace" eine eindrücklich und auch emotional packende Botschaft formuliert, die eben auch die Schrecken des Krieges fühlbar macht in der Komposition von Karl Jenkins aus dem Jahr 2000, die damals die Schrecken der Kosovo-Krise in Töne und Gesang fassen wollte. Dafür gebe es für ihn nur drei Worte als Antwort und Aufgabe: "Friede auf Erden", sagte Wittig.
Und im Krieg fängt diese großartige Inszenierung auch an: unüberhörbar der Marschrhythmus, das Stampfen von Stiefeln in den ersten Minuten, das so viel Unheil fühlbar macht. Die Komposition, die natürlich eine solch monumentale Aufführung benötigt, hat viele Stimmungsbilder in der Musik aufgenommen, aber in den Texten in verschiedenen Sprachen in diesen 11 Bildern vom Krieg, die ein starker Ruf nach dem Frieden sind.
Wie fühlt sich die sprachlose Angst an, wenn man die Flugzeuge am nächtlichen Himmel hört, wie treffen die Seele die Schreie der Angst, das Kreischen von Metallen, das Bersten von Bomben, das Verbrennen von Tieren und Fleisch. All das greift Jenkins auf, lässt einen Muezzin (als Darsteller Yusef al Dandan) mit "Gott ist groß" zum Gebet rufen, gefolgt von einem "Kyrie eleison" der christlichen Messen, zitiert Psalme oder lässt wie zum Trost ein "Sanctus sanctus" erklingen im Kontrast zu den "Zornigen Flammen" des japanischen Dichters Toge Sankichi aus 1945, um in einer Collage mit Bausteinen des 15. Jahrhunderts und der biblischen Offenbarung mit einem Aufruf den "ewigen Krieg" zu beenden, der das Menschsein auf Erden eben immer schon ausmachte, abschloss.
Musikalisch konnten die beiden musikalischen Macher hier sozusagen in die vollen greifen: Die Sänger in drei Reihen, in verschiedenen Szenen mit Patricia Urban, Elise, Amelie und Lorina Fellhauer und Patrizia Scheyda als Solistinnen, entwickelten unter der musikalischen Leitung von Stefan Gräsle eine Stimmgewalt und Dynamik hier in der Halle, die unter die Haut ging und die trotzdem enorm viel Platz ließ für die leiseren Töne, die vagen Stimmungen über das nicht Wissen was nun kommt.
Perfekt aufgestellt auch die Stadtmusik, die sich hier unter der sehr leidenschaftlichen Leitung von Helmut Hubov zum Gesamtkunstwerk entwickelte, man könnte fast meinen, all diese Brüche in der Musik, die diesen Schrei nach Frieden begleiten, seien zigmal einstudiert, so perfekt folgten die Klänge den Bewegungen der Hand oder des Dirigentenstabs hier in der Halle. Auch hier das Fallen in die Stille, zum Besipiel mit einem ganz schlichten Trompetensolo von Jochen Fischer. Das lässt schlucken am Ende, wenn der starke Applaus die Leistung honoriert, die Bilder aber bleiben.
Und wenn auch Manfred Wittig hier "keine Weihnachtsduselei" angekündigt hatte, so durfte die "Stille Nacht" zum Ausgang nicht fehlen, ist ja auch ein Stück christlicher Friedensbotschaft. Das aber in einer sich steigernden Monumentalversion, wie man sie auch nur mit diesen 200 fabelhaften MusikerInnen und SängerInnen inszenieren kann. Der Wunsch bleibt: "Friede auf Erden".
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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