Jürgen Spreemanns Welten: Norwegen und Deutschland
Die entschleunigte Zeit

Norwegen  | Foto: Wildromantische Schönheit: Norwegen ist eine große Liebe von Jürgen Spreemann. Deutschland ist die andere. swb-Bild. Spreemann
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Eigeltingen. Norwegen - das ist eine Liebe auf den zweiten Blick. Man muss sich auf sein Tempo einlassen, offen sein für seine nur leicht gezähmte, wilde Schönheit, sich seine entschleunigte Gelassenheit aneignen. Jürgen Spreemann hat das getan, und er hat während der 26 Jahre, die er als Lehrer in dem skandinavischen Land verbracht hat, die Sonnenseiten schätzen und die Schattenseiten lieben gelernt. Seit zwei Jahren ist der 70-Jährige nun wieder zurück in Deutschland, wo er in Eigeltingen-Homberg lebt. Aber seine Mission ist geblieben - er möchte eine Brücke zwischen Deutschland und Norwegen schaffen. Die Bausteine für diese Brücke sind Sprachkurse, Vorträge, Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung und das Schaffen von Verständnis.

Sie sind lange - die Winternächte in Norwegen nehmen kein Ende. Tageslicht ist selten. Doch Jürgen Spreemann konnte damit umgehen: Die kulturellen Angebote mit Konzerten, Theater oder Vorträgen, erklärt der Rentner, sind sehr ausgeprägt und müssen nur genutzt werden. Und wenn die Sonne den Schnee zum Glitzern bringe, dann sei das ein unvergleichliches Erlebnis. Das erzählt er mit sehr viel Wärme in der Stimme. Doch ein Pendler zwischen beiden Welten, der skandinavischen und der west-europäischen, ist Jürgen Spreemann nicht. Er ist vielmehr in beiden Kulturen zu Hause und heimisch - sprachlich, mental, historisch und landschaftlich. In Norwegen hat er die Ruhe geliebt, den unaufgeregten Umgang miteinander, die Rücksichtnahme im Straßenverkehr, den weniger hektischen Lebensrhythmus, die Nähe zur Natur, und in Deutschland schätzt er das gute Gesundheitssystem, die Sozialleistungen und die medizinische Versorgung.

Beide Strukturen miteinander zu verbinden - eine Herausforderung. In Norwegen, so erinnert sich der Vater von sechs Kindern an seine Lehrtätigkeit in der Nähe der Hauptstadt Oslo, hatten der Zweite Weltkrieg und seine Folgen auch bei der jüngeren Generation tiefe Wunden geschlagen. Als er einmal in der Schule lauter wurde, zeigte ihm ein Schüler den Hitlergruß. Jürgen Spreemann suchte das Gespräch, war bemüht zu klären und zu erklären. Bemühungen, die fruchten, wie er meint: Deutsch sei als Fremdsprache sehr beliebt in Norwegen, weil sich viele Lernende berufliche Karrierevorteile davon erhoffen. Und in Deutschland herrscht Nachfrage nach seinen Norwegischkursen, die er auch an der Volkshochschule in Überlingen anbietet - obwohl nur etwa 5,1 Millionen Norweger sich der Sprache bedienen. Diese Beliebtheit des Norwegischen führt Jürgen Spreemann auf eine romantische Verklärung zurück, die das Land eben mit dem gemäßigteren Tempo in Beruf und Umfeld verknüpft. Norwegens nordische Zurückhaltung - eine Liebe auf den zweiten Blick.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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