Bewährtes und Experimentelles bei den »Halb-Olfern«
Die Brücke von Heute nach Morgen

Foto: Fasnet darf durchaus ein wenig verrückt sein: Die »Half-Olfer« ließen bei ihrem Bunten Abend alle Fünfe gerade sein.swb-Bild: sw
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Orsingen-Nenzingen (sw). Ein skurril-unkonventionelles Programm, das die eingefahrene Routine mancher Bunter Abende wohltuend sprengte, boten die »Half-Olfer« aus Orsingen in der örtlichen Kirnberghalle. Etwa durch Klaus Beck, den Barbier von Sevilla, einen martialisch-brutalen Friseur, der seine Kunden mittels mittelalterlicher Pranger-Methoden behandelte. Oder durch naiv-blauäugige Touristen der Katholischen Jugend Orsingen, die im US-amerikanischen Texas Sprachschwierigkeiten, herben blonden Schönheiten, Klischee beladenen Ureinwohnern oder verwirrt-verirrten Affen begegneten.

Ungewohnt auch die Philosophie von Tobi Joos, der mit raubeinigem Machismo die Vorteile des Barttragens in einem Referat voller Haarspaltereien vortrug. Eine Anspielung auf den bekennenden Bartträger Bürgermeister Bernhard Volk war da natürlich vorprogrammiert, doch der Rest der Gedankensprünge war alles andere als programmatisch. Beispiel: Richtige Männer, also solche mit Bart, nehmen keine Schaumbäder, sondern Stahlbäder im Hochofen. Fernab von maskulinem Verbalmuskelspiel boten die »Heidenschlössler« in bunt schimmernd-schillernden Ganzkörperkostümen elegante, graziöse Tanzrhythmik in musikalisch passender, anspruchsvoller Choreographie. Nie gesehen, gern gesehen. Und viel mehr als der bodenständige Titel »Es ist gut, ein Sack zu sein« erahnen ließ.

Auch der Titel »Zirkus Halb-Olfi« klang aus der Ferne betrachtet nach den üblichen, ausgelutschten Zirkusspielchen mit Reifenhüpfen, Diabolo Schwingen, Tier-Imitation oder Ball-Jonglage. Doch unter der Regie von Florin Kraft und Patricia Müller wurde eine zirkusreife Vorstellung, eine Persiflage des Jahrmarkts der Eitelkeiten, eine Performance fast Chagall‘scher Prägung mit fantasievoll-fantastischen Kostümen, geometrisch gezirkelter Schminke, abgestimmten Bewegungen und wohl komponierten, gut dosierten Darbietungen auf die Bühne gebracht. Zuvor hatten die Zimmerer unter Markus Zimmermann mit humoristisch-hintergründigem Augenzwinkern den hippen Musikgeschmack mit Gangsterrap und HipHop dem traditionellen deutschen Liedgut mit dem guten, alten Schlager gegenübergestellt. Ein Musik gewordener Generationenkonflikt. So noch nicht gezeigt. Und daher sehenswert.

Das bodenständige Gegengewicht für mehr traditionsbewusste Zuschauer bot ein zweiter Unterhaltungsblock, der zwischen die experimentellen Nummern eingeflochten wurde. Hier wurde auf hohem Niveau die hohe Schule der bewährten Bunten-Abend-Unterhaltung neu aufgelegt. Die jungen Damen der Katholischen Jugend Orsingen fochten zum piratenguten Sound von »Fluch der Karibik« temperamentvolle Zweikämpfe aus, Wilfried und Gerold Honsel stellten in gereimten Weisheiten Sinn und Unsinn von Diäten dar, und die Weißnarren tanzten sich mit einer fidelen Airline um die Welt. Mit Stationen in Texas, Mexiko, Afrika und Stockholm.

Die kommunalpolitischen Zähne zeigten Werner Kraft und Markus Zimmermann beim Dorftratsch mit Biss, der sich nicht nur im Dauerthema Windkraftanlagen festbiss. »Der Gemeinderat, also ich, haben einen genialen Plan«, ließ Werner Kraft seinen Bernhard Volk sagen, der auch für den abzubauenden Zollbruck-Kreisel eine Lösung parat hat. Ähnlich den Gedenksteinen der Berliner Mauer werden die Relikte verkauft oder nach Venedig als neue Brücke exportiert. Die Brücke zwischen Tradition und Moderne, zwischen Experiment und Bewährtem, zwischen Skurrilität und Normalität in Orsingen jedenfalls war bestens gelungen.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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