Stockachs BSZ-Leiter Karl Beirer: Ruhestand für ein elektrisierendes Energiebündel
Der schwere Luxus der vielen Zeit

Foto: Ein unzertrennliches Band wird zerrissen: Karl Beirer, Rektor des Berufsschulzentrums, geht in den Ruhestand.swb-Bild: sw
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Stockach (sw). Tage voller Schule weichen Tagen voller Zeit. Oh je - Karl Beirer und Ruhestand? Paradox. Der nimmermüde, scheidende Leiter des Stockacher Berufsschulzentrums (BSZ), der am Donnerstag, 21. Juli, um 15 Uhr im Bürgerhaus »Adler Post« verabschiedet wird, ist für Mußestunden so gar nicht geschaffen. Doch der 64-Jährige scheint die Schule, die er 21 Jahre lang mit zäher Energie geführt hat, loslassen zu können: Den neuen Lebensabschnitt möchte er bewusst gestalten. Wie immer mit Konzepten und Organigrammen.

Phase eins: runterfahren auf Null. Phase zwei: sammeln, um für neue Sprünge bereit zu sein. Den Luxus Zeit genießen, eigener Herr des Tagesablaufs sein, keine Fremdbestimmung mehr. Na ja, da ist der elf Monate alte Enkel Fynn-Maximillian in Düsseldorf, der bei Opa eine unbekannt weiche Note in der Stimme hervorruft. Und da sind auch noch ein paar Pöstchen etwa in der regionalen Wirtschaftskooperation, die er noch nicht lassen möchte. Aber: »Nun gebe ich den Takt vor.« Gut. Die Beantwortung von E-Mails lange nach Mitternacht, die Vergatterung von Schülern zu Sozialstunden, das Aufscheuchen von Journalisten am frühen Morgen fällt also weg. »Kein Problem«, erklärt Karl Beirer.

Glauben möchte man es ihm nicht. Denn jeder Atemzug ist bei ihm BSZ: Nach Realschule und Abitur an der Robert-Gerwig-Schule in Singen mit »mittelprächtigem« Erfolg studierte er in Mannheim Physik und Betriebswirtschaftslehrer (BWL). Das Referendariat an einer kaufmännischen Schule in Lörrach. Dann kam schon das BSZ Stockach. Seit 1980. In dieser Zeit, versichert der in Überlingen Geborene, war er nicht einen Tag krank. Und wenn ihn die Grippe erwischte, dann in den Ferien. Für »seine« Schule hat er mit zäher Penetranz gekämpft. »Mit Beharrlichkeit«, verbesser er sofort beharrlich. Und mit eben jener Beharrlichkeit erstritt er sich das Berufskolleg Technik II und das Wirtschaftsgymnasium für das BSZ sowie einen modernen Anbau. Ausbildungsschule für Referendare wurde das Berufsschulzentrum, es bietet duale Ausbildung mit Zusatzqualifikationen, hat viele Kooperationen.

Das Ohr am Puls der Wirtschaft zu haben, war für Karl Beirer immer wichtig. Und seine Kids nach dem Schulabschluss gut unterzubringen. Straight ist er. Tough. Und wenn es sein muss, unbequem. Schon immer? Na ja, verrät er, als er in der Realschule war, musste er eine Probezeit absolvieren. Da entdeckte er eine Liste, in der sein Name rot unterstrichen war. Warum? Der Lehrer klärte ihn auf: Er war der Letzte der Probanden, die noch nicht aus der Probezeit entlassen worden waren. Das war Ansporn und Anreiz. Und vor dem Abitur, gesteht er, war er manchmal nicht im Unterricht, weil er für ein Auto jobbte. Und sein Motorrad hat er zweimal zerlegt. Wegen zu schnellen Fahrens. Einmal mit 18. Und einmal mit weit über 50. Geradlinigkeit mit menschlichen Schwächen gepaart. Macht ihn menschlich. Chef von 700 Schülern und 53 Lehrern ist er. Doch ab 1. August emeritierter Lehrer.

Wird er verkraften, sagt er. Viele Kollegen aus seinem bewährten Team gehen in den Ruhestand, er wollte sein Haus rechtzeitig an einen kompetenten Nachfolger übergeben, möchte die Schule in guten Händen wissen - und auch mal an sich denken. Die Tage voller Zeit scheinen ihn nicht zu schrecken. Wirklich? Wann ist der nächste »Karrieretag« am BSZ? Da kommt es wie aus der Pistole geschossen: »Am Freitag, 10. Februar.« So ganz hat er noch nicht losgelassen.

- Simone Weiss

Autor:

Redaktion aus Singen

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