55 Jahre Traditionsgastronomie - Ehrung für Gerta Nagel
Der Burger war früher der Rostbraten

Familie Gassner Stockach  | Foto: Gerta Nagel vom Ringhotel »Zum Goldenen Ochsen« in Stockach wurde vom Verein »Historische Gasthäuser in Baden« ausgezeichnet. Zu den Gratulanten gehörten auch die beiden Enkel Elard und Hanno Gassner sowie (hintere Reihe von links) Museumsleiter Johannes
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  • Foto: Gerta Nagel vom Ringhotel »Zum Goldenen Ochsen« in Stockach wurde vom Verein »Historische Gasthäuser in Baden« ausgezeichnet. Zu den Gratulanten gehörten auch die beiden Enkel Elard und Hanno Gassner sowie (hintere Reihe von links) Museumsleiter Johannes
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Stockach. Von der Schule bis zum Gasthof ihrer Eltern waren es nur wenige Schritte. Und ihr erster Gang beim Nachhausekommen führte sie meist zu einem Topf voll heißer dampfender Suppe. Nicht, um sich selbst ein Mittagessen zu gönnen, sondern um die Gäste zu versorgen. »Man muss mit dem Herzen dabei sein«, erklärt Gerta Nagel - und dass für sie ihr Einsatz in der Gastronomie immer mehr Berufung als bloßer Brotberuf war. Sie sei reingewachsen in die Rolle der Wirtin des heutigen Ringhotels »Zum Goldenen Ochsen« in Stockach. Und sie ist dieser Berufung nie ganz entwachsen, obwohl Sohn Philipp Gassner 1990 als Geschäftsführer einstieg. Seit 55 Jahren ist Gerta Nagel Gastronomin, und die 77 Jahre junge Frau wurde dafür vom Verein »Historische Gasthäuser in Baden« mit einer Urkunde ausgezeichnet. Traditionsgastronomie sei ein Bestandteil der örtlichen Kultur und ein altes Gasthaus ein Kulturdenkmal, erklärte Frank Joachim Ebner von dem Verein bei der Verleihung der Ehrung.

Das Wort »Aufgeben« gibt es in ihrem Wortschatz nicht. 1963 hatte Gerta Nagel die Gastronomie, damals noch mit einer Metzgerei, übernommen und die Gebäude aufwändig umgebaut. In der Nacht vom 30. Dezember 1965 wurde alles bisher Geschaffene ausgelöscht - ein Brand wütete, der über eine halbe Million Mark Sachschaden anrichtete. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden, aber Gerta Nagel stand vor den Trümmern ihrer Existenz. Sie hat die Ärmel hochgekrempelt und neu angefangen. Und viel erlebt - mit den Gästen, die sich im Laufe der Jahre sehr verändert haben. Früher, so die engagierte Gastronomin, war der Zwiebelrostbraten der Renner unter den Gaumenschmeichlern, heute bestellen die Gäste sehr gerne den Burger, der auch auf der Speisekarte steht.

Und auch einige Anekdoten kamen im Laufe der Jahre zusammen: Philipp Gassner erinnert sich an Thomas Gottschalk, den ewigen Sonnyboy unter den Showmastern, der in seinem Hotel abstieg, um auf dem Bodensee das Schifferpatent zu machen. Der Entertainer wollte unerkannt bleiben, speiste stets abgetrennt von den anderen Gästen, doch seine Vorliebe für Zigarren setzte dem Inkognito ein Ende. Denn beim Rauchen wurde er von einer Dame erkannt, die ihn gleich befragen wollte: Er sei nicht so wichtig, erklärte Thomas Gottschalk daraufhin schlagfertig, denn oben in einem anderen Zimmer schlafe Tom Cruise. Sollte ein Witz sein. Doch Wochen später wurde Philipp Gassner von einem Bekannten aus Singen gefragt, ob der Schauspieler tatsächlich in Stockach genächtigt habe.

Es sind auch Geschichten wie diese, die das Berufsleben von Gerta Nagel so reich gemacht haben. Nachdem sie den Betrieb an ihren Sohn übergeben hatte, erzählt sie, kümmerte sie sich noch einige Jahre um die Bar-Theke. Und noch immer ist sie im »Goldenen Ochsen« präsent. Für sie ist die Arbeit für ihre Gäste eine Herzensangelegenheit.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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